Online-Kommentierung
Mit der Änderung wird das Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg an EU- und bundesrechtliche Vorgaben hinsichtlich Open Data angepasst.
Weitere Informationen aus dem Vorblatt des Gesetzentwurfs
Das Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg (VermG) vom 1. Juli 2004, verkündet als Artikel 67 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes (Gesetzblatt Seite 469), trat am 1. Januar 2005 in Kraft. Im November 2010 erfolgte eine umfassende Änderung des VermG und im Dezember 2022 wurde ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart nachgezogen.
Mit der jetzigen Änderung des VermG erfolgen Anpassungen an europäische und bundesrechtliche Vorgaben hinsichtlich Open Data. Des Weiteren werden bereits bestehende Regelungen weiterentwickelt und für ihre Zukunftsfähigkeit ertüchtigt. Es erfolgen Maßnahmen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der unteren Vermessungsbehörden und zur Stärkung der Fachaufsicht sowie zum Bürokratieabbau, so dass das VermG digitalfähig und optimiert für die Anforderungen in der Zukunft ist.
Im Übrigen werden redaktionelle Änderungen nur an den Stellen vorgenommen, die auch geändert wurden, so dass der neu entstehende Gesetzestext den Regeln der Rechtschreibung und Grammatik sowie der Zeichensetzung entspricht. Auf die Verwendung männlicher und weiblicher Personenbezeichnungen wird innerhalb des Gesetzes zugunsten der Lesbarkeit und Einheitlichkeit gegenüber dem unveränderten Regelungsinhalt verzichtet.
Mit dem Datennutzungsgesetz (DNG, Drucksache 19/27442) des Bundes wird die Europäische Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt; das DNG ersetzt dabei das bisher geltende Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG). Die Durchführungsverordnung (EU) 2023/138 der Europäischen Kommission vom 21. Dezember 2022 zur Festlegung bestimmter hochwertiger Datensätze und der Modalitäten ihrer Veröffentlichung und Weiterverwendung (DVO-HVD) konkretisiert die Bereitstellung der sogenannten High Value Datasets (HVD). Die Geobasisinformationen der Vermessungsverwaltungen der Länder sind von der DVO-HVD betroffen. Dadurch wird ein großer Teil der Geobasisinformationen auch in Baden-Württemberg ab dem 9. Juni 2024 entgeltfrei gestellt.
Für die Umsetzung der europäischen und bundesrechtlichen Vorgaben hinsichtlich Open Data ist das VermG anzupassen und ein großer Teil der Geobasisinformationen durch die Vermessungsverwaltung entgeltfrei, maschinenlesbar, über Anwendungsprogrammierschnittstellen und gegebenenfalls als Massen-Download bereitzustellen.
Darüber hinaus werden noch folgende maßgeblichen Ziele verfolgt:
- Die Erfordernisse der digitalen Transformation bei der Erledigung der Vermessungsaufgaben sind zu berücksichtigen.
- Um die Leistungsfähigkeit der unteren Vermessungsbehörden weiterhin zu gewährleisten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, soll das Tätigkeitsfeld der unteren Vermessungsbehörden geringfügig erweitert werden. Die bisherige Längenbegrenzung auf über 100 Meter bei Arbeiten an langgestreckten Anlagen wie Straßen und Gewässern soll entfallen. Die Festlegung von Flurstücksgrenzen angrenzender Flurstücke (Zerlegung), die im Zusammenhang gleich mit erledigt werden können, ohne die Antragstellerin beziehungsweise den Antragsteller an eine weitere Stelle verweisen zu müssen, soll wieder möglich sein. Des Weiteren sollen untere Vermessungsbehörden wieder wie vor dem Jahr 2014 Flurstücke im Eigentum der Gemeinde insbesondere für Aus- und Fortbildungszwecke sowie zum Erhalt der Funktionsfähigkeit zerlegen dürfen. Die geringfügige Erweiterung der Zuständigkeiten für untere Vermessungsbehörden hat keine Ausgleichs- beziehungsweise Konnexitätsrelevanz und keine Auswirkung auf den Landeshaushalt oder die Gebührenhöhe. Die unteren Vermessungsbehörden erheben für diese vermessungstechnischen Leistungen Gebühren (zusätzliche Einnahmemöglichkeit). Es handelt sich dabei um keine neue Aufgabe, sondern um eine geringfügige Erweiterung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Aufgabenzuweisung.
