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Mit der Änderung des Polizeigesetzes soll die erforderliche Rechtsgrundlage zur präventivpolizeilichen Nutzung einer verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform geschaffen werden.

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Im Rahmen des Sicherheitspakets (PDF) hat die Landesregierung im September 2024 beschlossen, eine verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform (VeRA) einzuführen. Mit der Änderung des Polizeigesetzes soll die erforderliche Rechtsgrundlage zur präventivpolizeilichen Nutzung einer VeRA geschaffen werden. Die Polizei verfügt über eine Vielzahl gespeicherter Daten, die derzeit auf verschiedene Datenbanken und Quellsysteme verteilt sind. Die daraus entstehenden Datenmengen sind sehr umfangreich, heterogen strukturiert und zudem oftmals nicht über Schnittstellen miteinander verbunden. Eine manuelle Abfrage aus verschiedenen Datenquellen wird durch die großen Datenmengen sowie verschiedenste Quellen und Dateiformate immer zeitaufwendiger. In zeitkritischen Gefahrenlagen, beispielsweise bei der Verhinderung eines drohenden terroristischen Anschlags, des andauernden sexuellen Missbrauchs zum Nachteil eines Kindes oder einer drohenden schweren Gewalttat, ist eine schnelle Reaktionsfähigkeit ein erfolgskritischer Faktor. Die Verarbeitung gespeicherter personenbezogener Daten im Rahmen einer automatisierten Datenanalyse greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) ein. In seinem Urteil vom 16. Februar 2023 (1 Verfassungsbeschwerde (BvR) 1547/19, 1 BvR 2634/20) hat das Bundesverfassungsgericht jedoch grundsätzlich geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine automatisierte Datenanalyse verfassungskonform geregelt werden kann. Die vorliegende Rechtsgrundlage enthält Regelungen sorgfältig entlang den höchstrichterlichen Vorgaben zum Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Des Weiteren soll eine Rechtsgrundlage zur Erhebung, Verarbeitung und Übermittlung von Standortdaten geschaffen werden, die nach Anwahl der Notrufnummer 110 mittels eines mobilen Endgerätes automatisiert und ohne Interaktion der anrufenden Person generiert wurden. Dies ermöglicht der Polizei unter Nutzung der sogenannten Advanced-Mobile-Location-Technologie (AML-Technologie) eine schnelle Ortung hilfesuchender Personen. In der mit einem Notfall einhergehenden Stresssituation wissen hilfesuchende Personen oftmals nicht genau, wo sie sich befinden, können bei Sprachbarrieren ihren Standort nicht mitteilen oder haben aus medizinischen oder sonstigen Gründen eine eingeschränkte räumliche Orientierung. Auch eine plötzlich unterbrochene Notrufverbindung kann dafür sorgen, dass die betroffenen Personen ihren Standort nicht mitteilen können. Aufgrund europarechtlicher Vorgaben werden die Standortdaten mobiler Endgeräte bei Anwahl einer nationalen Notrufnummer automatisiert erhoben und unabhängig von föderalen Strukturen an einen sogenannten AML-Endpunkt übermittelt. Das Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei soll für die Notrufnummer 110 bundesweit als AML-Endpunkt fungieren und die automatisch übermittelten Standortdaten den zuständigen Polizeien der Länder zum Abruf zur Verfügung stellen.

