Innenminister Thomas Strobl hat die Gewinner des Landeswettbewerbs „Digitale Zukunftskommune@bw“ bekannt gegeben. Vier Städte und ein Landkreisverbund werden zu digitalen Zukunftskommunen ausgebaut. 50 weitere Kommunen werden auf ihrem Weg ins digitale Zeitalter unterstützt.
Der Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration Thomas Strobl hat die Gewinner des Wettbewerbs „Digitale Zukunftskommune@bw“ bekannt gegeben: Die vier Städte Heidelberg, Karlsruhe, Ludwigsburg und Ulm sowie ein Verbund um die Landkreise Biberach, Böblingen, Karlsruhe, Konstanz und Tuttlingen werden in den kommenden zwei bis drei Jahren zu Schrittmachern des digitalen Wandels, zu echten digitalen Zukunftskommunen ausgebaut. 50 weitere Kommunen werden auf ihrem Weg ins digitale Zeitalter unterstützt und eine an den konkreten Bedürfnissen ihrer Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete Digitalisierungsstrategie entwickeln. Insgesamt nimmt das Land dafür 7,6 Millionen Euro in die Hand.
Vier Städte und ein Landkreisverbund ausgezeichnet
„Der digitale Wandel stellt auch die Kommunen vor ganz neue Herausforderungen: Den Menschen können sie auf diesem Wege neue Dienstleistungen bieten, der Wirtschaft und Wissenschaft ein attraktives und vernetztes Umfeld. Schon heute verändern digitale Plattformen die Mobilität, den Wohnungsmarkt oder den Einzelhandel in den Kommunen. Eine digitale Stadt ist also weit mehr als eine digitale Verwaltung oder schnelles Internet. Deshalb haben wir auch erstmals den Wettbewerb ‚Digitale Zukunftskommune@bw‘ gestartet. Und die Städte und Gemeinden haben hier jetzt überzeugende und konkrete Vorschläge gemacht, um die Lebensqualität der Menschen vor Ort über neue, vernetzte Dienste etwa im Bereich der Telemedizin oder der digitalen Bildung zu verbessern“, sagte Digitalisierungsminister Thomas Strobl anlässlich der Preisverleihung zum Landeswettbewerb „Digitale Zukunftskommune@bw“ im Innen- und Digitalisierungsministerium in Stuttgart.
Diese gemeinsame Kraftanstrengung sei auch notwendig, unterstrich der Digitalisierungsminister. Nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes im „Zukunftsradar Digitale Kommune“ schätzen derzeit nur zehn Prozent der Kommunen ihren Stand der Digitalisierung als „gut“ an. „Wir wollen keine Zeit verlieren und im Schulterschluss mit den Kommunalen Landesverbänden unseren Beitrag dazu leisten, die Digitalisierung mit hohem Tempo in die Fläche zu bringen“, sagte Strobl weiter.
Mit seinen 1.101 Städten und Gemeinden sowie 35 Landkreisen ist Baden-Württemberg ein Flächenland. „Wir sind in der Fläche stark. Nirgendwo sonst gibt es so viele Hidden Champions wie in Baden-Württemberg – und sie haben ihre Heimat zu gleichen Teilen in ländlichen Räumen wie in den großen Städten. Das ist auch ein Qualitätsversprechen und Gütesiegel für den Standort Baden-Württemberg. Und deshalb zielt unser Förderprogramm in die Fläche. Und es ist gut und wichtig, dass bei den 74 Bewerbern die ganze Bandbreite der kommunalen Familie im Rennen war – von der kleinen Gemeinde mit knapp 2.500 Einwohnern, bis hin zu Großstädten, Landkreisen und sogar Regionalverbänden“, sagte Minister Thomas Strobl. Das zeige, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise die Digitalisierung anpacken wollen. Die Landesregierung setze auf die Gestaltungskraft der Kommunen vor Ort, um auch die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für eine der größten gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit zu steigern. „Das ist ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg“, so Minister Thomas Strobl.
