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Bürgerbeteiligung

Filder-Dialog war ein gelungenes Beteiligungsverfahren

Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung (Bild: © dpa)

Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, betont im Interview, dass der Filder-Dialog „inhaltlich und konzeptionell gelungenes Beteiligungsverfahren“ gewesen sei.

Wie bewerten Sie im Nachhinein den Filder-Dialog S21? War dies ein gelungenes Bürgerbeteiligungsverfahren?

Gisela Erler: Ich halte es für ein inhaltlich und konzeptionell gelungenes Beteiligungsverfahren – vor allem angesichts der engen Rahmenbedingungen. Die Alternative wäre gewesen, nichts zu machen und die Deutsche Bahn mit der Antragstrasse in das Planfeststellungsverfahren gehen zu lassen. Mit den Empfehlungen und den zugesagten Prüfungen besteht die Möglichkeit, zu einer besseren Lösung am Flughafen zu kommen. Wer hätte dies anfänglich gedacht?

Aber die Mehrheit der am Filder-Dialog beteiligten Teilnehmenden hat sich für die Variante ausgesprochen, die die Gäubahn auch zukünftig über die jetzige Strecke in den neuen Tiefbahnhof führen würde. Die Projektpartner wollen stattdessen nur eine veränderte Antragsvariante prüfen. Wie kann da der Dialog inhaltlich ein Erfolg sein?

Erler: Über die verschiedenen Trassenvarianten hinweg wurde deutlich, dass die Teilnehmenden eine veränderte Lage des Filderbahnhofs bevorzugen. Auch in der Gruppe, die sich für die Gäubahnvariante ausgesprochen hat, sahen viele dies so. Es ist ein Erfolg des Filder-Dialogs, dass diese Modifikation nun vertieft geprüft wird. Dass die Projektpartner prüfen werden, wie die Gäubahn zum Nutzen des Regional- und Nahverkehrs genutzt werden kann, halte ich ebenfalls für gelungen. Der grüne Teil der Landesregierung hätte hier allerdings mehr erwartet, konnte sich aber nicht durchsetzen. Trotzdem kommt nun aber Bewegung in die Frage, wie man mit dem Schlichterspruch von Heiner Geißler umgeht. Bisher hat sich hier jeder darum gedrückt. Ich bin der Überzeugung, dass diese Prüfaufträge ohne den Dialog nicht gekommen wären.

Zugleich muss ich ganz deutlich sagen, dass informelle Bürgerbeteiligungsverfahren, also nicht Volksabstimmungen und auch nicht Verfahren im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, immer nur Empfehlungen darstellen. Das war auch hier der Fall und dies haben die Projektpartner von Anfang an deutlich gemacht.

Was hätte besser laufen können?

Erler: Mehr Zeit zur Vorbereitung wäre notwendig gewesen. Der Moderator und die Spurgruppe mussten unter einem hohen Druck arbeiten. Dass zum ersten Termin – dem Freitag vor Pfingsten – kaum Zusagen kamen, war diesem enormen Termindruck geschuldet. Zugleich war es schwer abschätzbar, wie viele Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürger man anschreiben muss. Ansonsten war die Organisation anstrengend, aber sie ist unter den schwierigen Umständen gut gelungen. Und die Dialogrunden an sich liefen ja gut ab. Entgegen aller Schelte über das gewählte Verfahren, haben wir von Beteiligungsexperten positive Rückmeldungen erhalten. Konzeptionell wurde hier gut gearbeitet.

Es gibt Stimmen, die das Konzept für gescheitert erklären. Diese sagen: Ein Faktencheck wäre besser gewesen – so ähnlich wie bei der Schlichtung.

Erler: Die Projektpartner waren bestrebt alle notwendigen Informationen verständlich zusammen zustellen. Nur die Experten wollten detaillierte Informationen, die sie im Planfeststellungsverfahren in der Regel auch erhalten.

Die Schlichtung selbst sehe ich kritisch. Sie hat nur dazu geführt, dass sich die Positionen verhärtet haben und methodisch war sie sehr problematisch. Es war anfangs nicht einmal klar, ob es einen Schlichterspruch geben würde. Am Ende wurde er den Teilnehmenden ohne Rückkopplung mit ihren Gruppen und ohne Verhandlungsmöglichkeit vorgesetzt. Deshalb kann sich kaum jemand in diesem Spruch wiederfinden bzw. beruft sich nur auf die Punkte, die einem ins politische Kalkül passen.

Inhaltlich hätte ein solch konfliktorientiertes Verfahren auf den Fildern wahrscheinlich weniger Bewegung bei den Projektpartnern erzeugt und nicht zu diesen Ergebnissen geführt.

Ist der Filder-Dialog also doch Vorbild für künftige Beteiligungsprojekte?

Erler: Vom Konzept her sicherlich. Solche diskursiven Verfahren sind ja nicht neu. Sie sollten eben viel früher eingesetzt werden. Die Politik muss sich nur daran gewöhnen, die Beteiligten in einem solchen Verfahren dann auch arbeiten zu lassen. Diese politischen Störfeuer von allen Seiten empfand ich als kontraproduktiv. Für viele Kommunalpolitiker war es nicht vorstellbar, dass vor Beginn des Verfahrens ich ihnen keine Aussagen machen konnte, wie das Ergebnis des Filder-Dialogs aussehen würde. Mit dieser Offenheit bei Bürgerbeteiligungsverfahren muss man rechnen und sie akzeptieren.

Das Verfahren hat zugleich gezeigt, dass die Zufallsbürger durchaus in der Lage sind, einen Beitrag zu leisten. Viele Experten und Vertreter der Projektpartner haben diesen positiven Eindruck mitgenommen. Ich glaube deshalb, dass der Filder-Dialog ein Lehrstück war, von dem wir viel lernen konnten. Und wenn er im Endeffekt zu positiven Veränderungen im Planfeststellungsabschnitt auf den Fildern beiträgt, war er doppelt erfolgreich.

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