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Der Gesetzentwurf beinhaltet die Neufassung des Nachrichtendienstrechts und die Änderung des Rechts über die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen und Beamten.
Weitere Informationen aus dem Vorblatt des Gesetzentwurfs
Der Gesetzentwurf wird als vollständige Neufassung des Landesverfassungsschutzgesetzes vorgelegt. Mit der Entscheidung vom 26. April 2022 zum Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (Az. 1 BvR 1619/17) hat das Bundesverfassungsgericht eine Grundsatzentscheidung zum Nachrichtendienstrecht getroffen, die eine vollumfängliche Novellierung des Landesverfassungsschutzgesetzes unumgänglich macht. Das Bundesverfassungsgericht hat hier insbesondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden gestellt sowie an die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben worden sind. Weiter fordert das Bundesverfassungsgericht eine unabhängige Vorabkontrolle für bestimmte besonders eingriffsintensive Maßnahmen.
In einer weiteren Entscheidung vom 28. September 2022 zum Bundesverfassungsschutzgesetz (Az. 1 BvR 2354/13) hat das Bundesverfassungsgericht seine bereits in der vorherigen Entscheidung aufgestellten Grundsätze zu den Voraussetzungen von Übermittlungen von personenbezogenen Daten durch den Verfassungsschutz an andere Stellen sowie zum Grundsatz der Normenklarheit von Regelungen nochmals bestätigt und konkretisiert.
Weiterer Anpassungsbedarf ergibt sich ferner aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern vom 9. Dezember 2022 (Az. 1 BvR 1345/21), in dem das Bundesverfassungsgericht Vorgaben zur Regelung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung beim Einsatz von verdeckt arbeitenden Bediensteten und Vertrauenspersonen gemacht hat.
Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17. Juli 2024 zum Hessischen Verfassungsschutzgesetz (Az. 1 BvR 2133/22) die in den vorherigen Entscheidungen aufgestellten Grundsätze zu den Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnissen bestätigt und weiter konkretisiert.
All diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind derzeit im Landesverfassungsschutzgesetz nicht abgebildet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Aufgrund der Vielzahl der Änderungen wurde diese Novellierung zum Anlass genommen, das Landesverfassungsschutzgesetz insgesamt zu überarbeiten. Ziel ist es, auf diese Weise die Rechtsanwendung einfacher, verlässlicher und verständlicher zu machen. Zusammenhängende Regelungen wurden in eine Norm überführt und das Landesverfassungsschutzgesetz insgesamt in Teilen neu strukturiert. So wurden insbesondere die einzelnen Kontrollinstanzen des Verfassungsschutzes übersichtlich aufgeführt. Auf diese Weise soll auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit des Verfassungsschutzes weiter gestärkt werden.
Der Gesetzentwurf enthält insbesondere folgende neue beziehungsweise angepasste Regelungen:
- Einführung eines Stufenmodells der beobachtungsbedürftigen Bestrebungen (erheblich beobachtungsbedürftig und gesteigert beobachtungsbedürftig): Je nach Eingriffsintensität werden die Befugnisse an unterschiedliche Eingriffsschwellen gebunden. Auf diese Weise wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stärker Rechnung getragen.
- Hervorhebung der Bedeutung des Schutzes des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und der Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger durch eine eigenständige Regelung
- Einfachgesetzliche Regelungen für eingriffsintensive Maßnahmen wie der Einsatzvvon Vertrauenspersonen und längerfristige Observationen
- Einführung von Befugnissen zur Funkzellenabfrage sowie zu Übermittlungsersuchen an Betreibende von Videoüberwachungsanlagen im öffentlichen Raum
- Stärkung der Mitteilungsrechte an betroffene Personen: Die Regelungen über die Benachrichtigungspflichten wurden in einer Norm zusammengefasst und ausgeweitet.
- Systematisierung der Datenübermittlungsregelungen anhand der Unterscheidung nach Empfangsbehörden mit und ohne operative Anschlussbefugnisse sowie anhand des Übermittlungszweckes: Eine Übermittlung von personenbezogenen Daten, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden, ist nur zum Schutz eines besonders gewichtigen Rechtsguts zulässig. Darüber hinaus werden je nachdem an welche Stelle übermittelt wird, unterschiedliche Übermittlungsschwellen geregelt.
- Gerichtliche Vorabkontrolle für besonders eingriffsintensive Maßnahmen wie der Einsatz von Vertrauenspersonen und längerfristige Observationen
- Neuordnung und Strukturierung der verfassungsschutzrechtlichen Kontrollarchitektur
- Regelungen zur Eigensicherung zum Schutz vor sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten
- Redaktionelle Folgeänderungen im Ausführungsgesetz zum Artikel 10-Gesetz sowie im Landessicherheitsüberprüfungsgesetz
- Anwendbarkeit der Verordnung der Landesregierung über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten (Beurteilungsverordnung - BeurtVO) für Polizeibeamtinnen und -beamte, die in Planstellen des Landesamtes für Verfassungsschutz eingewiesen sind sowie entsprechende Folgeänderung in der Verordnung des Innenministeriums über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes (BeurtVO-PVD)
Keine.
Durch die Maßnahmen entstehen für die öffentlichen Haushalte keine zusätzlichen Kosten, da eine finanzneutrale Finanzierung erreicht wird.
Von einer Schätzung der Bürokratielasten nach Nummer 4.3.4 der VwV Regelungen wurde abgesehen, da das Gesetzesvorhaben keine erheblichen Auswirkungen für Unternehmen, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger oder aufwändige Verwaltungsverfahren erwarten lässt.
Von der Regelungsfolgenabschätzung und Nachhaltigkeitsprüfung konnte nach Nummer 4.4.4 der VwV Regelungen abgesehen werden.
Der Digitaltauglichkeits-Check wurde nach Nummer 4.5.1 der VwV Regelungen durchgeführt. Der Gesetzentwurf enthält Dokumentations-, Mitteilungs-, Übermittlungs-, Zustimmungs-, Prüf- und Löschpflichten, welche digitalrelevant sind. Bei der Neufassung dieser Regelungen wurde das digitale Fachrecht beachtet und, soweit möglich, die Regelungen entsprechend digitaltauglich ausgestaltet. Da das Landesamt für Verfassungsschutz eine Vielzahl von Verschlusssachen bearbeitet, ist eine digitale Umsetzung mangels technischer Voraussetzungen nicht in allen Bereichen möglich.
Zusätzliche Kosten für die Privatwirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger entstehen nicht.
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