Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft nimmt zusammenfassend wie folgt Stellung zu den Kommentaren, die zur Novelle des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg eingegangen sind.
Die zahlreich abgegebenen Stellungnahmen setzen sich differenziert mit dem Gesetzentwurf auseinander. Neben Kritik – im Detail oder grundsätzlicher Art – wird der Gesetzentwurf auch begrüßt und weitergehende Ambition insbesondere in den nicht von dem Entwurf erfassten Regelungsbereichen gefordert. Die Stellungnahmen wurden ausgewertet, haben jedoch kaum Anlass zur Änderung des Gesetzentwurfs gegeben. Nachfolgend wird auf die schwerpunktmäßig erfolgten Rückmeldungen eingegangen.
Vielfach betrifft Kritik Bestimmungen, die der Gesetzentwurf unverändert fortführt und die bereits im geltenden Recht, im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg, verankert sind. Dies betrifft insbesondere Hinweise und Änderungsvorschläge zur kommunalen Wärmeplanung, zu den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens, den Klimavereinbarungen mit Unternehmen, den Pflichten zur Installation von Photovoltaikanlagen, der Erfassung der Energieverbräuche durch Unternehmen sowie die freiwillige Erstellung von Klimamobilitätsplänen. Hierauf wird im Folgenden nicht näher eingegangen, da es sich um „Altregelungen“ handelt.
Grundsätzliche Kritik wird zum Beispiel an dem Ansatz des Klimaschutzes auf Landesebene geübt. Es wird dabei die Relevanz des Beitrags Baden-Württemberg zum globalen Klimaschutz in Abrede gestellt. Dazu führt aber der Gesetzentwurf bereits in § 3 Absatz 1 Satz 2 des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg (KlimaG BW) allgemein aus, dass auch geringen Beiträgen zum Klimaschutz Bedeutung zukommt. In der Begründung dieser Regelung wird dabei zudem auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, die diesen allgemeinen Gedanken aufgreift und unterstreicht. Zudem ist mit Blick auf die statistische Erfassung der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg mit – trotz den von den Auswirkungen der Corona-Pandemie signifikant verringerten – rund 69 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalenten im Jahr 2020 von keinem zu vernachlässigenden Beitrag des Landes zum globalen Klimawandel auszugehen.
Daneben wird für den Energiebereich etwa die allgemeine Forderung aufgestellt, an der zivilen Nutzung der Kernenergie festzuhalten. Dies liegt jedoch außerhalb der Gesetzgebungskompetenzen des Landes. Vielfach betreffen die Kommentare den Entwurf des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg. Vereinzelt wird kritisiert, dass die dortigen Vorgaben zu unverbindlich seien. Beispielhaft wird diesbezüglich auf Bestimmungen abgestellt, die ein „Sollen“ oder „Unterstützen“ vorsehen. Dabei muss allerdings differenziert werden, ob es sich um „Soll-Vorschriften“ handelt, die auf den Verwaltungsvollzug gerichtet sind, oder es sich um politische Zielsetzungen handelt. Im erstgenannten Fall entspricht die „Soll-Vorschrift“ einer Vorgabe, wie in der Regel vorzugehen ist, falls nicht ein atypischer Sachverhalt eine Ausnahme erfordert. Demgegenüber ist im Fall einer politischen Zielsetzung der Verbindlichkeitsgrad naturgemäß deutlich verringert und besteht lediglich eine politische Verantwortlichkeit für das Einhalten der Vorgabe durch das jeweilige Organ beziehungsweise die jeweilige Stelle.
Bezüglich der Klima-Rangfolge in § 3 KlimaG BW wird vereinzelt die Umkehr der Reihenfolge – Klimawandelanpassung vor Klimaschutz – gefordert. Dem kann jedoch schon aus fachlichen Gesichtspunkten nicht gefolgt werden: Klimawandelanpassung ohne höchst ambitionierten Klimaschutz ist nicht geeignet, den unvermeidbaren Folgen des Klimawandels effektiv begegnen zu können, das heißt die Anpassung an den Klimawandel kann nur Erfolg haben, wenn gleichzeitig die Klimaerwärmung durch effektive Klimaschutz-Maßnahmen auf ein bestimmtes Temperaturniveau begrenzt wird. Daher wurde im Gesetz die Klima-Rangfolge eingeführt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in einzelnen Sektoren oder zum Beispiel bezüglich natürlicher Kohlenstoffspeicher Klimawandelanpassungsmaßnahmen von besonders hoher Bedeutung sind, um einen Klimaschutzbeitrag leisten zu können. Bereits heute sieht die Landesregierung in der Anpassung an den Klimawandel eine zentrale Aufgabe und adressiert diese unter anderem in der Strategie zur Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels, gerade auch vor dem Hintergrund sich verändernder Klimabedingungen.