- Zur Stärkung der Position der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI) sollen diese neben der Abmarkung zusätzlich Verwaltungsakte in Form von Gebührenbescheiden erlassen können. Dadurch werden ÖbVI mit den unteren Vermessungsbehörden als Behörde auch im Sinne von Paragraf 1 Absatz 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz gleichgestellt.
- ÖbVI werden mit Vollendung des siebzigsten Lebensjahres kraft Gesetz entlassen. Bis dahin können sie jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber der obersten Vermessungsbehörde ihre Entlassung aus dem Amt verlangen. Daher soll geregelt werden, dass die zu erledigenden Aufgaben vor dem Erlöschen des Amtes abzuschließen sind, sofern keine geeignete Regelung über die Erledigung noch offener Vermessungsarbeiten mit einem ÖbVI getroffen wurde. Der Abschluss der Arbeiten oder eine anderweitige Regelung mit gleichem Ziel ist der oberen Vermessungsbehörde anzuzeigen.
- Bürokratieabbau.
Keine.
Die öffentliche Bereitstellung der Geobasisinformationen als Open Data ab 9. Juni 2024 ist durch europäisches und Bundesrecht festgelegt. Dem Land entstehen ab dem Jahr 2025 Einnahmeausfälle in Höhe von rund elf Millionen. Euro. Diese fallen beim Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) und bei den unteren Vermessungsbehörden an, das heißt bei den Land- und Stadtkreisen sowie bei den zwölf Gemeinden, die freiwillig teils seit über 100 Jahren die hoheitliche Vermessung selbst ausüben. Bei den Kommunen handelt sich um untere Verwaltungsbehörden, die die hoheitlichen Vermessungsaufgaben auf Weisung durchführen. Die Zuständigkeit ist in Paragraf 8 VermG geregelt. Die Fachaufsicht über die unteren Vermessungsbehörden hat das LGL. Die Bundesregierung hat die Kostenübernahme zu Open Data bei der Einführung des Datennutzungsgesetzes mit Verweis auf die Finanzierungszuständigkeit der Länder abgelehnt (Bundesrat-Drucksache 141/21, Bundestag-Drucksache 19/28408). Die betroffenen Kommunen können gegenüber der Europäischen Union (EU) keinen finanziellen Ausgleich für Mehrbedarfe bei der Anwendung von EU-Recht einfordern. Daher sind die Erlösausfälle ausgleichs- beziehungsweise konnexitätsrelevant.
Die bereits im Jahr 2024 durch die kostenfreie Bereitstellung entstehenden Einnahmeausfälle bei den unteren Vermessungsbehörden (1,9 Millionen Euro) und beim LGL (4,5 Millionen Euro) werden über eine Entnahme aus der Rücklage „digital@bw II“ ausgeglichen (Kapitel 1212, Titel 359 09). Für die Jahre ab 2025 wird vorbehaltlich einer Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers für den Ausgleich auf Seiten des LGL eine strukturelle Erhöhung des Zuführungsbetrags im Einzelplan 08 und für den Ausgleich auf Seiten der unteren Vermessungsbehörden eine Veranschlagung im Einzelplan 18 angestrebt (vergleiche Kabinettsvorlage „Umwidmung struktureller Mittel der Rücklage „digital@bw II“ bei Kapitel 1212 Titel 359 09 und 919 09 zur Einhaltung von EU- und nationalen Vorgaben für hochwertige Datensätze“).
Hinsichtlich der geringfügigen Erweiterung der Zuständigkeiten bei den unteren Vermessungsbehörden entstehen den öffentlichen Haushalten keine zusätzlichen Kosten.
