Nach Einführung des G8 haben bei uns in Freudenstadt viele Eltern, deren Kinder ein glasklare Gymnasialempfehlung hatten, ihre Kinder an der Realschule angemeldet, weil sie ihren Kindern keinen vollgestopften Stundenplan zumuten wollten. Ihre Kinder sollten nachmittags weiterhin noch Zeit für Fußball, Musik, Engagement in Vereinen und sonstige Freizeitaktivitäten behalten.

Dabei ist anzumerken, dass die Vorstellung, dass Realschule plus berufliches Gymnasium das neunjährige Gymnasium ersetze, nicht richtig ist. Unter anderem lernen die Kinder so eine Fremdsprache weniger, nehmen also weniger mit, was sich im späteren Leben als wertvoll erweisen kann.

Als wir G9-Versuchsschule wurden, haben wir viele gymnasiale Kinder zurückgewonnen, und das sollte auch so bleiben!

Wir sind in unserem Regierungsbezirk (Karlsruhe) das letzte Gymnasium, dass sowohl G8 und G9 anbietet. Obwohl wir eine recht große Schule sind (4- bis 5- zügig), hatten wir seit vielen Jahren das Problem, überhaupt eine G8-Klasse zu bilden. Die große Mehrheit der Eltern meldet ihre Kinder für das G9 an. In diesem Schuljahr haben wir in der 5. Klasse nur noch G9 Klassen, da die Anmeldungen für G8 nicht ausgereicht haben, die Schülerzahl war zu gering.
Im Grunde ist das ein demokratischer Prozess und das Ergebnis ist eindeutig, klarer als jedes Wahlergebnis.

Als Lehrerin für Mathematik an einem Gymnasium, kann ich nur sagen, dass die Zeit für wichtige GRUNDLEGENDE Fertigkeiten fehlen. Insbesondere im Fach Mathematik reicht die Zeit nicht aus, um diese Fähigkeiten ausreichend zu üben. "Warum muss jede 2. Stunde ein neues Thema eigenführt werden? Warum können wir nicht noch eine Übungsstunde oder Vertiefungsstunde machen?.. tja. Keine Zeit.
Die Schüler sind frustriert, ich als Lehrerin bin frustriert.

G9 ermöglicht eine fundierte Bildung, deren es in unserer spezialisierten Arbeitswelt dringend bedarf: gutes mathem.-naturwissenschaft. Wissen, ebenso Gesellschaftswissench. und mindestens 2 Fremdsprachen.
G9 ist ein Geschenk an das persönliche Reifen der Schüler*innen und so hilfreich für den Übertritt Schule Hochschule.
Es mindert die Studienabbrecherquote.

Ich höre fast nur immer Argumente für das G8, weil damit Geld eingespart werden kann, aber das Jungen benachteiligt werden, weil sie entwicklungsphysiologisch etwas verzögert unterwegs sind, wird oft vergessen. Wie ist es in einer offenen Gesellschaft und in der Politik vereinbar, wenn Kinder oder ein Teil davon benachteiligt werden?
Ganz klar für G9!!!

Bei uns in Mannheim gibt es ein privates Gymnasium, das G9 anbietet. Es gab 800 Bewerbungen auf gerade einmal 120 G9-Plätze. Die Schüler im G9-Zug können in einer anderen Geschwindigkeit lernen und die Inhalte verinnerlichen. Außerdem haben sie die Option nachmittags mehrmals musischen oder sportlichen Aktivitäten nachzugehen. Bei G8 kommt dieser Aspekt der Persönlichkeitsbildung viel zu kurz, da viele Kinder nach der Schule erst mal eine längere Ruhephase brauchen und dann noch Hausaufgaben machen müssen.

Zu viele Eltern melden ihr Kind gegen jede Beratung der Grundschullehrkräfte auf dem achtjährigen Gymnasium an. "Es soll es mal probieren." Stellt sich heraus, dass das Lerntempo dort zu schnell ist, dauert es oft zwei bis drei Jahre, bis das völlig frustrierte Kind, das nur sehr selten einen Lernerfolg sieht, und seine Eltern akzeptieren, dass diese Schulform nicht zum gewünschten Ziel führt, extreme Probleme haben, einen Platz auf einer Realschule zu finden, weil diese übervoll sind.