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Jagd- und Wildtiermanagementgesetz

Stellungnahme zu den eingegangenen Kommentaren

Die Landesregierung gab am 1. April 2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes (E-JWMG) zur Anhörung und Beteiligung außerhalb der Landesverwaltung frei. Bis 15. Mai 2014 wurde der Gesetzentwurf auf dem Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg zur Diskussion gestellt. Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten den Gesetzentwurf dort kommentieren und sich auf diese Weise mit Anregungen in das Gesetzgebungsverfahren einbringen.

Von dieser Möglichkeit machten die Bürgerinnen und Bürger regen Gebrauch. Im Anhörungszeitraum sind über 2.100 Kommentare eingegangen. Die Zahl der Beiträge belegt die große Bedeutung, die dem Gesetzesvorhaben von den davon betroffenen Personen und daran interessierten Kreisen zugemessen wird.

Die Kommentare wurden vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz geprüft und bei der Überarbeitung des Gesetzesentwurfs abwägend berücksichtigt. Neben der offenen Diskussion auf dem Beteiligungsportal des Landes wurde eine Verbändeanhörung durchgeführt. Im Hinblick auf den für die Überarbeitung des Gesetzentwurfs wesentlichen Inhalt entsprechen die Anregungen aus dem Beteiligungsportal weitgehend dem, was die Verbände in ihren Stellungnahmen vorgebracht haben.

Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Anzahl und den Inhalt der im Beteiligungsportal eingestellten Kommentare.

Kurzübersicht

Insgesamt gingen 2.156 Kommentare ein. Davon betreffen über 1.200 Kommentare die Kategorie „Gesetzentwurf allgemein“ und dabei in erster Linie das Für und Wider des Novellierungsvorhabens. Rund 900 weitere Kommentare verteilen sich ungleichmäßig auf die einzelnen Abschnitte des Gesetzentwurfs. Hiervon betreffen die meisten Kommentare Abschnitt 1 (Allgemeine Bestimmungen), Abschnitt 5 (Jagdausübung), Abschnitt 6 (mit den Themen Jagdruhe und Haustierabschuss) und Abschnitt 7 (Wildschaden). Die Bürgerinnen und Bürger äußerten sich in den Kommentaren regelmäßig zu mehreren Themen, wobei die angesprochenen Themen häufig anderen Abschnitten des Gesetzentwurfs zuzuordnen sind. Viele Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich zudem mehrfach. Aus dem Inhalt der Kommentare wird deutlich, dass die weit überwiegende Beteiligung von Seiten der Jägerschaft erfolgte.

Die Diskussion des Gesetzentwurfs erfolgte vornehmlich in Form einer sachlichen Auseinandersetzung, in der verschiedene Meinungen vorgetragen und ausgetauscht wurden. Weit überwiegend nutzten die Bürgerinnen und Bürger das Beteiligungsportal, um allgemein ihre fachliche und persönliche Haltung zu den vorgeschlagenen Regelungen auszudrücken. Vereinzelt wurden eigene Formulierungsvorschläge unterbreitet. Das Beteiligungsportal wurde auch als Forum für kontroverse Diskussionen und die direkte Auseinandersetzung der Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Interessengruppen genutzt. Der externe Dienstleister griff dabei hin und wieder mit moderierenden Maßnahmen ein, um eine faire und sachliche Debatte für den weiteren Verlauf zu gewährleisten. Rund 1 % der Kommentare wurde von der Moderation gelöscht, weil sie gegen die Regeln des Beteiligungsportals verstießen. Darüber hinaus löschten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ihre Kommentare während des Beteiligungsprozesses selbst.