Hervorzuheben sind:
- Die geringfügige Weiterfassung der Grenzfeststellung und des damit zulässigen amtlichen Vorweisens von Grenzen, ohne dass am Ende der Amtshandlung eine Abmarkung des Grenzpunktes erfolgen muss. Der vorgewiesene Grenzpunkt kann unabgemarkt bleiben. Dies führt zu einer Kostensenkung für die Eigentümerinnen und Eigentümer und trägt dem in der Praxis häufig geäußerten Wunsch der Eigentümer Rechnung, nicht abmarken zu wollen.
- Die Bestellung des ÖbVI erfolgt nach Durchführung verschiedener Arten von Liegenschaftsvermessungen in nicht unerheblichem Umfang. Dies ist zweckmäßig, da so die fachliche Eignung einer Bewerberin oder eines Bewerbers bereits vor der Bestellung zum ÖbVI deutlich besser beurteilt werden kann, der Prüfprozess sich bei der Bestellung verkürzt und die geforderten Fertigkeiten sich positiv auf die Qualität der durchgeführten Liegenschaftsvermessungen auswirken, wodurch Vermessungsanträge schneller ins Liegenschaftskataster übernommen werden können.
- Durch die Ankündigung von einem Betretungsrecht bei Flurstücken mittels öffentlicher Bekanntgabe bei mehr als 20 beteiligten Eigentümern und an den Verwalter anstelle von Einzelankündigungen werden der anfallende Schriftverkehr und die dadurch entstehenden Verwaltungskosten deutlich reduziert. Zudem trägt die Regelung zur Klarstellung und zur Rechtssicherheit bei und hat ökologische Vorteile, indem der Papierverbrauch reduziert wird.
- Der Wegfall einer Meldepflicht durch Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer bei einer Änderung der Tatsächlichen Nutzung entlastet die Betroffenen, beispielsweise bei der Umwandlung einer Ackerfläche in eine Grünlandfläche.
- Bei Vorliegen einer Schriflichkeit wurde dies um die Form der elektronischen Übermittlung ergänzt.
Zusätzlicher Bürokratieaufwand ist durch die Gesetzesänderung nicht zu erwarten. Da es sich in allen Fällen nicht um neue Verwaltungsvorgänge, sondern ausschließlich um die Vereinfachung oder Konkretisierung von bereits bestehenden Verwaltungsvorgängen handelt und auch keine erheblichen (negativen) Auswirkungen für Unternehmen, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger zu erwarten sind, wird auf die Durchführung von Praxis-Checkts beziehungsweise Tests hinsichtlich der praktischen Anwendung verzichtet. Des Weiteren sind dies Gesetzesänderungen vollzugstauglich und erprobt. Durch das Regelungsvorhaben sind keine erheblichen Auswirkungen für Unternehmen, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger oder aufwändige Verwaltungsverfahren zu erwarten. Die zusätzlichen Informationspflichten der ÖbVI bei deren Ausscheiden vermindert sowohl dessen eigene Aufwände als auch die der Aufsichtsbehörde, da langwierige Sachstandserhebungen entfallen.
Vom Nachhaltigkeitscheck ist im Ganzen abgesehen worden, da erhebliche Auswirkungen auf die ökonomischen, ökologischen und sozialen Verhältnisse nicht zu erwarten sind.
Der Digitaltauglichkeits-Check wurde durchgeführt. Das Regelungsvorhaben weist keine Änderungen im Schriftformerfordernis auf. Die Paragraf 12 Absatz 11, Paragraf 13 Absatz 2 und Paragraf 16 Absatz 2 VermG beinhalten Schriftformerfordernisse, die notwendig sind, da die rechtliche Verpflichtung aus einer anderen Rechtsvorschrift vorliegt, analog dazu verfahren wird oder es der Beweissicherung dient. Lediglich in zwei Fällen, bei den Paragrafen 13 Absatz 2 und 16 Absatz 2, werden die bestehenden Regelungen um die Form der elektronischen Übermittlung ergänzt. Ein Verfahren nach Paragraf 3a Landesverwaltungsverfahrensgesetz ist in diesen Fällen aus fachlicher Sicht nicht notwendig.