Teilweise wird die Forderung aufgestellt, Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe auszugestalten und die Gemeinden und Gemeindeverbände mit entsprechenden Mitteln auszustatten. Hiervon wird jedoch abgesehen. Im bisherigen Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg sind bereits einzelne Klimaschutzaufgaben als kommunale Pflichtaufgaben ausgestaltet worden (kommunale Wärmeplanung, Pflicht zur Erfassung der Energieverbräuche). Der Begriff „Klimaschutz“ ist darüber hinaus zu vielgestaltig, als dass mit einer entsprechenden globalen gesetzlichen Verankerung ein praktischer Mehrwert verbunden wäre.
Vereinzelt wird angenommen, dass der Gesetzentwurf einen absoluten Vorrang des Klimaschutzes gegenüber anderen Belangen insinuiert. Dies ist allerdings unzutreffend und findet weder im Wortlaut des Gesetzentwurfs noch im Begründungsteil entsprechende Anknüpfungspunkte.
Beim Kohlenstoffdioxid-Schattenpreis wird neben weiteren Einzelanmerkungen die Erstreckung des Anwendungsbereichs auf die Kommunen beziehungsweise die gesamte öffentliche Hand verlangt. Hiervon wird aber abgesehen. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht das Instrument ausdrücklich nur für ein bestimmtes Tätigwerden des Landes vor. Im Übrigen sollen die Gemeinden und Gemeindeverbände dem Anhörungsentwurf entsprechend weiterhin nur mit einer Empfehlung zur freiwilligen Einführung erreicht werden.
Die vorgesehenen Sektorziele für das Jahr 2030 werden begrüßt, aber weitergehende Anforderungen angemahnt. Es wird verlangt, dass ein gesetzliches Budget an verbliebenen zulässigen Treibhausgasemissionen für Baden-Württemberg aufgestellt wird. Ohne eine Anbindung an ein solches Budget und verbindliche jährliche Minderungsziele seien die Sektorziele bedeutungslos. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Festlegung regionaler Treibhausgasbudgets höchst komplex ist und die fachlichen Grundlagen hierzu bislang noch nicht vorliegen. Allerdings kann gemäß § 16 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c KlimaG BW der Budget-Ansatz künftig beim Monitoring Berücksichtigung finden. Darüber hinaus wird – entgegen einzelner Forderungen – davon abgesehen, jährliche Sektorziele aufzustellen.
Es wird kritisiert, dass die Maßnahmen des Klima-Maßnahmen-Registers nicht mit Blick auf das jeweils vorhandene Treibhausgasminderungspotenzial quantifiziert würden und kein ausreichendes Zielverfehlungsregime bestehe, falls es zu einer Verfehlung der Klimaschutzziele kommt. Diese Kritik verkennt, dass im Rahmen des Monitorings die für den jeweiligen Sektor federführend verantwortlichen Ministerien jährlich über die Notwendigkeit neuer Maßnahmen in das Klima-Maßnahmen-Register befinden müssen („Ressortverantwortlichkeit“). Dabei entscheidet nach der Entwurfsbegründung das federführend verantwortliche Ministerium eigenverantwortlich, ob die Benennung weiterer Maßnahmen aus seiner Sicht unter Heranziehung der durch das Statistische Landesamt für den jeweiligen Berichtszeitraum ermittelten Emissionsdaten erforderlich ist. Zudem dient das Klima-Maßnahmen-Register der Landesregierung als Entscheidungs- und Überprüfungsgrundlage, ob sich das Land auf dem Pfad zur Erreichung der Klimaschutzziele sowie der Sektorziele befindet, worüber die Landesregierung jährlich Beschluss fassen muss (§ 14 Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 Satz 1 KlimaG BW).
Hinsichtlich der Anmerkungen zum Landesflächenziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien gemäß § 19 KlimaG BW ist darauf hinzuweisen, dass nach der Anhörung das Landesflächenziel an das Windenergieflächenbedarfsgesetz angepasst wird und die Bestimmung damit eine andere Fassung erhält.
