Auswirkungen G8/G9 auf das gesamte Schulsystem

Als Instrumentallehrerin erlebe ich mit, wie meine Schüler ab der Mittelstufe bis zum G8-Abitur ihre Schulzeit wahrnehmen. Erschreckend finde ich den hohen psychischen Stress, dem sie sich ausgesetzt fühlen angesichts des doch noch sehr jungen Alters. Auch empfinde ich die meisten meiner Schülerinnen als noch nicht bereit, sich der Frage zu stellen, was nach dem Abitur kommen könnte. Es gibt zwar ein großes Angebot (Reisen, FSJ, Praktika etc.), aber meines Erachtens wäre ein weiteres Schuljahr zur Selbstfindung und inneren Vorbereitung auf die Zukunft deutlich sinnvoller. Die Jugendlichen, mit denen ich spreche, fühlen sich ab dem 11. Schuljahr enorm unter Druck gesetzt und in einer Art "Eiltempo" durch die Schulzeit gedrängt.
Auch sehe ich es für die Gesellschaft nicht unbedingt als wertvoll an, zum Teil noch nicht mal oder gerade erst volljährige junge Menschen in die Berufswelt zu entlassen, die noch zu wenig Zeit und Raum hatten, sich als Persönlichkeit zu festigen. Wenn man zurückdenkt, wie jung man mit 17/18 Jahren noch ist, sollte man keine Eile haben. Das Leben wird später noch stressreich und gefüllt genug.

Bitte G8 nicht verpflichtend einführen, sondern eine Wahlmöglichkeit zwischen G8 oder G9 einräumen.
Es sollte von der Politik und den verantwortlichen Behörden bedacht werden, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt - manche Schüler schaffen etwas schneller, andere brauchen mehr Zeit.
Außerdem wird durch G8 kaum noch Zeit für außerschulische Aktivitäten bleiben, wie Musik oder Sport. Für Trainingszeiten oder das Üben zu Hause wird es kaum noch Raum geben. Wie soll man als Pädagoge künftig Talente im Musik- oder Sportbereich adäquat fördern, wenn dem Schüler keine Zeit mehr zum Üben / Trainieren bleibt? Wie soll man lernschwächere Schüler fördern, die Musik oder Sport als Ausgleich betreiben? Musik und Sport fördern nachweislich die Persönlichkeit sowie die menschliche Psyche - aber es muss Raum im Alltag bleiben für diese wichtigen Aktivitäten.

Das G8 hat eine enorme Schwächung einer ganzheitlichen Bildung bewirkt. Die Bildungspläne wurden nicht wirklich reduziert. Ergebnis ist, dass oft kaum Zeit ist, Dinge angemessen zu vertiefen.

Damit einher geht eine massive Abwertung kultureller Bildung. Der Besuch von Arbeitsgemeinschaften wird zum Luxus, den sich verstärkt Kinder und Jugendliche vom zeitlichen Aufwand her nicht mehr leisten können, die mehr Zeit zum Lernen auf Klassenarbeiten aufwenden wollen oder müssen.

Ganzheitliche Bildung wird so systematisch kaputt gemacht.

G8 ist eine mögliche Gymnasialform, allerdings nur für die 10% klügsten eines Gesamtjahrgangs. (Siehe dazu z.B. auch die Kurzschuljahre 1966/67.) Auf dem heutigen Massengymnasium mit 40 - 50 % Gymnasiasten ist nur noch G9 möglich.
BaWü hat bereits fahrlässig seinen ehemaligen Spitzenplatz im bundesweiten Bildungsranking verspielt. Gerade in den MINT-Fächern ist die Studierfähigkeit kaum noch gegeben.
Sogar das Gymnasium ist mittlerweile so unattraktiv geworden, dass es in Teilbereichen nicht genügend Kandidaten mehr gibt.
Die Misere des Gymnasiums in BaWü begann mit [Dr.] Annette Schavan, Kultusminiserin 1995 - 2005. Sie setzt sich bis heute fort.

Durch G8 wurden die Inhalte so zusammengestrichen, dass dies insbesondere große Auswirkungen in den MINT-Studiengängen hat. Hier sind die Abbrecherquoten extrem hoch, weil die Schüler inhaltlich überhaupt nicht mehr auf diese schwierigen Fächer vorbereitet werden.
Außerdem stehen die allgemeinbildenden Gymnasien durch G8 in unfairer Konkurrenz zu den beruflichen Gymnasien und den GMS. Ich vermute, dass das beabsichtigt ist.

Ich bin über 30 Jahre Lehrer an einem Gymnasium

In einer komplizierteren Welt ist es dringend nötig, die Schulzeit zu verlängern. G10 wäre noch besser als G9.

Die Menschen werden älter, und das Rentenalter wird steigen müssen. Da ist es wichtig, dass die Schüler besser ausgebildet den Lebensweg starten.

Als Schulleiter komme ich zum Abitur an verschiedene Schulen. Es ist ganz eindeutig, dass das G9 Gymnasium besser geeignet ist, die Schüler aufs Leben vorzubereiten.