In Paragraf 12 Absatz 11 sind die Vorgaben aus Paragraf 27 Landesdisziplinargesetz zu beachten.
Die Antragsabwicklung ist in Paragraf 6 Absatz 1, Paragraf 8 Absatz 2 Nummer 5, Paragraf 10 Absatz 1, Paragraf 11 Absatz 1, Paragraf 13 Absatz 2, Paragraf 19 Absatz 1 geregelt. Auch weiterhin soll es den Bürgerinnen und Bürger möglich sein, Anträge nach diesem Gesetz schriftlich oder auf elektronischem Wege stellen zu können. Das digitale Fachrecht wurde in Bezug auf Paragraf 2 VermG in Form des Datennutzungsgesetzes beachtet; der Datenschutz wird gewährleistet.
Nutzerinnen und Nutzer von Geobasisinformationen wie Start-ups, Ingenieurbüros, Architekten, Stadtplaner und weitere Unternehmen, Kommunen und Verwaltung, Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürger werden durch die Open Data-Stellung in großem Umfang von Gebühren beziehungsweise Entgelten entlastet.
Die geringfügige Erweiterung der Zuständigkeiten für untere Vermessungsbehörden hat keine größere Auswirkung auf die Einnahmesituation der ÖbVI. Die unteren Vermessungsbehörden erheben für diese vermessungstechnischen Leistungen Gebühren (zusätzliche Einnahmemöglichkeit). Es handelt sich dabei um keine neue Aufgabe, sondern um eine geringfügige Erweiterung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Aufgabenzuweisung, weshalb diese keine Ausgleichs- beziehungsweise Konnexitätsrelevanz und keine Auswirkungen auf den Landeshaushalt oder die Gebührenhöhe hat. Bei der gesetzlichen Aufgabenzuweisung im Jahr 2010 wurden die finanziellen Auswirkungen der Erhöhung des ÖbVI-Anteils auf 80 Prozent bei den öffentlichen Haushalten berücksichtigt. Seit dem Jahr 2017 liegt allerdings der ÖbVI-Anteil bei den Landkreisen deutlich über 80 Prozent (2023: 85,1 Prozent, landesweit: 81,1 Prozent mit steigender Tendenz). Der die 80 Prozent übersteigende Anteil in den Landkreisen soll daher künftig über die geringfügige Erweiterung der Zuständigkeit der unteren Vermessungsbehörden teilweise kompensiert werden.
Bezogen auf den ÖbVI-Anteil im Jahr 2010 von 50 Prozent und der seinerzeit festgelegten Summe zum Ausgleich der Haushalte bei den Landkreisen von jährlich sechs Millionen Euro sind zusätzliche Einnahmen aller Landkreise von insgesamt einer Million Euro pro Jahr bei 85 Prozent ÖbVI-Anteil unschädlich. Unter Berücksichtigung der Preisentwicklung entspricht dies heute einem Wert von rund 1,25 Mllionen Euro (Verbraucherpreisindex 2022: 110,2 Prozent; 2010: 88,1 Prozent).


Kommentare : zur Änderung des Vermessungsgesetzes
Sie konnten den Gesetzentwurf bis zum 28. November 2024 kommentieren. Vielen Dank für Ihre Kommentare!
Änderung VermG
Seit den frühen 90er Jahren verfolge ich die Entwicklung der Vermessungsverwaltung und des ÖBV-Berufstandes in Baden-Württemberg. Beginnend mit der Kienbaum-Untersuchung hat es doch 20 Jahre gedauert, bis eine Novellierung des Vermessungsgesetzes 2010 durch die ÖBV-Lobby auf den Weg gebracht wurde. Mit dem Ziel die privaten ÖBV zu stärken und den
Seit den frühen 90er Jahren verfolge ich die Entwicklung der Vermessungsverwaltung und des ÖBV-Berufstandes in Baden-Württemberg.
