Das Land hat grünes Licht für die Anhörung zur Einführung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg gegeben. Die Pflegekammer soll eine starke Stimme für die Pflege werden.
Der Ministerrat hat am Dienstag, 20. Dezember 2022, grünes Licht für die Anhörung der Verbände zum geplanten Pflegekammergesetz gegeben. Mit diesem Beschluss im Gesetzesverfahren rückt die Gründung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg einen wichtigen Schritt näher. Mit der geplanten Gründung einer berufsständischen Vertretung aller rund 110.000 Pflegefachkräfte im Land sollen die Pflegekräfte mehr Selbstverantwortung bekommen und sich mit einer starken Stimme für die Interessen ihrer Mitglieder im Gesundheitswesen einsetzen. Eine demokratisch von allen Pflegefachkräften gewählte Vertreterversammlung soll künftig – auf Augenhöhe mit den anderen Heilberufen – gegenüber dem Gesetzgeber und gegenüber den Entscheidern im Gesundheitswesen mit Gewicht ihre Positionen vertreten können.
„Es wird höchste Zeit, dass die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen endlich über ihren eigenen Berufsstand mitentscheiden kann und in den Beschlussgremien mit am Tisch sitzt – und nicht mehr nur Empfängerin von Regeln ist, die andere machen. Ich bin sicher: Die Pflegekammer macht den Unterschied“, sagte Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha nach der Entscheidung des Kabinetts zum Start der Anhörung des Gesetzentwurfs in Stuttgart.
Eine Pflegekammer ist eine berufsständische Vertretung aller Pflegefachkräfte im Land. Sie hat die Aufgabe, ihren Berufsstand selbst zu organisieren. Das bedeutet zum Beispiel konkret, dass sie über eine eigene Berufs- und Weiterbildungsordnung die Qualität im Pflegewesen regelt. Die Pflegekammer als sechste Heilberufe-Kammer soll für ihren Bereich weitestgehend die gleichen Kompetenzen und Aufgaben wie die bereits bestehenden fünf Heilberufe-Kammern (zum Beispiel Landesärztekammer) besitzen.
Die Pflichtmitgliedschaft soll bei Vorliegen von drei Voraussetzungen bestehen: Berufsbezeichnung einer Pflegefachkraft (durchgängig dreijährige Fachausbildung), Ausübung des Berufs (also zum Beispiel keine Rentnerinnen und Rentner) und Ausübung des Berufs in Baden-Württemberg. Eine freiwillige Mitgliedschaft ist auch möglich, zum Beispiel für Auszubildende und Pflegehelferinnen und Pflegehelfer.
Es wird von einem durchschnittlichen monatlichen Beitrag zwischen fünf bis neun Euro ausgegangen. Die Mitgliedsbeiträge sollen nach Gehalt – bis zur Beitragsfreistellung – gestaffelt sein. Als unabhängiges Selbstverwaltungsorgan muss sich die Pflegekammer, so wie die bereits bestehenden Heilberufe-Kammern, selbst finanzieren.
Wenn der Gesetzentwurf nächstes Frühjahr vom Landtag verabschiedet werden sollte, wird zunächst ein Gründungsausschuss seine Arbeit aufnehmen. Dieser ist ein die Pflegekammer vorbereitendes Gremium, das aus zwölf bis 15 vom Sozialministerium ernannten Mitgliedern bestehen soll. Eine wichtige Aufgabe des Gründungsausschusses ist die Registrierung der Pflichtmitglieder und die Vorbereitung der ersten Kammerwahl. Um eine hohe Legitimität der zukünftigen Entscheidungen einer Landespflegekammer Baden-Württemberg zu begründen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass mindestens 60 Prozent aller potenziellen Pflichtmitglieder sich registrieren lassen, damit die erste Kammerwahl überhaupt durchgeführt werden darf.
Mit dem erstmaligen Zusammentreten der Vertreterversammlung wird die Pflegekammer gegründet. Der auf dem vorliegenden Gesetzentwurf basierende Zeitplan sieht dies Stand jetzt für den Dezember 2024 vor.
Landespflegekammer Baden-Württemberg
Die Landespflegekammer Baden-Württemberg wäre nach Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die dritte existierende Pflegekammer in Deutschland. Das Vorhaben der Errichtung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg geht zurück auf die Enquetekommission Pflege des Landtags Baden-Württemberg, die der Landesregierung 2016 bei entsprechend Zustimmung unter den Pflegekräften die Errichtung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg empfahl. Bei der Befragung im Jahre 2018 von insgesamt 2.699 Personen in 228 Einrichtungen sprachen sich 68 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte und Auszubildenden für die Errichtung einer Pflegekammer aus.
Eine entsprechende Gesetzesinitiative wurde im Winter 2019/2020 auf den Weg gebracht. Auf Grund der Corona-Pandemie wurde der Gesetzgebungs- und Gründungsprozess im Herbst 2020 jedoch ruhend gestellt. Nunmehr wird dieser Gesetzgebungsprozess wieder aufgenommen.
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