Schließlich soll eine Rechtsgrundlage zur Verarbeitung von Daten bei der Entwicklung, dem Training, dem Testen, der Validierung und der Beobachtung von informationstechnischen Produkten außerhalb von rein wissenschaftlichen Forschungsarbeiten geschaffen werden. Erfolgreiche Polizeiarbeit erfordert moderne und sachgerechte polizeiliche Befugnisse und vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung auch den Einsatz neuer Technologien – unter anderem solcher, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) im Sinne der Verordnung (EU) 2024/1689 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nummer 300/2008, (EU) Nummer 167/2013, (EU) Nummer 168/2013, (EU) 2018/858, (EU) 2018/1139 und (EU) 2019/2144 sowie der Richtlinien 2014/90/EU, (EU) 2016/797 und (EU) 2020/1828 (KI-VO) ausgestattet sind. Gerade KI-Anwendungen benötigen jedoch zur Entwicklung und zum Testen realitätsnahe Trainingsdaten. Eine zielgerichtete Entwicklung und Validierung ist daher in vielen Fällen nur durch die Nutzung polizeispezifischer – in aller Regel auch personenbezogener – Daten möglich. Damit informationstechnische Systeme einschließlich KI-Systemen und KI-Modellen im Sinne der KI-VO ordnungsgemäß getestet und trainiert werden können, bedarf es zur Verarbeitung personenbezogener Daten einer entsprechenden Rechtsgrundlage.

Weitere Informationen aus dem Vorblatt des Gesetzentwurfs

Kommentare : zur Änderung des Polizeigesetzes

Sie konnten den Gesetzentwurf bis zum 19. August 2025 kommentieren. Vielen Dank für Ihre Kommentare!

1. Kommentar von :PeTri41039

Palantir

Wird Zeit dass die Schnittstellen der diversen Datenbanken kompatibel gemacht werden, aber Palantir von Peter Thiel dafür zu kaufen ist ein no-go!

2. Kommentar von :ohne Name 82119

Zu teuer!

Die jährlichen Kosten sind astronomisch! Ich sehe nicht, wie diese Unmengen an Geld dafür gerechtfertigt sind, wenn Menschen unter der Armutsgrenze leben, es nicht genügend Sozialwohnungen gibt und deshalb der Rechtsextremismus in Deutschland zunimmt. Wir brauchen keine Notlösungen, sondern echte Lösungen für die Ursachen der steigenden

Die jährlichen Kosten sind astronomisch! Ich sehe nicht, wie diese Unmengen an Geld dafür gerechtfertigt sind, wenn Menschen unter der Armutsgrenze leben, es nicht genügend Sozialwohnungen gibt und deshalb der Rechtsextremismus in Deutschland zunimmt.
Wir brauchen keine Notlösungen, sondern echte Lösungen für die Ursachen der steigenden Kriminalität. Die Antwort ist fast immer die gleiche: Armut.
Das Leben in einem Polizei- oder Militärstaat führt nicht zu weniger Kriminalität, sondern zu mehr Kriminalität aufgrund von Hass und Verzweiflung.
Wenn wir auch noch die Einmischung in das GG und EG erwähnen, werden wir ziemlich bald keine Rechte mehr haben. Oder Rechte, die nicht im Interesse der Bevölkerung sind.
Daher aus meiner Sicht definitiv NEIN.

3. Kommentar von :Manfred Wogrin

Änderung des Polizeigesetzes

Es ist höchste Zeit, dass durch eine Einmalabfrage in den polizeilichen Datensystemen alle bestehenden Erkenntnisse aus der Vielzahl der bestehenden Datenbanken mitgeteilt werden. Wichtig ist, dass deutlich erkennbar ist, welche Rolle die abgefragte Person bei den übermittelten Erkenntnissen hat.

4. Kommentar von :HoschIchenheim@t-online.de

Datenschutz

In der Erläuterung zu Gesetzentwurf vermisse ich eine Stellungnahme des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Oder habe ich sie übersehen? Jedenfalls lese ich in vielen Medien, daß die Anschaffung von Palantir unter datenschutzrechtlichen Aspekten als sehr kritisch gesehen wird. Als Laie kann ich letztlich nicht

In der Erläuterung zu Gesetzentwurf vermisse ich eine Stellungnahme des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Oder habe ich sie übersehen?

Jedenfalls lese ich in vielen Medien, daß die Anschaffung von Palantir unter datenschutzrechtlichen Aspekten als sehr kritisch gesehen wird. Als Laie kann ich letztlich nicht beurteilen, wie hoch beispielsweise das Risiko der Datenabschöpfung in die USA zu bewerten ist. Da wäre es doch sinnvoll, die beim Landesbeauftragten vorhandene Kompetenz zu nutzen und seine Stellungnahme dann auch (presse-) öffentlich zu machen.