Bezüglich der Bestimmung zur Photovoltaikpflicht auf Gebäuden im Eigentum des Landes und zur Photovoltaik auf Parkplätzen des Landes sowie Ladeinfrastruktur (§ 22 KlimaG BW, akt. § 24) wird auf Bedenken hinsichtlich eines bedarfsunabhängigen, nicht an den örtlichen Gegebenheiten ausgerichteten Ausbaukonzeptes hingewiesen. Es sei nicht gewährleistet, dass die Verpflichtungen der Absätze 2 und 3 so in Deckung zu bringen sind, dass Ladeinfrastruktur und Photovoltaikanlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Darüber hinaus wird vorgebracht, dass erheblicher finanzieller Mehrbedarf für Sach-, Planungs- und Personalkosten entstehe, der notwendigerweise landesseitig auszugleichen ist. Die Bedenken sind grundsätzlich nachvollziehbar, an der Bestimmung, die Ausprägung der Vorbildfunktion des Landes beim Klimaschutz ist, wird trotz haushalterischer und gegebenenfalls steuerrechtlicher Konsequenzen für das Land dennoch festgehalten. Im Rahmen des Energie- und Klimaschutzkonzepts für Landesliegenschaften soll das Finanzministerium eine Priorisierung für die Bestimmungen nach Absatz 2 vornehmen können. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zunächst die Parkplätze mit Photovoltaik und Ladeinfrastruktur ausgestattet werden, die das größte Potenzial haben oder bei denen nutzungsbedingt ein vorrangiger Bedarf besteht. Daneben soll auch die Möglichkeit genutzt werden, die Parkplätze mit Photovoltaik auszustatten, um den damit erzeugten Strom direkt zum Laden der Fahrzeuge zu verwenden und auf diese Weise das öffentliche Stromnetz zu entlasten.
Die in der Landesbauordnung für Baden-Württemberg vorgesehene Privilegierung einer Aufstockung um bis zu zwei Geschosse bei der Berechnung von Abstandsflächen unter näheren Maßgaben wird abgelehnt. Es erschließe sich nicht, warum die Vorgaben bei Neubauten zu wahren seien, nicht aber in den Fällen, in denen die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt. An der Bestimmung wird jedoch festgehalten. Mit der Gesetzesbegründung ist darauf hinzuweisen, dass die damit verbundene begrenzte Einschränkung des Nachbarschutzes angesichts des hohen öffentlichen Interesses an den Zielen der Flächeneinsparung und damit des Klimaschutzes, aber auch der Schaffung zusätzlichen Wohnraums, wozu Aufstockungen wirksam beitragen können, verhältnismäßig ist. Die Anbindung an eine 5-Jahres-Mindestfrist kann dabei eine missbräuchliche Umgehung der Abstandsvorschriften verhindern helfen.
Bei den vorgesehenen Änderungen im Denkmalschutzgesetz (DSchG) werden bezüglich § 6 keine inhaltlichen Einwände erhoben, aber eine Korrektur zur besseren Verständlichkeit der Bestimmung angemahnt. Dieser Gedanke wird aufgegriffen. Die Änderungen bei den §§ 7 und 15 DSchG werden als problematisch und für den Denkmalschutz nachteilhaft betrachtet. An den beiden Regelungsentwürfen wird jedoch im Interesse des Ausbaus der erneuerbaren Energien und vor dem Hintergrund der dringend notwendigen raschen Reduzierung von Treibhausgasen festgehalten.
Mit Blick auf das Landeswaldgesetz wird einerseits gefordert, zehn Prozent als dauerhafte Prozessschutzflächen auch im „Kommunalwald“ vorzusehen, andererseits werden zehn Prozent Prozessschutzfläche im Staatswald kritisch gesehen. Von einer Änderung wird wegen des bereits erreichten Verfahrensstands bei der Novelle abgesehen. Eine solche Zielvorgabe ist als Ausdruck der Vorbildfunktion des Staatswalds zu verstehen und adressiert insbesondere Naturschutzziele.
Ohne Anknüpfungspunkt an die oben genannten gesetzlichen Bestimmungen werden darüber hinaus weitere Forderungen, die nicht Gegenstand des Regelungsvorhabens sind, aufgestellt: generelle Vorgabe einer Fassaden- und Dachbegrünungspflicht, Verpflichtung zu Dekarbonisierungsfahrplänen für Wärmenetzbetreiber, Verpflichtung zu Klimaschutzkonzepten auf der Ebene der Landkreise und Regionalverbände, Erhebung einer Maut auf Landes- und Kommunalstraßen sowie Restriktionen bei der zulässigen Geschwindigkeit im Straßenverkehr, beim Straßenbau, beim Flugverkehr und dem Flächenverbrauch.
Vereinzelt wird zudem angemerkt, dass bei dem Gesetzentwurf von einer Berechnung und Darstellung des Erfüllungsaufwands abgesehen wurde. Hintergrund für das Absehen von entsprechenden Angaben ist eine Entscheidung der Amtschefs der Ministerien aus dem Frühjahr 2022, die inzwischen verstetigt wurde. Danach war die Pflicht zur Berechnung der Folgekosten neuer Landesregelungen mit Blick auf die Bindung der Personalkapazitäten in den Ressorts aufgrund der Bewältigung der aktuellen Krisenlagen zunächst bis zum Ende des Jahres 2022 auszusetzen.