Informationen zum Klimaschutzgesetz
Das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg stammt ursprünglich aus dem Jahr 2013. Es wurde erstmals im Jahr 2020 geändert. Nach der Landtagswahl 2021 haben die beiden Regierungsparteien den Klimaschutz als zentrales Anliegen in dieser Wahlperiode vorgesehen. Daher wurden im vergangenen Jahr bereits wesentliche Punkte aus dem Koalitionsvertrag im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verankert (zum Beispiel ambitionierte Klimaschutzziele für die Jahre 2030 und 2040 und die Erweiterung der Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen). In diesem Jahr sollen weitere Anliegen, auf die sich die Regierungsparteien geeinigt haben, in Gesetzesform gebracht werden.
Anders als bei der letzten Änderung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg werden nun nicht mehr einzelne Änderungen an diesem Gesetz vorgenommen. Vielmehr wird das ganze Gesetz neu gefasst und zu einem „Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg“ fortentwickelt. Dieses Einzelgesetz bildet den Artikel 1 des insgesamt 29 Artikel umfassenden Gesetzes. Mit einem solchen „Artikelgesetz“ können mehrere Gesetze „in einem Durchgang“ geändert werden. Dies ist nötig, da mit dem Gesetz der Schutz des Klimas und die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels in weiteren Rechtsvorschriften des Landes erstmalig verankert oder zusätzlich gestärkt werden sollen.
Mit der Fortentwicklung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg zu einem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg wird die zunehmende Notwendigkeit der Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels unterstrichen.
Daneben sind folgende Änderungen wesentlich:
- erstmalige gesetzliche Verankerung von Treibhausgasminderungszielen für einzelne Sektoren bis zum Jahr 2030,
- gesetzliche Verankerung des Klima-Maßnahmen-Registers, das an die Stelle des bisherigen Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts tritt,
- Einführung eines CO2-Schattenpreises bei Baumaßnahmen und Beschaffungen des Landes,
- Einführung eines „Klima-Vorbehalts“ für neue und fortzuschreibende Förderprogramme des Landes,
- Festschreibung von Energieeinsparung, -effizienz und erneuerbaren Energien sowie des Verteilnetzausbaus als Maßnahmen, die im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen,
- Finanzierung von Koordinatorinnen und Koordinatoren für Mobilität und Klimaschutz bei den Landkreisen
Mit der gesetzlichen Festlegung von Treibhausgasminderungszielen für die Sektoren
- Energiewirtschaft,
- Industrie,
- Verkehr,
- Gebäude,
- Landwirtschaft,
- Abfallwirtschaft und Sonstige sowie
- Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft
wird das Klimaschutzziel für das Jahr 2030 für einzelne Emittentengruppen heruntergebrochen und handhabbar gemacht. Es werden die Beiträge zum Klimaschutz deutlich, die in diesen Bereichen zu leisten sind. Den Zielen kommt mit der gesetzlichen Verankerung ein erhöhtes Maß an Verbindlichkeit zu. Es werden zudem verantwortliche Ministerien benannt, die auf die Einhaltung der Ziele im jeweiligen Sektor hinwirken müssen.
Die Regelung zum Klima-Maßnahmen-Register setzt das neue Konzept zur Aufstellung, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen der Landesregierung zum Schutz des Klimas um. Es steht in engem Zusammenhang mit der Festlegung der Sektorziele für das Jahr 2030. Aufgrund des verbleibenden Zeitraums von lediglich acht Jahren bis zum Ende des Jahrzehnts, kann mit dem Klima-Maßnahmen-Register bei der Benennung von weiteren Klimaschutzmaßnahmen die erforderliche deutliche Beschleunigung gegenüber dem bisherigen IEKK erzielt werden.
Förderprogramme des Landes sind künftig bei erstmaligem Erlass, ihrer Fortschreibung oder Änderung auf die Vereinbarkeit mit dem Zweck des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg und den Klimaschutzzielen zu prüfen. Die Prüfung findet durch das Ministerium statt, das das Förderprogramm verabschieden will. Dabei ist das Prüfergebnis zu den Akten zu nehmen. Die Einzelheiten werden in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Im Ergebnis sollen schrittweise Subventionen mit nachteiligen Folgen für das Klima abgebaut und beendet werden.