Zu den Kommentierungen auf dem Beteiligungsportal im Einzelnen:

1. Rückmeldungen zum Gesetzentwurf allgemein

Die Diskussion zum Gesetzesvorhaben im Allgemeinen, zur Landespolitik und zur persönlichen Einstellung gegenüber dem geplanten Novellierungsvorhaben nahm einen sehr breiten Raum ein. Zu Beginn der Beteiligung nutzten Bürgerinnen und Bürger das Portal vornehmlich, um Stellungnahmen zum Gesetzentwurf abzugeben. Viele Kommentare wurden dabei offenbar von Personen abgegeben, die selbst die Jagd ausüben. Im weiteren Verlauf nahm die Diskussion über das Für und Wider der Jagd zu und es entwickelte sich eine kontroverse Debatte hierüber. Neben Jägerinnen und Jägern waren erkennbar auch kritisch gegenüber der Jagd eingestellte Personen daran beteiligt. Die sachliche Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwurf trat dabei bisweilen in den Hintergrund.

Soweit Regelungen des Gesetzentwurfs angesprochen wurden, legten die Bürgerinnen und Bürger bei der Kommentierung den Schwerpunkt auf dieselben Themen, die bereits im Vorfeld in der Öffentlichkeit diskutiert und von Seiten der Jägerschaft als besonders bedeutsam benannt wurden. Es handelt sich dabei insbesondere um die Regelungsvor-schläge zur Fallenjagd, zur Baujagd, zum Schrotschuss auf Federwild, zur Fütterung (siehe auch Abschnitt 5), zur Jagdruhezeit, zum Haustierabschuss und zum Verhältnis des Jagdrechts zum Naturschutzrecht. Soweit fachliche Argumente vorgebracht wurden, entsprechen diese in der Regel dem Vortrag der Verbände im Beteiligungsverfahren oder in den Stellungnahmen zum Anhörungsverfahren.

Viele Bürgerinnen und Bürger nutzten das Beteiligungsportal, um mit einem Kommentar die persönliche Haltung gegenüber dem Gesetzesvorhaben auszudrücken. In zahlreichen Kommentaren kommt eine Ablehnung zum Ausdruck (Gesetzentwurf ist „ideologisch“, „praxisfremd“, „untauglich“, „bürokratisch“, „bevormundend“ u.a.). Befürwortende Äußerungen (Zustimmung, „richtige Richtung“) treten dahinter etwas zurück. Einige Kommentare sehen die Belange des Tierschutzes noch nicht ausreichend berücksichtigt. Aus den persönlichen Bewertungen lässt sich auf die unterschiedliche Motivation der Bürgerinnen und Bürger für die Beteiligung schließen. Dazu zählt insbesondere, eine ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetzesvorhaben oder der Politik der Landesregierung zu demonstrieren, die Bedeutung oder Rechtfertigung der Jagd aufzuzeigen sowie Argumente gegen die Jagd vorzutragen.

2. Rückmeldungen zu Abschnitt 1 (Allgemeine Bestimmungen)

Schwerpunktmäßig enthielten die Kommentare zum ersten Abschnitt folgende Kritik: Die Novellierung sei angesichts eines bewährten Jagdrechts überflüssig und die vorgeschla-gene Reform bürokratisch. Die Regelungen des Gesetzentwurfs führten zu einer Bevor-mundung der Jägerschaft durch den Naturschutz, Tierschutzbelange würden überbetont. Daneben äußerten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ablehnend zu den Regelungsvorschlägen zum Fütterungsverbot, zur Jagdruhezeit und zum Wildtiermanagement.

Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Jagdruhezeit wurde im Beteiligungsportal häufig die Forderung formuliert, dass auch das Verhalten der Personen, die Wald und Landschaft zu Erholungszwecken betreten, zum Schutz vor Störungen des Wildes zu berücksichtigen sei. Bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs wurden diese Forderun-gen aufgegriffen und Regelungen für ein Wegegebot und einen Leinenzwang vorgeschlagen. Die bisweilen geäußerte Sorge, dass sich für den Kormoran aufgrund des Gesetzes ein höherer Schutz als bisher ergäbe, beruht offenbar auf einem Missverständnis der Regelungen. Anregungen, in deren Sinne der Gesetzentwurf überarbeitet wurde, betreffen den Umgang mit Wildtieren im Siedlungsraum (§ 13 E-JWMG), die Jagdhundeausbildung (§ 41 Absatz 2 E-JWMG), das Erlösen kranker oder verletzter Tiere (§ 38 Absatz 1 E-JWMG) und die Beteiligung der obersten Naturschutzbehörde (§ 7 Absatz 9 E-JWMG).

