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Selbst entscheiden

Mehr direkte Demokratie gewagt

Eine Frau wirft ihren Wahlzettel in die Wahlurne (Bild: dpa).

Über ein bestimmtes Projekt selber abstimmen, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung bringen? Das ist auf Landes- wie auf kommunaler Ebene für die Bürgerschaft in Baden-Württemberg künftig einfacher möglich.

Worum geht es?

Demokratie kann nur gelingen, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger aktiv in das gesellschaftliche und politische Leben auf allen Ebenen einbringen können. Das Land hat die repräsentative parlamentarische Demokratie durch Elemente der direkten Demokratie ergänzt – wobei sie nicht als antiparlamentarisch, sondern als ein weiteres politisches Instrument zu verstehen ist. Sie ist kein reines Veto-Instrument der Bürgerschaft, sondern soll eher wie ein Schiedsrichter zwischen unterschiedlichen Interessen entscheiden. Ferner fördert die Möglichkeit direktdemokratischer Entscheidungen die Bereitschaft aller Beteiligten, im Vorfeld intensivere Dialoge zu führen. Inzwischen wird in Deutschland weniger über das Ob als über das Wie von mehr direkter Demokratie diskutiert. Die Möglichkeiten direkter Demokratie sind in Baden-Württemberg seit 1952 in der Verfassung verankert. Im bundesweiten Vergleich waren die Hürden hier allerdings mit am höchsten. Sie zu senken, wardas erklärte Ziel der Landesregierung.

Konkret wurde geändert:


Reform auf Landesebene

Genauer Details zu der Reform der Volksgesetzgebung finden sich auf der Seite „Volksbegehren und Volksabstimmung“.

  • Volksantrag eingeführt (=Volksinitiative)
    Mit 10.000 Unterschriften kann eine Initiative einen Volksantrag in den Landtag einbringen.
  • Volksbegehren
    Hier hing die Latte sehr hoch. Statt wie bisher ein Sechstel der Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen in Amtsstuben müssen zukünftig nur noch ein Zehntel innerhalb von sechs Monaten bei freier Sammlung ein Volksbegehren unterschreiben. Ist die Initiative erfolgreich, kommt es zur Volksabstimmung.
  • Volksabstimmung
    Das sogenannte Zustimmungsquorum bei Volksabstimmungen zu einfachgesetzlichen Vorlagen wurde von einem Drittel auf ein Fünftel gesenkt. Das Zustimmungsquorum muss erreicht werden, damit eine Volksabstimmung gültig ist: Die Ja-Stimmen müssen dabei nicht nur die Mehrheit bei der Abstimmung ausmachen müssen, sondern auch einem bestimmten Anteil der Wahlberechtigten entsprechen. Der Landesgesetzgeber hat die Hürde bei der Volskabstimmung über Verfassungsänderungen bei 50 Prozent belassen.

Reformen in Städten und Gemeinden
Besonders wichtig sind die Elemente der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene, denn: Vor Ort, im eigenen Umfeld, erfahren die Bürgerinnen und Bürger am unmittelbarsten, dass gesellschaftliches Engagement und Einflussnahme für eine Kommune von Vorteil ist und das Zusammenleben fördert. Bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden wurden die Quoren gesenkt, die Fristen verlängert und der Themenkatalog erweitert. Vor allem Fragen der Bauleitplanung sind für die Bürgerschaft nun zugänglich. Im Landtag fand sich keine Mehrheit,  auf Landkreisebene Verfahren der direkten Demokratie oder die Direktwahl der Landrätinnen und Landräte einzuführen.

Da aber direkte Demokratie den Nachteil hat, dass ihre Formen und Abläufe genau geregelt sind, lässt sie sich nicht so flexibel ausgestalten wie die informellen Beteiligungsverfahren, die gerade auf lokaler Ebene häufig zum Einsatz kommen. Planungszellen, Bürgerräte und Runde Tische lassen sich damit also nicht ersetzen. Im Gegenteil: Sie sind eine weitere sinnvolle Ergänzung im Mix der Beteiligungsverfahren.

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