Beginnend mit der Kienbaum-Untersuchung hat es doch 20 Jahre gedauert, bis eine Novellierung des Vermessungsgesetzes 2010 durch die ÖBV-Lobby auf den Weg gebracht wurde. Mit dem Ziel die privaten ÖBV zu stärken und den operativen Bereich bei der Vermessungsverwaltung einzudämmen.
Das brachte bereits in den ersten drei Jahren einen Zuwachs von weit über 50% bei den Privaten.
In all der Zeit verblieb den Vermessungsämtern nur die Aufgabe der leidigen Gebäudeaufnahme (Thema: mit der Mistgabel vom Hof gejagt) und der Wiederherstellung von ein paar handverlesenen Grenzpunkten.
Die Ausbildung blieb dennoch zum Großteil Aufgabe der Vermessungsämter. Schauen Sie sich doch um in die Berufsschulklassen in Baden-Württemberg. Hier haben die ÖBV einen Azubi-Anteil von vielleicht 20%.
Um den jungen Leuten eine einigermaßen ausreichende Ausbildung bieten zu können, kann sich die Bandbreite bei den Ämtern nicht auf Gebäudeaufnahme und ein paar Grenzpunkte beschränken, die man an einer Hand abzählen kann.
Und glaubt jemand ernsthaft, dass die seit Jahren verloren gegangenen Verbindungen zu den Gemeinden den Vermessungsämtern irgendeinen Zerlegungsauftrag verschaffen werden?
Zudem sind in den bevölkerungsreichen Landkreisen die ÖBV-Anteile sowieso schon bei 95%. Und das seit fast 15 Jahren.
Also was soll der ganze private Aufschrei...?
Wenn ihr jungen Nachwuchs wollt, dann lasst auch Bandbreite zu.
Oder bildet selbst aus......
Und der Bürger? Der Steuerzahler?
Ich habe mir die Zeit genommen, die Kommentare zu lesen. Die Kurzfassung ist einfach: „Gewinne privatisieren, Schulden verstaatlichen.“ Geht es bei staatlichen Aufgaben nur noch darum, diese profitabel zu gestalten? Führen wir bald auch bei Änderungen des Polizeigesetzes eine Diskussion, bei der der Verband der privaten Sicherheitsdienste darauf
Ich habe mir die Zeit genommen, die Kommentare zu lesen. Die Kurzfassung ist einfach: „Gewinne privatisieren, Schulden verstaatlichen.“ Geht es bei staatlichen Aufgaben nur noch darum, diese profitabel zu gestalten? Führen wir bald auch bei Änderungen des Polizeigesetzes eine Diskussion, bei der der Verband der privaten Sicherheitsdienste darauf besteht, Polizeiaufgaben übernehmen zu dürfen, um diese dann zu Lasten des Bürgers finanziell lukrativ zu gestalten?
Wie man in den Kommentaren zusammenfassend lesen kann, bilden überwiegend die Behörden aus und die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI) haben einen Anteil von 80 % (oder 81 %). Aber 95 % aller Fachkräfte entscheiden sich nicht für den staatlichen Dienst, sondern gehen vollständig in die freie Wirtschaft. Hier entsteht eine Diskussion über das eine Prozent, wobei der hoheitliche Bereich anscheinend nur 5 % des Gesamten ausmacht?
