Das Vorhaben der Errichtung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg geht zurück auf die Enquetekommission Pflege des Landtags Baden-Württemberg, die der Landesregierung 2016 bei entsprechender Zustimmung unter den Pflegekräften die Errichtung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg empfahl. Bei der Befragung im Jahre 2018 sprachen sich 68 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte und Auszubildenden für die Errichtung einer Pflegekammer aus. Dem Wunsch der Mehrzahl der Teilnehmenden an der Befragung entsprechend, wurde eine entsprechende Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes im Winter 2019/2020 vorbereitet.
Auf Grund der Corona-Pandemie wurde der Gesetzgebungs- und Gründungsprozess im Herbst 2020 jedoch ruhend gestellt. Insbesondere war eine – auch auf Grund zahlreicher Vorbehalte – notwendige Öffentlichkeitsarbeit Corona-bedingt nicht mehr möglich. Mit der Unterbrechung sollte das Ziel verfolgt werden, eine angemessene Phase der Einführung mit breiter Unterstützung durch Regierung und Parlament vorzuschalten und eine fachlich gute Begleitung sicherzustellen. Nunmehr soll der Vorbereitungs- und Gründungsprozess, auch entsprechend der Aufforderung aus dem Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode (2021 bis 2026), wiederaufgenommen und mit dem neuen Entwurf des Gesetzes zur Errichtung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg umgesetzt werden.
Mit der Gründung einer Landespflegekammer wird das Ziel verfolgt, die Attraktivität des Berufsstandes zu erhöhen und damit auch einen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs zu leisten. Gleichzeitig soll die Qualität der pflegerischen Leistungen im Land durch die selbstbestimmte Gestaltung der Fort- und Weiterbildung weiter verbessert werden. Die Landespflegekammer dient der beruflichen Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft. Durch eine schrittweise Übertragung von Kompetenzen auf die Landespflegekammer erhalten die Pflegefachkräfte eine größere berufliche Selbstbestimmung. Sie können ihr Berufsbild aktiv gestalten und weiterentwickeln. Durch die Gleichbehandlung mit den bereits bestehenden Heilberufe-Kammern wird die gewünschte Augenhöhe der Pflegefachberufe mit den approbierten Heilberufen hergestellt.
Das Gesetz enthält in Artikel 1 die notwendigen rechtlichen, strukturellen und organisatorischen Grundlagen zur Gründung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg. Diese soll im Dezember 2024 errichtet werden. Die Landespflegekammer wird, wie die bereits bestehenden Heilberufe-Kammern, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sein und sich durch die Beiträge ihrer Mitglieder selbst finanzieren. Pflichtmitglieder werden alle Pflegefachkräfte sein, die in Baden-Württemberg ihren Beruf ausüben. Dies sind aktuell rund 110.000 Personen. Anders als bei den bestehenden Heilberufe-Kammern sind Personen, die ihren Beruf nicht ausüben, aber in Baden-Württemberg ihren Wohnsitz haben, keine Pflichtmitglieder.
Das die Pflegekammer vorbereitende Gremium ist der Gründungsausschuss, der seine Arbeit im Mai 2023 aufnehmen soll. Einer seiner Aufgaben ist die Vorbereitung der Wahl zur ersten Vertreterversammlung. Mit dem Zusammentreten der ersten gewählten Vertreterversammlung, welches im Dezember 2024 vorgesehen ist, wird die Pflegekammer gegründet und der Gründungsausschuss löst sich auf. Um der Landespflegekammer Baden-Württemberg von Beginn an eine starke demokratisch legitimierte Grundlage zu geben, sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Wahl zur ersten Vertreterversammlung nur stattfinden darf, wenn mindestens 60 Prozent der zukünftigen Pflichtmitglieder sich während der Gründungsphase haben registrieren lassen. Bemessungsgrundlage ist die dann aktuelle Pflege- und Krankenhausstatistik des Statistischen Landesamtes. Wird dieses Registrierungsquorum nicht erreicht, wird keine Pflegekammer errichtet und der Gründungsausschuss aufgelöst.
Die Änderungen weiterer Gesetze und Verordnungen in den Artikeln 2 bis 9 sind erforderlich, um die Landespflegekammer an den bestehenden Strukturen des Gesundheitswesens in Baden-Württemberg zu beteiligen und um die Übertragung der Zuständigkeit über die Weiterbildung auf die Landespflegekammer ab 2029 zu regeln.
Kommentare : zur Errichtung einer Landespflegekammer
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Ernst Olbricht - Landespflegekammer
Ja, ich will die Pflegekammer in Baden-Württemberg, weil dies unsere Zukunft darstellt. Dies kann nur durch die politische Lobbyarbeit der Pflegekammer geschehen.
Mit pflegestolzen Grüßen
Ernst Olbricht
JA zur Pflegekammer - Nein zur 60%-Quote
Ja, die Pflegekammer kann ein unheimlich wichtiges politisches Organ sein, das Pflegende und ihre Ansichten endlich auch auf politischer Ebene vertritt und die Bedingungen in der Pflege verbessern kann. Klar ist auch, dass dies nicht umsonst sein wird. Aber im Verhältnis von Kosten und Nutzen überwiegt letzterer ganz klar. Meiner Ansicht
Ja, die Pflegekammer kann ein unheimlich wichtiges politisches Organ sein, das Pflegende und ihre Ansichten endlich auch auf politischer Ebene vertritt und die Bedingungen in der Pflege verbessern kann.
