Wirtschaft

Gemeinsames Brexit-Positionspapier von Land und Wirtschaft

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Container werden auf einem Container-Terminal transportiert. (Foto: © dpa)

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat gemeinsam mit Wirtschaftsvertretern ein Brexit-Positionspapier vorgestellt. Das Ziel ist ein weiterhin möglichst uneingeschränkter Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr mit Großbritannien.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat im Neuen Schloss in Stuttgart Vertreter und Verbandsorganisationen der baden-württembergischen Wirtschaft empfangen, um ein gemeinsam entwickeltes Positionspapier mit zwei neuen Initiativen für die vom Brexit betroffenen Unternehmen vorzustellen.

„Die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union werden spürbare Folgen haben. Denn betroffen sind sowohl die heimische Exportwirtschaft als auch weltweite Unternehmen mit Sitz in Großbritannien. Für beide – heimische Wirtschaft und ausländische Investoren – machen wir heute ein Angebot“, begründete die Ministerin ihre Initiative.

Betroffene Unternehmen nicht allein lassen

Zum einen sollen die branchenbezogenen Sorgen und Interessen der Wirtschaftsvertreter über eine Anlaufstelle im Wirtschaftsministerium auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene eingespeist werden. „Wir lassen die vom Brexit betroffenen Unternehmen nicht allein. Ein zentraler Ansprechpartner bei mir im Haus kümmert sich künftig um alle Anliegen“, so Hoffmeister-Kraut. „Wir werden den weiteren Verhandlungsprozess kontinuierlich begleiten und die Bedürfnisse und Positionen unserer Wirtschaft einspeisen.“

Zum anderen sollen die Ansiedlungsaktivitäten der Außenwirtschaftsagentur Baden-Württemberg International (bw-i) mit einer entsprechenden Geschäftsstelle gestärkt werden. Hoffmeister-Kraut: „Wir stärken damit unser Standortmarketing. Wir wollen uns künftig im internationalen Wettbewerb noch besser als attraktiver Wirtschaftsstandort positionieren und bei möglichen Investoren werben.“ Im Fokus stünden dabei Branchen, Geschäfts- und Technologiefelder, die besonders zum Standort Baden-Württemberg passen.

Unternehmen brauchen Stabilität und Planungssicherheit

Im vorgestellten Positionspapier wird – unter besonderer Berücksichtigung der baden-württembergischen Schlüsselbranchen – als Ziel insbesondere ein weiterhin möglichst uneingeschränkter Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr mit Großbritannien genannt. „Die Verunsicherung der Unternehmen muss aufhören. Was sie brauchen, ist vor allem Stabilität und Planungssicherheit. Davon konnte ich mich in meinen Gesprächen in Großbritannien, aber auch mit vielen Unternehmen bei uns im Land überzeugen“, so Hoffmeister-Kraut.

Begleitet von den baden-württembergischen Kammern und Wirtschaftsverbänden war die Wirtschaftsministerin am 21. Februar 2017 in London unter anderem mit Vertretern der britischen Industrie und der Finanzwirtschaft zusammengetroffen.

Im Jahr 2016 wurden Waren im Wert von 12,2 Milliarden Euro von Baden-Württemberg nach Großbritannien exportiert. Damit belegt Großbritannien bei den Exporten den sechsten Platz in der Handelsstatistik. Die wichtigsten Ausfuhrgüter sind Kraftwagen, Kraftwagenteile, pharmazeutische Erzeugnisse und Maschinen.

Nachdem im Jahr 2015 Waren im Wert von 4,3 Milliarden Euro von Großbritannien nach Baden-Württemberg importiert wurden, waren es im Jahr 2016 Waren im Wert von 4,6 Milliarden Euro. Großbritannien belegt damit in der Importstatistik im Jahr 2016 stabil den zwölften Platz. Die Importe verteilen sich über eine breite Palette an Gütern und Dienstleistungen, darunter chemische Erzeugnisse, Maschinen sowie Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse. Zahlreiche baden-württembergische Unternehmen haben Töchter und Niederlassungen in Großbritannien.

Auf stärkere Wechselkursschwankungen einstellen

Was der Austritt Großbritanniens für die Europäische Union konkret bedeuten wird, ist gegenwärtig noch in vielen Punkten ungewiss. Alles hängt davon ab, wie die EU mit den verbleibenden EU-Mitgliedsstaaten und Großbritannien ihre Beziehungen in Zukunft gestalten werden. In der Verhandlungsphase ändert sich für deutsche Unternehmen dagegen rechtlich zunächst nichts. Bis Großbritannien offiziell ausscheidet, bleibt es vollwertiges EU-Mitglied und Teil des EU-Binnenmarktes. Großbritannien darf in dieser Zeit keine Regelungen erlassen, die EU-Recht widersprechen. Baden-württembergische Unternehmen müssen sich jedoch auf stärkere Wechselkursschwankungen einstellen. Die Beobachtung und gegebenenfalls auch Absicherung der Wechselkurse wird für betroffene Unternehmen deshalb wichtiger.

Insgesamt ist die baden-württembergische Wirtschaft hochgradig internationalisiert und liegt mit einer Exportquote von 42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an der Spitze aller deutschen Flächenbundesländer. 2016 war Baden-Württemberg mit vorläufig 191 Milliarden Euro Exportvolumen das dritte Jahr in Folge das exportstärkste Bundesland. Jeder dritte Arbeitsplatz ist direkt oder indirekt dem Außenhandel zu verdanken. Die Industrie in Baden-Württemberg erwirtschaftet 56 Prozent ihres Umsatzes mit dem Auslandsgeschäft. Bei den Großbetrieben mit über 1.000 Beschäftigten liegt die Exportquote bei 73 Prozent. Sie beträgt im Automobilsektor 70 Prozent, im Maschinenbau 61 Prozent.

Brexit-Positionspapier (PDF)