Es wird immer wieder argumentiert, dass staatliche Aufgaben gesetzlich nur noch von ÖbVI erledigt werden dürfen. Doch wie geht es weiter, wenn eine Zerlegung im niederpreisen Gebiet beantragt wird? Nach einigen Monaten Wartezeit kommt dann die einfache Antwort: „Das Amt führt nicht fort.“ Auf Nachfrage beim Amt heißt es „Die Vermessungsschrift ist nicht fortführungsfähig.“ Wenn im hochpreisigen Gebiet ein Antrag auf Zerlegung gestellt wird, und dies sogar ohne endgültige Koordinaten, ist der Vorgang jedoch schnell erledigt. Auch Büro-Vermessungen (Sonderungen) laufen problemlos. Doch was bleibt dem Bürger? Hohe Kosten! Als Bürger und Steuerzahler merkt man schnell: Bezahle ich viel für eine staatliche Leistung, bekomme ich auch einen Service. Zahle ich wenig, muss ich warten.
Warum gibt es im Vermessungsgesetz keine festen Regeln, wie wir sie aus dem Supermarkt kennen? Aufträge sind nach Eingang er erfüllen, nicht nach ihrer finanziellen Rentabilität. In den Kommentaren wird ganz klar der Wunsch der ÖbVI deutlich, diesen Zustand beizubehalten.
Die ÖbVI argumentieren, dass die Baubranche leidet. Doch für eine Büro-Vermessung zur Änderung meiner Grundstücksgrenze muss ich bereits ein kleines Vermögen bezahlen. Ein Kommentator schlägt sogar vor, dass Vermessungen ausschließlich von ÖbVI durchgeführt werden sollen. Doch was bedeutet das für Gebiete mit niedrigen Bodenwerten? Wird es für Bürger in solchen Regionen künftig nahezu unmöglich, eine Vermessung zu erhalten? Und wird der ÖbVI weiterhin nicht ausbilden und gleichzeitig klagen, dass es an Nachwuchs fehlt? Das Modell des ÖbVI-Privilegs mit maximaler Gegenfinanzierung fördert nicht die Baubranche. Das Gegenteil tritt in Kraft.
Wenn sich „mindestens 95 %“ der Fachkräfte für Tätigkeiten außerhalb der staatlichen Vermessung entscheiden (ob bei Merces-Benz oder privaten Vermessungsbüros), gleichzeitig aber weder ausgebildet wird noch die Voraussetzungen (Master, Referendariat) erfüllt werden, stellt sich die Frage: Warum überhaupt noch ÖbVI? Als Bürger möchte ich eine qualifizierte Arbeit von staatlichen Dienstleistern erhalten. Warum löst man das Amt des ÖbVI nicht ganz auf, verstaatlicht die Vermessungsaufgaben und gibt Vermessungen, die nicht „state of the art“ sind, an alle Vermessungsbüros frei? Ein privates Vermessungsbüro kann ein Schnurgerüst abstecken, darf aber keine Gebäude für das Liegenschaftskataster einmessen? Die Rechnung für ein Schnurgerüst, das weitreichendere rechtliche und finanzielle Konsequenzen hat, wenn es nicht korrekt durchgeführt wird, ist deutlich günstiger als die Gebäudeaufnahme. Warum muss eine Vermessung, die im Büro stattfindet, immer noch von einem ÖbVI durchgeführt werden? In diesem Punkt haben die ÖbVI vollkommen recht: Das geht zu weit! Dies erfordert weder einen Master noch ein Referendariat. Ein privater Vermessungsingenieur kann diese Arbeit ebenso kompetent und oft deutlich günstiger erledigen.
Die beste Lösung für alle ist daher:
1. Verstaatlichung aller Vermessungsaufgaben
2. Auflösung des Status des ÖbVI
3. Freigabe aller einfachen Vermessungsaufgaben (Gebäudeaufnahmen, Grenzfeststellung mit endgültigen Koordinaten, Sonderungen, etc.) an alle Vermessungsbüros in Baden-Württemberg
4. Reduzierung der Gebühren für Vermessungen, die sowohl von Behörden als auch von privaten Vermessungsingenieuren durchgeführt werden dürfen
5. Teilfinanzierung der Aufgaben der Vermessungsbehörden durch das Land Baden-Württemberg und nicht durch hohe Gebühren.
Nur so profitieren der Berufsnachwuchs, die privaten Vermessungsingenieure, der Steuerzahler, die Vermessungsbehörden und die Baubranche – also wirklich alle.
