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Moderierter Dialog

Filder-Dialog zu Stuttgart 21

Diskussion beim Filderdialog.

Ein Dialogverfahren zum Projekt Stuttgart 21, das 2012 und somit sehr spät durchgeführt wurde, hat dennoch Anregungen gebracht und könnte zum Erfolgsmodell in Sachen Bürgermitwirkung werden.

Worum ging es?

Mit dem Filder-Dialog S21 wollten die Projektpartner von Stuttgart 21 Transparenz über ihr Vorhaben vor Ort schaffen und mit den Betroffenen und der Bürgerschaft in einen konstruktiven Dialog treten. Sie nahmen dabei den Planfeststellungsabschnitt 1.3 auf den Fildern unter die Lupe: Die für diesen Abschnitt beantragte Trasse wie auch weitere Trassen und Varianten sollten vorgestellt und diskutiert werden. Dabei ging es auch um die zugrunde liegenden Planungsprämissen und Bewertungskriterien. Zu den Vorgaben des Dialogs gehörte unter anderem, dass der vereinbarte Kostendeckel nicht angehoben, der Terminplan eingehalten und über die sogenannte Null-Variante (die das Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich infrage stellt) nicht mehr diskutiert wurde. Die Teilnehmenden sollten sich zu den verschiedenen Trassenvarianten äußern und Empfehlungen an die Projektpartner abgeben, bevor Mitte 2012 das formale Verfahren mit der Planfeststellung fortgesetzt wurde.

Den Anstoß zum Filder-Dialog hatte im Herbst 2010 die „Schlichtung“ zum Gesamtprojekt Stuttgart 21 gegeben. Dort kündigte die Deutsche Bahn AG an, Planungen künftig anders anzugehen und dabei mehr Bürgermitwirkung und eine bessere Informationspolitik gewährleisten zu wollen. Kurz darauf, im Frühjahr 2011, wechselte in Folge der Regierungsübernahme durch Grün-Rot beim Land als einem der Projektpartner die für Stuttgart 21 zuständige Spitze: Winfried Hermann, der neue Minister für Verkehr und Infrastruktur, plädierte dafür, an der noch nicht abgeschlossenen Planung auf den Fildern die örtliche Bürgerschaft zu beteiligen. So beschlossen die Projektpartner Deutsche Bahn, Land Baden-Württemberg, Region Stuttgart und die Landeshauptstadt im Februar 2012, mit dem Filder-Dialog eine neue Form der Bürgerbeteiligung anzugehen.

Wer war wie beteiligt?

Über das informelle Dialogverfahren sollten einbezogen werden: Insgesamt fast 180 Personen, ausgewählt aufgrund ihres Projekt-, Aktions- und räumlichen Bezugs. Dazu gehörten bis zu 80 per Zufallsauswahl bestimmte Bürgerinnen und Bürger aus den betroffenen Gemeinden, außerdem Beauftragte der Kommunalpolitik, Vertreterinnen und Vertreter von Aktions- und Interessengruppen und der Projektpartner sowie Fachleute, die den Teilnehmerkreis etwa in puncto Planungsrecht, Bahntechnik, Umwelt und Regionalentwicklung auf einen einheitlichen Wissensstand brachten. Moderiert wurde der Filder-Dialog von Ludwig Weitz, einem auf Großgruppenmoderation spezialisierten Experten aus Bonn. Denn die Vorgabe lautete, Planung und Durchführung des Dialogs von einer erfahrenen externen Fachkraft übernehmen zu lassen – mit hoher Sachkenntnis bezüglich des Verfahrens und großem Abstand zu den verhandelten Inhalten. Die Vorbereitung des Dialogs und die Auswahl der Teilnehmenden übernahm eine 17-köpfige Gruppe, zu der auch der Moderator zählte und die zu je etwa einem Drittel besetzt war mit Vertreterinnen und Vertretern der Projektpartner von Stuttgart 21, organisierten Aktionsgruppen pro wie contra Stuttgart 21 sowie kommunalen Interessensvertretungen. Der Filder-Dialog fand im Juni und Juli 2012 statt und umfasste drei Dialogveranstaltungen von jeweils sechs bis sieben Stunden Dauer.

Mit welchem Ergebnis?

Der Filder-Dialog endete mit einer Ergebnis- und Empfehlungsfeststellung durch den Moderator und einer Stellungnahme der S21-Projektpartner. Sie hatten im Vorfeld zugesagt, die Ergebnisse zu bewerten, ihre Machbarkeit ernsthaft zu prüfen und gemeinsam zu entscheiden, welche Empfehlungen man bei der weiteren Planung berücksichtigen wolle. Allerdings verwarfen sie die von einer deutlichen Mehrheit der Teilnehmenden des Dialogs bevorzugte Gäubahnvariante, wollten aber andere Vorschläge aufgreifen. Die Antwort der Projektpartner auf die Empfehlungen wurde den Beteiligten am 13. Juli 2012 bei einer dreistündigen Veranstaltung zum Abschluss des Dialogs vorgetragen.

Fazit der Landesregierung: Das Verfahren kann als modellhaft auch für andere Projekte gelten. Zwar war der Zeitplan sehr eng und auch die Rahmenbedingungen waren sehr widrig, da das Verfahren sich im Wesentlichen nur noch auf Fragen der Umsetzung beschränken konnte. In einem früheren Planungs- und Entscheidungsstadium hätten sicher mehr Empfehlungen berücksichtigt werden können. Dennoch kann der Filder-Dialog auch inhaltlich als Erfolg betrachtet werden. Er hat über die Empfehlungen hinaus neue Impulse für die verkehrliche Entwicklung gegeben und den Blick auf den Erhalt und die zukünftige Nutzung der Gäubahn gelenkt.

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