Digitale Zukunftskommunen
Die Städte Heidelberg, Karlsruhe und Ludwigsburg entwickeln in diesem Zusammenhang jetzt ganz gezielt digitale Bürgerdienste in allen Lebensbereichen und werden so zu intelligenten, vernetzten Städten ausgebaut („Smart Cities“).
Karlsruhe
Karlsruhe wird mit zunächst sechs Unternehmen und Einrichtungen eine Bürger-App digital@KA aufbauen, damit die Karlsruher Bürgerinnen und Bürger darüber gebündelt alle für sie relevanten Informationen rund um das städtische Leben bekommen. Das geht vom Apotheken- und Tankstellenfinder über Echtzeitinformationen zur Verkehrslage und Parkplatzmöglichkeiten hin zu Kultur- und Freizeittipps.
Ludwigsburg
In eine ähnliche Richtung geht Ludwigsburg. Nach dem Start des neuen „Service-Roboters L2B2“ im Rathaus wird die Stadt jetzt ein digitales Bürgerkonto einrichten – und es als Schnittstelle zu allen Dienstleistungen und Informationen der Stadt aufbauen. Darüber bekommt man dann sowohl Antworten auf die Frage, welche Unterlagen man zum Heiraten benötigt, als auch darauf, wo der nächste Parkplatz frei wird oder wie sich der Pollenflug entwickelt.
Heidelberg
Die Stadt Heidelberg wird ein digitales Bürgerportal mit 45 Projektpartnern an den Start bringen, das zum Beispiel nicht nur Verkehrsdaten sammelt, sondern im Winter gleich auch das Streufahrzeug genau an die Straßen und Brücken schickt, die zu vereisen drohen.
Ulm
Ulm will das seit den 60er Jahren gewachsene Wohnquartier „Alter Eselsberg“ mit dem neu entstehenden Areal „Am Weinberg“ digital zusammenführen und vernetzen. Ärzte, Apotheker, Händler oder Verkehrsbetriebe können darüber dann neue Dienste anbieten – beispielsweise um einen Arzttermin zu vereinbaren, Medikamente zu bestellen oder sich Lebensmittel liefern zu lassen. Denkbar auch: Ältere Menschen tauschen beispielsweise das Babysitten gegen Einkaufsdienste – und damit über eine digitale Plattform neue Modelle der Nachbarschaftshilfe entwickeln. All das soll entlang der konkreten Bedürfnisse der Menschen aus dem Quartier entwickelt und mit ihnen umgesetzt werden.
Verbund der Landkreise Karlsruhe, Biberach, Böblingen, Konstanz und Tuttlingen
Der Verbund der Landkreise Karlsruhe, Biberach, Böblingen, Konstanz und Tuttlingen überwindet das Inseldenken: Jeder wird einen Baustein auf dem Weg ins digitale Zeitalter ganz gezielt voranbringen – E-Akte in Biberach, digitale KFZ-Zulassung in Konstanz, Telemedizin in Tuttlingen, interaktive und digitale Lerntische an Schulen in Karlsruhe oder intelligente Mobilität in Böblingen – und den Wissenstransfer und damit die Übertragbarkeit auf andere Landkreise und Kommunen sicherstellen.
Alle fünf Gewinner bekommen vom Land jeweils 880.000 Euro zur Umsetzung ihrer Digitalprojekte.
Darüber hinaus werden weitere 50 Kommunen in den kommenden zehn Monaten mit jeweils bis zu 45.000 Euro dabei unterstützt, eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln. Aus den besten Ideen werden mindestens vier Kommunen ausgewählt, die diese dann mit jeweils bis zu 100.000 Euro Landesförderung umsetzen können.
In der Jury waren neben dem Innen- und Digitalisierungsministerium die Kommunalen Spitzenverbände und der Branchenverband Bitkom. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit stand der Jury für Datenschutzfragen beratend zur Seite.
Alle Kommunen werden bei der Umsetzung ihrer Strategien und Projekte vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Kooperation mit dem bwcon-Netzwerk wissenschaftlich und praktisch begleitet. Damit sollen die Best Practices aus den Modellkommunen auf möglichst viele weitere Kommunen in Baden-Württemberg übertragen werden.