3. Rückmeldungen zu Abschnitt 5 (Besondere Rechte und Pflichten bei der Jagdausübung)

Zum fünften Abschnitt wurden schwerpunktmäßig die Regelungsvorschläge zu folgenden Themen teilweise sehr kontrovers und häufig ablehnend diskutiert:

  • gesundheitsgefährdende Munition bei der Jagd auf Schalenwild (z.B. Bleimunition)
  • Baujagd am Naturbau
  • Fütterung von Schalenwild
  • Totfangfallen
  • Abschuss von Haustieren (zu Abschnitt 6)
  • Abschuss von Kormoranen

Angesichts häufig gegenläufiger Auffassungen, die schon in den fachlichen Stellungnahmen der Verbände zum Ausdruck kamen, konnte bei der Überarbeitung nicht allen Anregungen entsprochen werden. Der Gesetzentwurf sieht bei zahlreichen Themen vermittelnde Regelungen vor. Die Regelungen zum Fütterungsverbot wurden überarbeitet und anstelle der Genehmigungspflicht ein Anzeigeerfordernis vorgesehen. Als Anregungen zur Weiterentwicklung bislang geltenden Rechts übernommen wurden im überarbeiteten Gesetzentwurf der Vorschlag zur Erweiterung der bei der Wildfolge zulässigen Jagdwaffen sowie die Aufhebung des Kirrverbots vor dem 1. September.

4. Rückmeldungen zu Abschnitt 6 (Sicherung der Nachhaltigkeit, Wildtierschutz)

Zum sechsten Abschnitt wurde schwerpunktmäßig der Regelungsvorschlag zur Einfüh-rung einer zweimonatigen Jagdruhezeit diskutiert. Im Hinblick auf die Schwarzwildbeja-gung wurde er häufig kritisiert, teilweise jedoch auch befürwortet. Oft wurde die Kritik mit der Forderung verbunden, dass der Gesetzgeber die durch andere Waldnutzer, insbesondere Freizeitnutzer, verursachten Störungen der Wildtiere stärker berücksichtigen müsse. Ein weiterer Schwerpunkt lag bei den Regelungsvorschlägen zum Haustierabschuss, die häufig abgelehnt wurden. Von einem Teil der Bürgerinnen und Bürger wurde die Beschränkung des Abschusses dagegen befürwortet oder als nicht weit genug gehend angesehen. Diskussionsgegenstand waren daneben das Für und Wider der Fuchsjagd sowie der Regelungsvorschlag zum Beitrag der Jägerschaft zum Wildtiermonitoring.

Bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs wurde die Anregung übernommen, wonach die Jagd auf Schwarzwild während der Jagdruhezeit auch im Waldrandbereich zulässig sein soll. Einem Vorschlag auf Verschiebung der Jagdruhezeit auf März und April wurde entsprochen, ebenso dem Vorschlag, dass während der Jagdruhezeit die Kirrung unterbleiben muss. Der Gesetzentwurf schlägt nun zudem vor, dass die untere Jagdbehörde in Notzeiten ein Wegegebot und einen Leinenzwang anordnen kann, um Beunruhigungen der Wildtiere zu verhindern, die durch die Freizeitnutzung entstehen können.