Alternativen gibt es angeblich keine. In der Presse war zu lesen, daß es aber hierzulande Leute gibt, die sich mit solchen Möglichkeiten beschäftigen, nur noch nicht ganz so weit sind. Warum fördert man diese nicht und wartet nicht ab, bevor man sich dem fragwürdigen Inhaber eines Konzerns an den Hals wirft?

5. Kommentar von :Willi 30001

Änderung des Polizeigesetzes

Eine digitale Zusammenführung der unterschiedlichen Informationen und Datensätze ist mit den heutigen Möglichkeiten längst überfällig. Das sollte m.E. wegen des unkomplizierteren und schnelleren Zugriffs auf die Daten auch zu Zeit- und damit Kosteneinsparungen führen. Eine Kontrolle und Gewährleistung der Sicherheit der Daten beim

Eine digitale Zusammenführung der unterschiedlichen Informationen und Datensätze ist mit den heutigen Möglichkeiten längst überfällig. Das sollte m.E. wegen des unkomplizierteren und schnelleren Zugriffs auf die Daten auch zu Zeit- und damit Kosteneinsparungen führen.
Eine Kontrolle und Gewährleistung der Sicherheit der Daten beim Software-Anbieter ist aber unerlässlich

6. Kommentar von :KCM

VeRA

Ich halte das für unausgegoren, übereilt, fehlerhaft. Auch ist merkwürdig, wie das ohne Wissen des Innenministers sein kann.

7. Kommentar von :ohne Name 4328

Datenschutz wird immer weiter ausgehöhlt

Ich lehne die Änderung ab. Polizeibefugnisse werden zur klammheimlichen Überwachung der Bürger immer weiter erweitert, Schritt für Schritt. Und das ganze wird immer begründet mit Terrorismusbekämpfung und Schutz der Kinder vor Mißbrauch. Das ist natürlich raffiniert, denn wer soll schon etwas dagegen haben. Technologien werden immer

Ich lehne die Änderung ab. Polizeibefugnisse werden zur klammheimlichen Überwachung der Bürger immer weiter erweitert, Schritt für Schritt. Und das ganze wird immer begründet mit Terrorismusbekämpfung und Schutz der Kinder vor Mißbrauch. Das ist natürlich raffiniert, denn wer soll schon etwas dagegen haben.
Technologien werden immer leistungsfähiger und Konzerne möchten ihre Produkte verkaufen. Als nächstes möchten die Chinesen ihre Überwachungssoftware bei uns verkaufen. Social Scoring ist dann nicht weit. Ein Herr Strobl würde auch das sicherlich gerne einführen. Warum nur werden Innenminister fast immer auch automatisch zu Grundrechtsabbauminister?
Der Hohn ist ja, dass die Polizeigesetzänderung so lapidar als „alternativlos“ bezeichnet wird. Unglaublich!
Nicht alles was technisch möglich ist, muss auch umgesetzt werden. Wir sollten ein klares Nein zur Überwachung, sondern ein klares Ja zur Freiheit abgeben - selbst mit dem Risiko, dass manche Kriminelle nicht überführt werden können. Aber es schützt auch Unbeteiligte, die durch falsche Algorithmen plötzlich in obskure Verdachtsmomente geraten könnten.
Deswegen ein klares Nein zu noch mehr Überwachung durch Verknüpfung verschiedenster Systeme. Nein zu Palantir - erst recht nicht, wenn die Funktionsweise dieses Systems nicht klar offengelegt wird und womöglich noch Daten in die USA abfließen.

