Politischer Rahmen

Wozu braucht es jetzt noch ein Bürgerforum? Davon abgesehen, dass doch zu diesem Thema schon alles gesagt und diskutiert wurde, warum spricht man nicht einfach mit denen, die es unmittelbar betrifft? Nämlich die Schüler*innen und Lehrer*innen? Warum ignoriert die Landesregierung vehement die unzähligen Stimmen, die sich für G9 aussprechen und initiiert nun ein Forum, in dem zufällig Ausgewählte alles nochmal diskutieren sollen? Die vielleicht gar nicht betroffen sind, oder ein paar ewig gestrige, die meinen, die Jugend von heute wäre eh nur am Jammern und die Eltern sowieso? Das Geld für diese Kampagne könnte man gut in ein paar neue Lampen in unserer Schule investieren, da sitzen die Kinder noch unter Neonröhren von anno dazumal. Oder neue Fenster, ach die Liste ist endlos ...

Kein Wunder übrigens, dass immer mehr Menschen sich derart ignoriert & missachtet den rechten Parteien zuwenden. Die Bedürfnisse von Kindern & Familien werden ignoriert, damit der "heilige" Koalitionsvertrag eingehalten und am G8 trotz katastrophaler Erfahrungen, sinkendem Bildungsniveau und Schülern ohne Kindheit nicht gerüttelt wird.
Wir haben ein riesiges Problem und treiben die Menschen in die Arme der AfD. (Die würden unsere Probleme zwar auch nicht lösen, aber sie tun zumindest so.. Und das scheint manchmal vielleicht besser als gar nichts). Das kann doch nicht das Ziel sein!

Und wieder einmal ignoriert die Politik die Betroffenen:

- Eltern & Schüler wollen (mehr) G9. Das ist unschwer an der hohen Nachfrage nach den wenigen G9-Möglichkeiten zu erkennen. Die Bildungsinteressen und -chancen der abgewiesenen Kinder scheinen niemanden zu interessieren.

- Erfahrene Fachleute und deren Verbände werden ignoriert. Warum sind als "Impulsgeber" der Beamtenbund & DGB genannt, weitgehend fachfremd, aber die Hauptvertretung der gymnasialen Lehrkräfte, der Philologenverband, nicht einmal erwähnt? Das sind die Fachleute, die seit Jahrzehnten die Auswirkungen der Bildungspolitik erleben und ausbaden müssen. Ihre Kompetenz, ihre Erfahrung und - nicht zu vergessen - ihr Engagement für das Bildungssystem sollte genutzt werden.

- Alibimäßig wird jetzt ein Bürgerforum eingerichtet. Das Praktische dabei: Falls es die Position der Landesregierung bestätigen sollte, ist alles paletti: "Der Bürger will es so, wir haben alles richtig gemacht". Andernfalls sind die Ergebnisse ja zum Glück nicht verbindlich und können einfach unter den Teppich gekehrt werden. Das wirkt wie der peinliche Versuch, das krampfhafte Festhalten an den eigenen Ideologien "demokratisch" zu legitimieren.

Fragen Sie doch einfach mal die Betroffenen! Und hören Sie ihnen endlich einmal zu!

Überall, wo es die G9 "Versuchs"-Schulen gibt: Abstimmung mit den Füßen, Run auf die Plätze aber viele werden abgewiesen -- Gerechtigkeit sieht anders aus.

Überall, wo man in andere Bundesländer schaut: Rückkehr oder Wahlmöglichkeit zu G9.

Nur "The Läääänd" eiert rum, weil nach derzeit gültiger Ideologie nicht sein darf, was nicht sein soll.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr: Studien zeigen, dass Erfahrungen mit ehrenamtlichen Aufgaben aus der Jugend in Zusammenhang mit gesellschaftlichem Engagement im Erwachsenenalter stehen. Wenn Vereine beklagen, dass die Jugendarbeit durch die hohen Stundenzahlen am Gymnasium unter Druck gerät, heißt dies nicht nur für die Schulzeit, sondern auch für das Erwachsenenleben, dass gesellschaftliche Kontaktflächen, die unterschiedliche Milieus zusammenführen, durch das gegenwärtige G8 zusätzlich unter Druck gesetzt werden.

Es wird immer wieder angemerkt, das Abitur an Gemeinschaftsschulen sei eine Option, wenn man G9 wolle.
Für mich als Vater dreier Kinder kommt die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule nicht in Frage. Die Realität an den meisten Gemeinschaftsschulen ist, dass es kaum Oberstufenlehrer*innen gibt, und wenn, sind sie widerwillig da und stellen Versetzungsanträge. Wie soll da eine Begeisterung der Lehrkräfte aufkommen?
Zudem sind viele der Gemeinschaftsschulen aus Haupt- bzw. Werkrealschulen hervorgegangen. Trotz des veränderten Namens und des veränderten Konzepts hat sich vielerorts das Klientel nicht geändert.
Ich finde es sehr gut und notwendig, dass auch diese Kinder mit einer guten Förderung zum Abitur geführt werden, das Niveau des Gymnasiums kann m.E. so aber nicht erreicht werden.
Wir als hochinnovatives Bundesland brauchen das Gymnasium für die begabten Kinder, die unser Land weiter bringen. Und um Innovationsfähigkeit zu vermitteln braucht es Zeit. Also 9 Jahre am allgemeinbildenden Gymnasium.