5. Rückmeldungen zu Abschnitt 7 (Wild- und Jagdschaden)

Zum siebten Abschnitt wurde in den Kommentaren häufig die Auffassung vertreten, dass die Belastungen der Jägerschaft unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen ein zu hohes Maß erreichen würden. Ebenso häufig wurde eine Wildschadensausgleichskasse gefordert. Der Regelungsvorschlag zur reduzierten Ersatzpflicht bei Maiskulturen wurde ebenso häufig abgelehnt wie er als zu wenig weitgehend erachtet wurde. Weitere Schwerpunkte betrafen die Ersatzpflicht hinsichtlich der Streuobstwiesen, die Forderung nach Ausschluss der Ersatzpflicht während der Jagdruhezeit sowie die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung der Naturschutzverbände am Schadenersatz. Aus den Kommentaren kann gefolgert werden, dass teilweise bereits die bisher geltenden Regelungen zum Wildschadensrecht als ungerecht und unangemessen empfunden werden; dementsprechend wird teilweise auch die Forderung nach Abschaffung des Wildschadensersatzes und nach stärkerer Beteiligung der Landnutzer erhoben.

Bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs wurden Anregungen aus den Stellungnahmen der Verbände aufgegriffen und die Regelungen zur Ersatzpflicht bei Wildschäden an Maiskulturen und an Streuobstwiesen verändert. Dabei wurden auch Aspekte berücksichtigt, die im Beteiligungsportal diskutiert wurden. Entsprechend einiger Anregungen aus dem Beteiligungsportal wurde vorgeschlagen, auf die Ersatzpflicht von durch Fasanen verursachtem Wildschaden zu verzichten.

6. Rückmeldungen zu den übrigen Abschnitten des Gesetzentwurfs

Die vorgeschlagene Möglichkeit für juristische Personen, die Befriedung ihrer Grundflächen aus ethischen Gründen zu beantragen, wurde häufig abgelehnt (Abschnitt 2, zu § 14 E-JWMG). Positiv wahrgenommen wurde das Anliegen des Gesetzentwurfs, bei angrenzenden Jagdbezirken mit Einverständnis der Beteiligten eine bessere Reviergestaltung zu ermöglichen (Abschnitt 2, § 10 Absatz 4 E-JWMG).

Aus dem dritten Abschnitt des Gesetzentwurfs wurde die Verkürzung der Mindestpachtdauer auf sechs Jahre wiederholt abgelehnt (§ 17 Absatz 4 E-JWMG); die Pachtfähigkeit der Jagdgenossenschaften wurde begrüßt (§ 17 Absatz 2, 5 E-JWMG).

Zum vierten Abschnitt wurde in Kommentaren darauf hingewiesen, dass die Jägerprüfung wichtige Aspekte des Natur- und Tierschutzes abdecke und die Jägerinnen und Jäger ihr Wissen und Können in einer Prüfung nachweisen müssten. Da die Jagdabgabe ausschließlich bei der Jägerschaft erhoben werde, sollten die Jägerinnen und Jäger bei der Entscheidung über die Mittelverwendung auch ein starkes Mitspracherecht haben.

Aus dem achten Abschnitt des Gesetzentwurfs wurde die Einführung von Wildtierbeauftragten, die als „Wildtiermanager“ bezeichnet wurden, vielfach abgelehnt. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Verwaltung, zu Beiräten und die übernommene Regelung zur staatlichen Eigenjagd wurden als zu bürokratisch bewertet. Die Beibehaltung des Kreisjagdamts als Kollegialorgan wurde gefordert.

Mit der Überarbeitung des Gesetzentwurfs wurde den Anregungen teilweise Rechnung getragen. An der Mindestpachtdauer bei Verlängerungen der Pachtverträge wurde zum Beispiel nicht festgehalten, sondern die Vertragsdauer den Parteien überlassen. Auf Hinweise aus den Kommentaren wurde die Terminologie in § 71 E-JWMG (Unberührtheitsklausel) angepasst.

Fazit

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz begrüßt die rege Beteiligung im Beteiligungsportal. Anregungen aus der Bevölkerung sind auf diese Weise in den Gesetzentwurf für das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz eingeflossen. Neben der Verbändeanhörung und dem vorangegangenen Beteiligungsverfahren hat somit auch die Mitwirkungsmöglichkeit für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger über das Beteiligungsportal zur Ausgestaltung des Gesetzentwurfs beigetragen.

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