8. Kommentar von :Hanno Wagner

Viel Geld, was besser in (Aus-)Bildung und Aufbau von Personen gesteckt werden sollte

10 Millionen Euro jährlich für eine Software und Infrastruktur, die nicht von den Behörden selbst sondern einem ausländischen Dienstleister kontrolliert und gesteuert wird, denen wichtige sensible Daten über Bürger übergeben werden (die teilweise nicht wegen Verbrechen gespeichert sind sondern nur in Polizei-Datenbanken sind weil sie Zeugen sind

10 Millionen Euro jährlich für eine Software und Infrastruktur, die nicht von den Behörden selbst sondern einem ausländischen Dienstleister kontrolliert und gesteuert wird, denen wichtige sensible Daten über Bürger übergeben werden (die teilweise nicht wegen Verbrechen gespeichert sind sondern nur in Polizei-Datenbanken sind weil sie Zeugen sind oder nur in der Nähe eines Tatorts) ist nicht der seriöse Umgang mit Steuergeldern oder den Daten der Bürger, der mir vorschwebt.
Insbesondere, da der Hersteller aus den USA stammt und damit - wie der französische Microsoft-Mitarbeiter unter EId zugeben musste - US-Geheimdienste alle Daten abgreifen dürfen und können, ohne das der Hersteller(!) dies weiss und/oder unterbinden kann, ist es für die Bürger sehr gefährlich, das diese Daten in der Software gespeichert werden. Selbst wenn einige Funktionen der Software nicht aktiviert werden, sind die Daten dafür vorhanden, die Funktionen später einzusetzen - mit den bereits vorhandenen Daten.
Nehmen Sie Abstand von dem Vorhaben, Gotham hier in Baden-Württemberg einzusetzen. Nutzen Sie das Geld lieber, eine eigene, europäosche, unserem Datenschutzstandard entsprechende Lösung zu bauen oder - noch besser - Polizeibeamte auszubilden, die dringend benötigt werden. Wir brauchen die Polizei präsent, als Freund und Helfer, nicht als drohendes Auge das alles sieht und nachforschen kann, egal wann und wo man etwas gemacht hat.

9. Kommentar von :FlächenschützerMaBoeh
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10. Kommentar von :Philip Köngeter

Ablehnung der geplanten Einführung von Datenanalyseplattformen im Rahmen der Polizeigesetz-Novelle BW

Die geplante Novellierung des Polizeigesetzes, insbesondere im Hinblick auf die Ermöglichung des Einsatzes von Datenanalyseplattformen wie Palantir Gotham, lehne ich entschieden ab. Derartige Systeme stellen ein erhebliches Risiko für die Grundrechte, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der Einsatz von Software zur

Die geplante Novellierung des Polizeigesetzes, insbesondere im Hinblick auf die Ermöglichung des Einsatzes von Datenanalyseplattformen wie Palantir Gotham, lehne ich entschieden ab. Derartige Systeme stellen ein erhebliches Risiko für die Grundrechte, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Der Einsatz von Software zur automatisierten Datenverknüpfung und Mustererkennung im Rahmen der Gefahrenabwehr bedeutet eine erhebliche Ausweitung polizeilicher Befugnisse. Es besteht die Gefahr, dass ohne konkreten Tatverdacht große Datenmengen aus verschiedensten Quellen zusammengeführt und ausgewertet werden – was faktisch zu einer anlasslosen Rasterung der Bevölkerung führen kann.

Zudem ist die Funktionsweise von Systemen wie Palantir nicht öffentlich nachvollziehbar, was rechtsstaatliche Transparenz und Kontrolle massiv einschränkt. Die fehlende algorithmische Nachvollziehbarkeit widerspricht grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Prinzip der Normenklarheit.

Aus kriminalistischer Sicht ist die Wirksamkeit solcher Systeme bislang nicht belegt. Vielmehr zeigen internationale Beispiele, dass der Einsatz von Predictive-Policing-Technologie zu diskriminierenden Effekten und Fehlentscheidungen führen kann.

Ich fordere daher die vollständige Überarbeitung des Gesetzesentwurfs mit besonderem Augenmerk auf den Schutz der Grundrechte, digitaler Souveränität und die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien. Der präventive Einsatz intransparenter Analysewerkzeuge ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nicht akzeptabel.