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Vorstoß für mehr Wohnraum

Ministerin Nicole Razavi MdL spricht im Bundesrat
Bauministerin Nicole Razavi im Bundesrat

Um die Schaffung von Wohnraum in der Nähe von Gewerbebetrieben und in landwirtschaftlich geprägten Orten zu erleichtern, hat Bauministerin Nicole Razavi im Bundesrat flexiblere Vorschriften zur Geruchs- und Lärmbelästigung gefordert.

Baden-Württembergs Bauministerin Nicole Razavi fordert den Bund auf, das Schaffen von Wohnraum in der Nähe von Gewerbebetrieben und in landwirtschaftlich geprägten Orten zu erleichtern. In einem Entschließungsantrag für den Bundesrat (PDF), den das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen gemeinsam mit dem Landesumweltministerium erarbeitet hat, schlägt Baden-Württemberg eine flexiblere Anwendung der Bundesvorschriften zur Geruchs- und Lärmbelästigung vor. Bauwillige sollen demnach im Einzelfall selbst vor Ort entscheiden und vereinbaren können, dass sie eine Überschreitung der Grenzwerte bis zu einem gewissen Grad akzeptieren. Dies ist bislang nicht möglich. Werden in der Nähe von gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieben die Grenzwerte für Lärm und Geruch nicht eingehalten, dürfen dort keine Wohnungen gebaut werden.

Baden-Württemberg fordert Bund zum Handeln auf

„Erfolgreiche Innenentwicklung scheitert leider oft an unflexiblen Regelungen im Immissionsschutz. Diese starren Regelungen passen nicht mehr in eine Landschaft, in der wirklich jede neue Wohnung zählt“, sagte Ministerin Razavi bei der Einbringung des Antrags am Freitag, 17. Mai 2024, im Bundesrat. „Wir müssen Zielkonflikte bei der Innenentwicklung klüger und flexibler managen“, sagte Razavi in ihrer Rede weiter. „Mit unserem Entschließungsantrag machen wir einen neuen Anlauf, um Bewegung in das Thema zu bringen. Ich hoffe, er gibt den Anstoß, dass die fachliche Diskussion dazu in eine neue Runde geht. Denn ich bin überzeugt: Die Flexibilisierung der bundesrechtlichen Schutzstandards ist nach wie vor dringend nötig.“

Der Vorschlag Baden-Württembergs sieht vor, dass Bauherren durch individuelle Vereinbarungen bis zu einem gewissen Grad von immissionsschutzrechtlichen Werten abweichen können. Damit sollen Wohnbau-Vorhaben auch an Standorten ermöglicht werden, an denen die Werte für eine Wohnnutzung überschritten sind. Im Falle eines Weiterverkaufs des Wohnraums soll die Vereinbarung auch für den neuen Eigentümer gelten. „Natürlich wollen wir auch weiterhin gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleisten“, so Razavi. „Und auch die bestehenden Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe wollen wir verlässlich vor Abwehransprüchen schützen. Deshalb sieht unser Entschließungsantrag vor, dass die Abweichung in einem relativ moderaten Umfang ermöglicht wird. Zudem soll sie rechtlich abgesichert werden – etwa über eine öffentlich-rechtliche Sicherung oder eine privatrechtliche Grunddienstbarkeit. So können wir Wohnungsbau erleichtern, ohne die berechtigten Interessen der Anlagenbetreiber aus dem Blick zu verlieren.“

Die Bundesregierung wird in dem Entschließungsantrag aufgefordert, das Bundes-Immissionsschutzrecht und das Bauplanungsrecht entsprechend zu ergänzen. Ob der Antrag in der Länderkammer eine Mehrheit finden wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Nach Einbringung des Antrags im Plenum des Bundesrats wird der Antrag zur weiteren Beratung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Grenzwerte für Geruchs- und Lärmbelästigung

Laut der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) des Bundes darf derzeit grundsätzlich eine Geruchsbelastung in Wohn- und Mischgebieten an lediglich zehn Prozent der Stunden eines Jahres auftreten. Für Dorfgebiete und Kerngebiete beträgt dieser Grenzwert 15 Prozent. Baden-Württemberg schlägt nun vor, dass durch individuelle Vereinbarungen dieser Grenzwert im Einzelfall angehoben werden kann, zum Beispiel um jeweils weitere zehn Prozent.

Die Grenzwerte für Lärm reichen laut der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) des Bundes aktuell von 70 Dezibel in Industriegebieten bis zu 50 Dezibel (nachts 35 Dezibel) in reinen Wohngebieten. Baden-Württemberg schlägt auch hier nun vor, dass durch individuelle Vereinbarungen diese Grenzwerte im Einzelfall angehoben werden können, zum Beispiel um jeweils weitere fünf Dezibel.