Stimmen zum Wettbewerb
Wilhelm Bauer, Technologiebeauftragter der Landesregierung/Leiter Fraunhofer IAO: „Bei gesellschaftlichen Veränderungsprozessen sind etwa zwei Prozent einer Gruppe immer die Innovatoren, die mutig neue Wege gehen und andere inspirieren. Mit den über 50 prämierten Gewinnern von 1.101 Kommunen und 35 Landkreisen haben wir sicher die richtigen Vorreiter für die Digitalisierung im Land von Anfang an dabei.“
Stefan Brink, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg: „Die Digitalisierung wird in den nächsten Jahren zu erheblichen Umwälzungen im täglichen Leben, aber auch in Geschäfts- und Verwaltungsprozessen führen und den Datenschutz damit vor große Herausforderungen stellen. Hier praktikable und gleichzeitig datenschutzkonforme Lösungen zu finden, ist ein gemeinsames Anliegen der Kommunen, der Landesregierung und mir. Ich freue mich darauf, die heute ausgezeichneten Projekte bei der konkreten Umsetzung beratend zu unterstützen und zu Vorreitern bei Digitalisierung und Datenschutz zu machen.“
Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages: „Ich freue mich über den breiten Förderansatz und die gute Resonanz. Damit ist Baden-Württemberg Vorreiter und ermöglicht es vielen Kommunen, ihren Weg zu suchen und aufzugleisen.“
Roger Kehle, Präsident des Gemeindetages: „Der Landeswettbewerb ‚Digitale Zukunftskommune@bw‘ bläst frischen Wind in die Segel der Initiative "Städte und Gemeinden 4.0-Future communities" des Gemeindetags. Unter diesem Dach macht der Gemeindetag seine Mitgliedsstädte und -gemeinden bereits seit mehr als 2 Jahren fit für die Zukunft. Speziell für den Landeswettbewerb hat der Gemeindetag ein umfangreiches begleitendes Angebot an Seminaren, Moderation und Beratung aufgesetzt. Ich bin überzeugt, dass unsere Städte und Gemeinden auf dem besten Weg sind, richtig erfolgreiche digitale Zukunftskommunen zu werden.“
Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages „Wir freuen uns besonders, dass auch der Projektverbund der Landkreise Biberach, Böblingen, Karlsruhe, Konstanz und Tuttlingen unter den Preisträgern ist. Von den Digitalisierungsprojekten der fünf beteiligten Landkreise, die sich auf die Bereiche Bildung, Mobilität, E-Government und Gesundheitsversorgung erstrecken, können alle Landkreise in Baden-Württemberg profitieren“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Alexis von Komorowski. Er ergänzte: „Ein aus Sicht der Landkreise besonders wichtiges Potenzial der Digitalisierung liegt darin, dass durch sie die Daseinsvorsorge auch weiterhin in der Fläche gewährleistet werden kann, etwa durch Telemedizin oder auch durch digital vernetzte Mobilität.“
Christian Kulick, Mitglied der Geschäftsleitung Wirtschaft & Technologien, Bitkom e.V.: „Die digitale Transformation umfasst alle Bereiche des Lebens und der Daseinsvorsorge in unseren Städten und Regionen. Sie bietet den 11.000 deutschen Kommunen enorme Zukunftschancen, stellt sie aber auch vor große Herausforderungen. Durch den Landeswettbewerb Digitale Zukunftskommune@bw erhalten neben den Vorreitern auch viele weitere Kommunen Unterstützung, um ihre digitale Zukunft zu gestalten. Dieser flächendeckende Aufbruch kann wegweisend für ganz Deutschland sein“, sagte Christian Kulick, Mitglied der Geschäftsleitung Wirtschaft & Technologien, Bitkom e.V.
Weitere Informationen zum Wettbewerb
Der Wettbewerb war Ende August 2017 gestartet. Bis zum Stichtag am 31. Dezember 2017 sind insgesamt 75 Bewerberbungen um einen Platz im Förderprogramm eingegangen.