Klar ist auch, dass dies nicht umsonst sein wird. Aber im Verhältnis von Kosten und Nutzen überwiegt letzterer ganz klar.
Meiner Ansicht nach kann es aber nicht sein, dass den Pflegenden ein so großer Stolperstein wie die 60%-Quote in den Weg gelegt wird. Diese ist viel zu hoch, da viele Pflegende der Kammer sehr misstrauisch gegenüberstehen. Und auch das ist verständlich: bisher ist die Pflege immer zu kurz gekommen, hat auch während Corona nicht die Änderungen erfahren, die angemessen gewesen wären. Wieso sollte man da jetzt auch noch Beiträge bezahlen, wenn die Hoffnung auf Erfolg bei vielen Pflegenden sehr gering oder nicht vorhanden ist?
Deshalb sollte diese Quote der Registrierungen deutlich geringer sein. Alle anderen werden sich registrieren können und wollen, wenn ihnen der Nutzen der Pflegekammer vor Augen geführt wird.
Und auch über eine Pflichtmitgliedschaft aller Pflegenden sollte man sich Gedanken machen. Ein erster Schritt wäre beispielsweise die Pflichtmitgliedschaft aller akademisierten Pflegenden. Alle sonstigen, engagierten Pflegenden können sich trotzdem registrieren lassen.
Kommentar für die Einrichtung einer Pflege in BaWü
Unsere Pflege braucht eine professionelle Stimme, die einheitlich die Pflege vertritt und sich für die Belange einsetzt.
Ja zur Pflegekammer
Die Pflegeberufe bilden mit einigem Abstand die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Dennoch ist ihr politischer und fachlicher Einfluss auf dessen Gestaltung gering. Einer halbherzigen und in symbolischen Gesten verharrende Pflegepolitik haben sie kaum etwas entgegenzusetzen. Infolge ändert sich auch nichts, den Jahrzehnte währenden Debatten
Die Pflegeberufe bilden mit einigem Abstand die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Dennoch ist ihr politischer und fachlicher Einfluss auf dessen Gestaltung gering. Einer halbherzigen und in symbolischen Gesten verharrende Pflegepolitik haben sie kaum etwas entgegenzusetzen. Infolge ändert sich auch nichts, den Jahrzehnte währenden Debatten um die strukturellen Defizite und den Pflegenotstand zum Trotz. Die Kammer ist ein Weg, das politische Gewicht der Pflegeberufe zu erschließen und damit vielleicht endlich etwas zu bewegen.
Ja zur Pflege-Kammer
Ja zur Pflege-Kammer um die professionelle Pflege weiter zu unterstützen und vorn zu treiben.
Landespflegekammer
Total wichtig! Bin selber 25 Jahre als Krankenschwester tätig und unterstütze die Selbstbestimmung der pflege!
Ja zur Pflegekammer
Natürlich benötigen wir endlich eine Stimme auf politischer Ebene! Nur so können wir in unserem Beruf die Akademisieung und Professionalisierung vorantreiben.
Für die 60% Registrierungsquote habe ich allerdings kein Verständnis.
JA zur Pflegekammer
...weil ich mir nicht mehr von Fachfremden Menschen an irgendwelchen Schreibtischen diktieren lassen möcht, wie ich meinen Job zumachen habe. Nur die Pflege selber weiß, wie man professionell richtig pflegt!
Antwort auf: Typisch Baden-Württemberg
... man könnte ja einfach mal in die Nachbar- (Bundes-) Länder schauen... Gern! Schauen wir doch nach Frankreich, wo die Pflegekammer seit längerem etabliert ist und z.B. bei den jüngsten Streiks unterstützt hat.
Weiterbildung
Interessant. Eines der wenigen Dinge, die die Pflegekammer regeln soll, natürlich trotzdem unter Aufsicht des Sozialministeriums, sind Weiterbildungen. Bereits ab 2029 soll sich die Landespflegekammer darum kümmern. Da aber das Sozialministerium ja nur Kompetenzen an die Pflegekammer weitergeben kann, die sie selbst besitzt und damit sie außer
Interessant. Eines der wenigen Dinge, die die Pflegekammer regeln soll, natürlich trotzdem unter Aufsicht des Sozialministeriums, sind Weiterbildungen. Bereits ab 2029 soll sich die Landespflegekammer darum kümmern. Da aber das Sozialministerium ja nur Kompetenzen an die Pflegekammer weitergeben kann, die sie selbst besitzt und damit sie außer Beiträge, Gebühren und Sanktionen über eine Berufsordnung auch noch etwas anderes bearbeiten kann, legt der vorgelegte Gesetzentwurf auf Seite 42 unter Artikel 3 fest, dass § 25 des Landespflegegesetzes geändert wird und das Sozialministerium ermächtigt wird, Weiterbildungen an staatlich anerkannten Weiterbildungsstätten durch Rechtsverordnung zu regeln. Dann kann man diese Aufgabe erst an die Kammer weitergeben. Sonst wäre es noch peinlicher, wenn die Pflegekammer als vom Landespflegerat ausgewiesener Heilsbringer nur Pflichtmitglieder verwalten darf. Aber viel mehr Kompetenzen kann dann das Land an die Pflegekammer nicht mehr verteilen. Ein sinnloses Bürokratiemonster auf unsere Kosten.