Der Oberbürgermeister von Renningen, Wolfgang Faißt, spricht im Interview über seine Erfahrungen mit dem Flugplatz Renningen-Malmsheim und der Bundeswehr sowie der US-Army, die den Platz für Absetzübungen nutzen.
Herr Faißt, der Flugplatz Renningen-Malmsheim ist schon seit Jahrzehnten selbstverständlicher Teil ihrer Kommune. Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Bundeswehr und der US-Army, die den Platz für Absetzübungen nutzen?
Wolfgang Faißt: Ich kann zumindest für die letzten 18 Jahre meiner bisherigen Amtszeit sagen, dass sich diese Nachbarschaft insgesamt unproblematisch gestaltet. Mit der militärischen Nutzung des Geländes, das sehr nahe an Renningen liegt, sind kaum negative Auswirkungen verbunden. Unsere Lebensqualität wird nicht beeinträchtigt, weil hier an etlichen Tagen im Jahr Fallschirmspringer abgesetzt werden.
Wie dicht liegt das Gelände an den Wohngebieten?
Faißt: Der Flugplatz grenzt zwischenzeitlich praktisch nahezu an die Wohngebiete an, die nächsten Häuser stehen 250, 300 Meter entfernt. Unser Stadtentwicklungsplan und auch der Regionalplan weisen in diesem Bereich einen unserer Wohnungsbauschwerpunkte aus. In den vergangenen Jahren ist in unmittelbarer Nähe zum Absprunggelände bereits Wohnraum für einige Tausend Menschen entstanden. Und das nächste Neubaugebiet ist hier bereits in Vorbereitung.
Hat sich die unmittelbare Nähe zu dem militärisch genutzten Gelände negativ auf die Grundstückspreise ausgewirkt?
Faißt: Ganz im Gegenteil. Die Preise steigen ständig, natürlich vor allem wegen der niedrigen Zinsen. Unsere Kommune ist bevorzugter Wohnungsbau-Schwerpunkt in der Region Stuttgart – trotz des Bundeswehrstandorts. Ich wohne mit meiner Familie selber dort. Für Kinder ist es eine Attraktion, den Fallschirmspringern zuzuschauen.
Vom Fluglärm ist dagegen nicht jeder begeistert. Gab es nie Beschwerden?
Faißt: Natürlich ist es in den letzten Jahren vereinzelt vorgekommen, dass Hubschrauber zu tief über Renningen geflogen sind und auch mal Gläser im Schrank geklirrt haben. Ist an solch einem Zwischenfall die US-Army beteiligt, können wir unseren direkten Ansprechpartner bei der Bundeswehr kontaktieren, der dann schnell reagiert und die Sache regelt. Das war bisher aber die absolute Ausnahme. Übrigens: Sollte das Forschungszentrum von Bosch hier gebaut werden, wird es durch die Zunahme an Pendlerverkehr wohl eher lauter als bisher werden. Und einen Hubschrauberlandeplatz wird es laut Bebauungsplan auf dem neuen Firmengelände auch geben.
Mit dem Forschungszentrum werden aber vor allem Arbeitsplätze und auch Steuereinahmen verbunden sein. Einer der Vorwürfe lautet ja, dass Renningen von allen Vorteilen profitiert.
Faißt: Das neue Forschungszentrum von Bosch bringt für die ganze Region und auch für den Landkreis Calw große Vorteile, auch für den Landkreis Calw. Es werden hier in erreichbarer Nähe eine Vielzahl an wertvollsten Arbeitsplätzen geschaffen für die heutige Bevölkerung und für nachfolgende Generationen. Die Stadt Renningen profitiert dabei keinesfalls alleine von den Steuereinnahmen, denn die Einkommensteueranteile werden in all jene Kommunen fließen, in denen die Menschen wohnen, die hier arbeiten werden. Und das wird die gesamte Region sein, bis in den Schwarzwald hinein. Zudem werden wir wie gesagt durch die Zunahme an Pendlerströmen sicher die Hauptverkehrsbelastung tragen.
Dennoch wünschen sich manche wohl, dass sich Bosch nicht ausgerechnet den Standort Renningen für eine Erweiterung ausgesucht hätte, was ja die Verlegung des Absetzgeländes notwendig macht. In Haiterbach haben vergangenes Jahr bei einem Bürgerentscheid jedenfalls 59,3 Prozent der Wähler gegen das geplante Absetzgelände für das Kommando Spezialkräfte, KSK, auf dem Fluggelände Dürrenhardter Hof gestimmt.
Faißt: Ich kann grundsätzlich nachvollziehen, dass in solch einem Fall Befürchtungen und Ängste aufkommen. Ich kann aber nochmal versichern, dass wir hier in Renningen wenig mitbekommen haben von den Übungen der Bundeswehr. Und das, obwohl das Gelände sehr nahe an der Stadt liegt. Der Landkreis Calw wirbt ja auch damit, KSK-Standort zu sein. Die Verlegung des Absetzgeländes nach Haiterbach und Nagold würde diesen strategisch wichtigen Bundeswehr-Standort langfristig sichern, auch damit sind ja Vorteile für den Landkreis verbunden. Und was Bosch betrifft: Als alternativer Standort für das Forschungszentrum war meines Wissens auch Singapur im Gespräch, nicht etwa eine andere Kommune in der Region. Es geht hier um die wertvollsten Arbeitsplätze, die unser Land zu bieten hat. Wir können alle froh und dankbar sein, dass diese in unserer Region angesiedelt werden.
Wolfgang Faißt
Wolfgang Faißt ist seit Dezember 2000 Bürgermeister der Stadt Renningen. Zuvor war er unter anderem Leiter des Hauptamtes der Großen Kreisstadt Nagold (1996 – 2000) und Leiter des Hauptamtes der Stadt Blumberg im Schwarzwald-Baar-Kreis (1993 – 1996). Er ist Vorsitzender der Freien Wähler im Landkreis Böblingen und Landesvorsitzender der Freien Wähler Landesverband Baden-Württemberg. Seit 2006 gehört er zudem dem Rechts-, Personal- und Europaausschuss des Gemeindetages Baden-Württemberg an.
Vor seiner beruflichen Laufbahn hat er an der Universität Freiburg Theologie studiert und anschließend ein Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl mit dem Abschluss Diplom-Verwaltungswirt absolviert. Wolfgang Faißt wurde am
24. Februar 1962 in Seelbach (Ortenaukreis) geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.