Der Fokus muss auf dem Grundbesitz und nicht auf Gebühreneinnahmen liegen. Auch wenn es im Streit zwischen Landratsämtern und ÖbVI oft um Gebühreneinnahmen geht, sollte nie vergessen werden: Es geht um die Sicherung von Grundeigentum.
Anpassung §8
Liebe Vermesser, bei allen Kommentaren zur geplanten Änderung des §8 VermG sollte die eindeutig belegbare Tatsache nicht außer Betracht gelassen werden, dass zwischenzeitlich der ÖBVI-Anteil in vielen uVB'n bei um die 90% und sogar teilweise darüber liegt. Das Ziel der Gesetzesänderung von 2010 war es u.a. den ÖBVI-Anteil auf 80% zu erhöhen.
Liebe Vermesser,
bei allen Kommentaren zur geplanten Änderung des §8 VermG sollte die eindeutig belegbare Tatsache nicht außer Betracht gelassen werden, dass zwischenzeitlich der ÖBVI-Anteil in vielen uVB'n bei um die 90% und sogar teilweise darüber liegt. Das Ziel der Gesetzesänderung von 2010 war es u.a. den ÖBVI-Anteil auf 80% zu erhöhen. Dieses Ziel wurde mit der bisherigen Regelung offenbar mehr als erreicht. Deshalb ist die jetzt geplante Regelung in die andere Richtung genauso gerechtfertigt, wie zur damaligen Zeit die Forderung der Berufsvertretung der ÖBVI's die 80% bei allen uVB'n zu erreichen.
Änderung des Vermessungsgesetzes
Betrachtet man die prozentuale Verteilung der durchgeführten Zerlegungen zwischen ÖbVI und Vermessungsämtern, wird deutlich, dass es hier keineswegs darum geht, einem Berufsstand durch die öffentliche Hand Konkurrenz zu machen oder den Mittelstand zu schwächen. Im Gegenteil: Im selben Gesetzentwurf wird die Rolle der ÖbVI behördenähnlich
Betrachtet man die prozentuale Verteilung der durchgeführten Zerlegungen zwischen ÖbVI und Vermessungsämtern, wird deutlich, dass es hier keineswegs darum geht, einem Berufsstand durch die öffentliche Hand Konkurrenz zu machen oder den Mittelstand zu schwächen. Im Gegenteil: Im selben Gesetzentwurf wird die Rolle der ÖbVI behördenähnlich aufgewertet, einschließlich der Befugnis zur Gebührenausstellung. Mittelstandsgefährdung sieht anders aus.
Dieser Entwurf, der eine längst überfällige Anpassung des Vermessungsgesetzes darstellt, wird nun instrumentalisiert, um einen künstlichen Aufruhr seitens einiger ÖbVI zu inszenieren – ohne Sachverstand und Maß.
Selbst mit den Änderungen des Entwurfs (die durch die zugehörige Begründung nochmals stark eingeschränkt wird) wäre es den Vermessungsämtern niemals möglich, in echte Konkurrenz zu den ÖbVI zu treten. Die zentrale Zielsetzung, den Nachwuchs zu fördern und Fachwissen zu sichern, wird ignoriert. Stattdessen werden Szenarien konstruiert und Vorwürfe erhoben, die jeglicher Realität entbehren.
Ein solches Verhalten hat nichts mehr mit Berufsehre oder kollegialem Miteinander zu tun.
Ich hoffe, dass der Entwurf nicht aufgrund haltloser Behauptungen und irrationaler Widerstände vollständig verworfen wird. Den kommenden Generationen von Vermessungstechnikern und -ingenieuren sollte zumindest die Chance gegeben werden, ein solides Fachwissen aufzubauen ohne dabei dem permanent wachsamen Blick einiger ÖbVI-Kollegen ausgesetzt zu sein deren Existenz wohl von einer Hand voll Zerlegungen pro Jahr abhängig ist.