Von den 75 Kommunen, die im Rennen waren, bewarben sich elf um die Umsetzung von landesweiten, digitalen Leuchtturmprojekten und damit den Titel einer Digitalen Zukunftskommune@bw (Teil A des Wettbewerbs), die mit 4,4 Millionen Euro gefördert werden.
64 bewarben sich um eine Förderung zur Entwicklung ihrer Digitalisierungsstrategie in Höhe von bis zu 45.000 Euro (Teil B des Wettbewerbs). Aus den besten Strategien werden nach einem Jahr mindestens vier Kommunen ausgewählt, die mit einer Förderung bis zu 100.000 Euro einige ihrer Ideen dann umsetzen können.
Von digitalen Zukunftsdörfern, Quartieren bis zum Smart Home
Auch der landesweite Ideenwettbewerb „Digitale Zukunftsdörfer@bw” unter Federführung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zielt auf die Erhaltung der Zukunftsfähigkeit der Kommunen ab. Dabei werden drei ländlich geprägte Gemeinden in unter-schiedlichen Regionen ausgewählt, in denen das Angebot des lokalen Einzelhandels mit Hilfe einer App online gebündelt und verfügbar gemacht werden soll.
Mit der Strategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ unterstützt das Ministerium für Soziales und Integration die Gestaltung von lebenswerten, helfenden und sorgenden Quartieren vor Ort. Mit digitalen Ansätzen wie Quartiers-Apps und Online-Börsen werden neue Wege entwickelt, um nachbarschaftliche Strukturen durch digitale und reale Vernetzung zu stärken und Informationen niedrigschwellig weiterzugeben. Neben innovativen Kommunikations- und Organisationslösungen können technische Hilfsmittel wie Beleuchtungssteuerung oder automatische Türöffner dabei helfen dem Wunsch vieler älterer Menschen zu erfüllen, so lange und selbstbestimmt wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben zu dürfen.
Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes soll auch ein virtuelles Kompetenzzentrum Smart Home and Living unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau aufgebaut werden. Dafür ist ein Budget von einer Million Euro vorgesehen.
Das – bundesweit einmalige – Kompetenzzentrum soll ein (virtueller) Kristallisationspunkt für die verschiedenen Kompetenzen im Bereich Smart Home and Living (SHL) werden, um die Kräfte im Land zu bündeln und gemeinsam gezielte wirkungsvolle Maßnahmen zu initiieren und zu realisieren. Es soll die Themenfelder Information, Sensibilisierung, Qualifizierung und Koordinierung regionaler Aktivitäten umfassen. Zielgruppen: Handwerk, Endverbraucher: Einzelkunde, Wohnungsbaugesellschaften, Pflegeeinrichtungen, Wohngenossenschaften, Intermediäre, Forschungseinrichtungen. Das Projekt kann voraussichtlich im Herbst 2018 starten.“
Die Digitalisierung ist ein zentraler Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung. Dazu hat sie eine Investitionsoffensive gestartet: Rund eine Milliarde Euro werden in dieser Legislatur in die Digitalisierung investiert, rund die Hälfte davon fließt in den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Erstmals werden alle Vorhaben auch unter dem Dach des Digitalisierungsministeriums koordiniert und gebündelt. Mit „digital@bw“ wurde im Sommer 2017 die erste, landesweite und ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie vorgestellt, die in Teamarbeit von allen Ministerien erstellt wurde. In den kommenden zwei Jahren werden dazu über 70 ganz konkrete Projekte mit einem Volumen von über 300 Millionen Euro umgesetzt.
Mit Digital-BW hat die Landesregierung auch ein neues Schaufenster der Digitalisierung an den Start gebracht. Es ist das zentrale Online-Portal rund um alle Digitalisierungsthemen und -maßnahmen im Land.
Dimap-Studie zur Digitalisierung in Baden-Württemberg (PDF)
Übersicht der 50 Gewinnerkommunen (PDF)
Hintergrundinformationen zu den fünf Digitalen Zukunftskommunen (PDF)