Artenschutz

Dritter Luchs in Baden-Württemberg ausgewildert

Im Nordschwarzwald wird ein dritter Luchs ausgewildert. Damit erhält das Projekt der Bestandesstützung neuen Schub und es erhöht sich die Chance auf Nachwuchs.

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Luchs Verena

„Mit der Auswilderung des Luchskuders namens ‚Reinhold‘ setzen wir die Bestandesstützung des Luchses in Baden-Württemberg fort. Es freut mich sehr, dass es uns in diesem Jahr doch noch gelungen ist, ein weiteres Tier auszuwildern. ‚Reinhold‘ folgt auf das eineinhalbjährige Luchsweibchen namens ‚Verena‘, die vor knapp einem Monat im Nordschwarzwald aus der Transportbox entlassen wurde und seitdem ihren neuen Lebensraum entdeckt. Sie hat bereits Rehe erfolgreich gejagt und gerissen. Ursprünglich sollten beide Tiere gleichzeitig ausgewildert werden, was aber misslang, da sich der Kuder im Koordinationsgehege in Thüringen erst jetzt einfangen ließ. Mit Blick auf die Ranzzeit, der Paarungszeit bei Luchsen, die zwischen Februar und April stattfindet, sind wir aber immer noch rechtzeitig dran. Wandernde Tiere im Streifgebiet erhöhen zudem die Chancen für den ersten Luchsnachwuchs in freier Wildbahn, was mich sehr freut“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am 19. Dezember 2024 anlässlich der Auswilderung im Nordschwarzwald.

Der Luchskuder Reinhold, der im Mai 2023 im Wildkatzendorf Hütscheroda in Thüringen geboren wurde, ist ein Bruder der Luchskatze Finja. Mit ihr starte das Projekt der Bestandesstützung im Dezember 2023. Leider verstarb sie im Juli dieses Jahres an der Viruserkrankung Staupe. Da Finja nicht mehr lebt, stellt die Auswilderung des Bruders kein Inzuchtrisiko dar.

„Das vierjährige Projekt ‚Luchs Baden-Württemberg‘ hat zum Ziel, mittels Bestandsstützung eine Wiederbesiedlung Baden-Württembergs durch Luchse zu ermöglichen und somit den genetischen Austausch mit benachbarten Luchsbeständen im Schweizer Jura, den Vogesen oder dem Pfälzer Wald zu ermöglichen“, betonte Minister Hauk. Das Projekt leiste zudem einen Beitrag zum internationalen Biodiversitätserhalt und den Biodiversitätszielen der Bundesregierung und der Europäischen Union (EU).

Luchskuder auf Wanderschaft

In den Nordschwarzwald waren bisher keine Weibchen und nur sehr selten wanderten männliche Luchse aus der Schweiz zu. Aktuell lebt dort noch der Luchskuder „Toni“, der 2019 aus dem Schweizer Jura zugewandert ist. Ein weiterer territorialer Luchs „Wilhelm“ lebt in Südschwarzwald.

Schwarzwald als Luchs-Lebensraum geeignet

Die großen zusammenhängenden Waldflächen im Schwarzwald und der Wildreichtum bieten dem Luchs ideale Lebensbedingungen. In ihrer neuen Heimat soll die junge Luchskatze „Verena“ gemeinsam mit dem ansässigen Luchskuder Toni und weiteren nachfolgenden Tieren wie Reinhold einen Grundstein für ein gesundes Luchsvorkommen in Baden-Württemberg bilden.

Vorbereitung in naturnahen Wildgehegen

Seit September lebte „Reinhold“ in einem eigens für die Auswilderung von Luchsen errichteten Gehege in Thüringen. Hier wurde er auf ein Leben in der Natur vorbereitet und sein Verhalten beobachtet. Denn nur Luchse, die Scheu vor Menschen und Hunden zeigen, sind für die Auswilderung geeignet. Luchse müssen das Jagen nicht erlernen und können in der Natur auf ihre angeborenen Instinkte zurückgreifen.

Aktuell baut der Zoo Karlsruhe mit Unterstützung des World Wide Fund For Nature (WWF), der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe und des Landes ein eigenes Auswilderungsgehege außerhalb des Zoogeländes, das künftig Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und ganz Europa unterstützen soll.

Luchs-Auswilderungen sinnvoll

Seit 2004 sind insgesamt 18 männliche Luchse, vor allem aus der Schweiz, nach Baden-Württemberg eingewandert. Nur ein Weibchen war sehr kurzfristig zu Gast im Land. Viele Luchse besuchten Baden-Württemberg allerdings nur vorübergehend, da keine Geschlechtspartner vorhanden waren. Luchse sind Einzelgänger und besetzen sehr große Gebiete (Territorien). Weibliche Tiere sind auf der Suche nach neuem Lebensraum aber deutlich zurückhaltender, weswegen die nahe Luchspopulation im Schweizer Jura den Sprung in den eigentlich bestens geeigneten Schwarzwald nicht schafft. Momentan leben, bis auf „Verena“, nachweislich noch zwei territoriale Männchen in Baden-Württemberg. Eine Begegnung des Menschen mit den Luchsen im Schwarzwald ist äußerst unwahrscheinlich. Die Tiere leben heimlich. Sie sind nacht- und dämmerungsaktiv. Ihre Hauptbeute sind Rehe. Die Entwicklung der zukünftigen Luchspopulation wird daher weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit stattfinden.

Für die Unterstützung des Luchsbestands und die notwendige Akzeptanz in Baden-Württemberg arbeiten unter anderem die Landesregierung, wissenschaftliche Einrichtungen wie die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), der WWF Deutschland, der Zoo Karlsruhe, der Landesjagdverband und die Luchsinitiative Baden-Württemberg eng zusammen. Das Projekt wird von der Arbeitsgruppe (AG) Luchs und Wolf Baden-Württemberg begleitet.

Weitere Stimmen zur Auswilderung

Projekt „Luchs Baden-Württemberg“

Das Projekt „Luchs Baden-Württemberg – Bestandsstützung der Luchsvorkommen in Baden-Württemberg und den angrenzenden Regionen“ ist ein Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Landesjagdverband Baden-Württemberg, dem WWF Deutschland und dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe. Das Projekt wird zudem durch die HIT-Umwelt- und Naturschutzstiftung und die Luchsinitiative Baden-Württemberg e.V. unterstützt. Auftraggeber ist das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.

Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm für Karpatenluchse wird durch die European Association of Zoos and Aquariums (EAZA) koordiniert. Das Projekt wird vom Netzwerk Linking Lynx begleitet, das sich mit der Erhaltung, dem Monitoring und dem Management des Karpatenluchses beschäftigt. Langfristiges Ziel ist es, eine lebensfähige Metapopulation des Karpatenluchses in Europa zu schaffen, welche sich von den Karpaten bis hin zum Jura, den Westalpen und dem Dinarischen Gebirge erstreckt.