Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration nimmt zusammenfassend wie folgt Stellung zu den Kommentaren, die zum Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Landespflegekammer eingegangen sind:
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Empfehlung der Enquetekommission Pflege des Landtags Baden-Württemberg, die der Landesregierung 2016 bei entsprechender Zustimmung unter den Pflegekräften die Errichtung einer Landespflegekammer in Baden-Württemberg empfohlen hatte und der Aufforderung aus dem Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode (2021 bis 2026) entsprochen. Mit der Gründung einer Landespflegekammer wird das Ziel verfolgt, die Attraktivität des Berufsstandes zu erhöhen und den Fachkräftebedarf zu sichern. Die Landespflegekammer dient der innerberuflichen Willensbildung und der beruflichen Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft. Durch eine schrittweise Übertragung von Kompetenzen auf die Landespflegekammer erhalten die Pflegefachkräfte eine größere berufliche Selbstbestimmung. Sie können ihr Berufsbild aktiver gestalten und weiterentwickeln.
Übernahme ins Heilberufe-Kammergesetz (HBKG)
Die Übernahme des Landespflegekammergesetzes in das Heilberufe-Kammergesetz wird derzeit nicht verfolgt. Die Schaffung einer eigenen gesetzlichen Grundlage spiegelt die Wichtigkeit und Bedeutung der Errichtung einer selbstbestimmten Landespflegekammer wider. Die Landespflegekammer Baden-Württemberg ist eine Heilberufe-Kammer und wird auf Augenhöhe mit den bereits bestehenden Heilberufe-Kammern stehen.
Pflichtmitgliedschaft
Die Pflichtmitgliedschaft besteht durch Gesetz. Sie ist Ausdruck der Kammerzughörigkeit und stellt die Landespflegekammer Baden-Württemberg auf dieselbe Ebene mit den bereits bestehenden Heilberufe-Kammern. Pflichtmitglieder der Landespflegekammer sind alle Pflegefachkräfte, die in Baden-Württemberg ihren Beruf ausüben. Anders als bei den bestehenden Heilberufe-Kammern sind Personen, die ihren Beruf nicht ausüben, aber in Baden-Württemberg ihren Wohnsitz haben, keine Pflichtmitglieder. Damit werden in die Landespflegekammer diejenigen Pflegeberufe aufgenommen, die verfassungsrechtlich als Heilberufe im Sinne des Artikels 74 Absatz 1 Nr. 19 Grundgesetz zu bewerten sind.
Die Pflichtmitgliedschaft gewährleistet, dass die Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner ihre Interessen einbringen können und fachkundig vertreten werden. Gerade um im Gesundheitswesen auf Augenhöhe mit den anderen Entscheidungsträgern agieren zu können, ist es wichtig, dass die Landespflegekammer durch ihre Mitglieder gestärkt wird. Nur eine Pflichtmitgliedschaft sichert, dass alle Betroffenen, aus allen Fachrichtungen und Bereichen ihre Interessen einbringen und fachkundig vertreten werden. Mit Blick auf die übertragenen Aufgaben, darunter unter anderem Belange der Kammermitglieder und der Qualitätssicherung wahrzunehmen, Berufspflichten zu überwachen, die Ausbildung zu fördern, die Fort- und Weiterbildung selbstbestimmt zu regeln, der Vermittlung bei berufsbezogenen Streitigkeiten und auf die Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen hinzuwirken, ist eine starke Vertretung der Gesamtinteressen der Fachkräfte in der Pflege notwendig. Aus Betroffenen werden gezielt Beteiligte, die ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung regeln. Umfassende Sachkunde und Objektivität der Pflegekammer werden institutionell gesichert.
Eine freiwillige Mitgliedschaft ist nicht zielführend, denn Aufgabe der Landespflegekammer ist es, die Gesamtinteressen der Mitglieder wahrzunehmen, wozu eine größtmögliche Erfassung der Pflegefachkräfte notwendig ist, um die Interessen abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Eine freiwillige Interessenvertretung kann dieser Zielsetzung nicht gerecht werden, denn bei einer freiwilligen Mitgliedschaft hängt die Zusammensetzung der Kammer vom Zufall ab. Dadurch könnte eine repräsentative Vertretung des Sachstands aller Berufsangehörigen und eine unabhängige Interessenvertretung nicht gewährleistet werden und auch die vorgesehene Aufgabenübertragung nicht erfolgen.
Mitgliedsbeiträge
Die Mitgliedsbeiträge sind die Grundvoraussetzung für eine funktionale Selbstverwaltung. Die Kammer nimmt öffentliche Aufgaben wahr, an denen ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht. Diese Aufgaben können durch eine private Interessenvertretung nicht wahrgenommen werden. Die Beiträge der Kammermitglieder tragen dazu bei, der Landespflegekammer die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen.
Die Landespflegekammer wird voraussichtlich monatliche Mitgliedsbeiträge zwischen fünf und neun Euro erheben. Im ersten Jahr besteht die Möglichkeit, die Finanzierung durch einen pauschalen Mitgliedsbeitrag von bis zu fünf Euro monatlich zu gewährleisten. Die entsprechende Beitragsordnung wird gestaffelt nach Einkommen erlassen und berücksichtigt soziale Belange. Beitragsbeschränkungen und Beitragsbefreiungen sind möglich, sodass die heterogene Berufsgruppe der Pflegenden finanziell nicht überfordert wird.
Aufgaben der Landespflegekammer
Die Landespflegekammer soll eine leistungsfähige berufsständische Organisation der Pflegefachberufe schaffen. Sie dient der innerberuflichen Willensbildung und der beruflichen Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Gesellschaft und Politik. Schrittweise sollen der Landespflegekammer Kompetenzen übertragen werden für eine größere berufliche Selbstbestimmung. Ziel ist es, dass die Mitglieder der Landespflegekammer selbst ihre Angelegenheiten regeln und ihre Interessen zielgerecht verfolgen und durchsetzen.
Die Übertragung der Zuständigkeit der beruflichen Weiterbildungen und der Fortbildung von Pflegefachkräften auf die Landespflegekammer schafft die Möglichkeit, dass die Pflegefachkräfte die Weiterentwicklung ihres Berufsstandes eigenverantwortlich gestalten können. Die Übertragung der Weiterbildungszuständigkeit auf die Kammer soll erst zum 1. Januar 2029 erfolgen, sodass die Pflegekammer ausreichend Zeit hat, mit der notwendigen Sorgfalt eine Weiterbildungsordnung zu erstellen.
Errichtungsquorum
Um der Landespflegekammer Baden-Württemberg von Beginn an eine starke Grundlage und Legitimation zu geben, sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Wahl zur ersten Vertreterversammlung nur stattfinden darf, wenn mindestens 60 Prozent der zukünftigen Pflichtmitglieder registriert sind und dem nicht widersprochen hat. Bemessungsgrundlage des Errichtungsquorums bildet die Krankenhaus- und Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes, die aktuell von rund 110.000 Pflegefachkräften ausgeht. Wird das Errichtungsquorum von 60 Prozent nicht erreicht, findet die Wahl zur ersten Vertreterversammlung nicht statt, die Pflegekammer wird nicht gegründet und der Gründungsausschuss löst sich auf.
Verhältnismäßigkeitsprüfung
Die öffentliche Anhörung zur Zusammenfassung der Prüfung zur Verhältnismäßigkeit vor Erlass neuer Berufsreglementierungen ist überwiegend positiv ausgefallen. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration bedankt sich für die zahlreichen Kommentare und wird diese bei der Überarbeitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen berücksichtigen.