Die heutige Lebens- und Wirtschaftsführung bringt vielfach die Belastung der Umwelt mit sich (Zum Beispiel motorisierter Individualverkehr, Abbau und Nutzung von fossilen Brennstoffen). Für diese Inanspruchnahme der Umwelt wird vielfach kein Preis entrichtet. Vielmehr „zahlt“ die Umwelt dafür mit ihrer Schädigung. Bei Tätigkeiten, die mit dem Ausstoß von Treibhausgasen verbunden sind, werden die Atmosphäre belastet und der natürliche Treibhauseffekt durch menschliche Beiträge verstärkt („Klimawandel“). Der CO2-Schattenpreis ist ein Instrument, um die Kosten der Umwelt, die durch den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid entstehen, sichtbar zu machen. In Baden-Württemberg soll künftig bei der Planung von Baumaßnahmen des Landes und bei der Beschaffung durch das Land pro Tonne CO2, die über die Lebensdauer der jeweiligen Maßnahme entsteht, rechnerisch ein Preis, der aktuell 201 Euro beträgt, zugrunde gelegt werden. Der klimaschädliche Einsatz von Finanzmitteln durch das Land wird dadurch verteuert und in der Folge reduziert oder ganz davon abgesehen. Neben der Regelung im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg wird der CO2-Schattenpreis zusätzlich noch auf der Ebene einer Rechtsverordnung und einer Verwaltungsvorschrift geregelt.
Mit dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg soll das Land Baden-Württemberg im Lichte der internationalen und nationalen Verpflichtungen zur Erreichung von „Netto-Treibhausgasneutralität“ seinen Beitrag leisten. Diese Zielsetzung ist bei einem Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen aus Quellen und dem Abbau von Treibhausgasen durch Senken erreicht. Lebensnah wird aber auch nach dem Zieljahr 2040 menschliches Leben mit einem Rest-Ausstoß von Treibhausemissionen verbunden bleiben, da aus technischen Gründen nicht sämtliche Tätigkeiten vollständig klimaneutral wahrgenommen werden können. Für diese Restemissionen bedarf es dann natürlicher Speicher wie Moore oder Wälder, die die überschüssigen Treibhausgase aufnehmen und speichern. Daher gilt es, diese Speicher zu erhalten, zu schützen und aufzubauen.
Mit den Änderungen soll der Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere der Photovoltaik unterstützt werden.
Mit der Änderung werden die Gemeinden in den Stand versetzt, im Interesse des Klimaschutzes örtliches Satzungen zu erlassen, die bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien über bestehende Anforderungen auf Bundes- und Landesebene hinausgehen.
Auch die Änderungen beim Denkmalschutzrecht zielen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien ab. So wird etwa ausdrücklich geregelt, dass bis zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 der besonderen Bedeutung von Energieeinsparung, -effizienz und erneuerbaren Energien sowie des Verteilnetzausbaus gegenüber denkmalschutzrechtlichen Belangen Rechnung zu tragen ist.
Das Klimaschutzrecht und das Recht der Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels weisen einen Querschnittscharakter auf. Das heißt, dass Klimaschutz und Klimawandelanpassung in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen in jeweils spezifischer Weise berücksichtigt werden müssen. Klimaschutz und Klimawandelanpassung begegnen etwa im Kontext der Hochschulen anderen Herausforderungen als etwa im Bereich des Naturschutzes oder bei Bewirtschaftung und der Erhaltung/Sicherung der Wälder. Damit der Belang aber auch dort wirken kann, müssen die zugehörigen rechtlichen Grundlagen geändert werden.
Im Naturschutzgesetz wurde im Jahr 2020 – differenziert nach Winter- und Sommerhalbjahr – ein grundsätzliches Verbot der Beleuchtung der Fassaden baulicher Anlagen „der öffentlichen Hand“ vorgesehen. Damit wurde bereits ein wichtiger Beitrag zum Schutz von Insekten vor Lichtimmissionen geleistet. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass es auch zahlreiche Gebäude gibt, die nicht in öffentlicher Hand sind und deren Fassadenbeleuchtung sich ebenfalls negativ auf Insekten auswirkt. Daher soll die Regelung nun auch auf die Fassaden von Bauwerken, die sich nicht im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, ausgeweitet werden. Damit soll ein zusätzlicher effektiver Beitrag sowohl zum Insektenschutz als auch zum Klimaschutz geleistet werden.
Klimaschützendes und an den Klimawandel angepasstes Verhalten setzt entsprechende Kenntnisse voraus. Mit der ausdrücklichen Verankerung von Klimaschutz und Klimawandelanpassung in den einschlägigen Prüfungs- und Ausbildungsordnungen wird erreicht, dass bei einer späteren beruflichen Betätigung die entsprechenden Zusammenhänge erkannt werden und das eigene Verhalten daran ausgerichtet wird.
Das Gesetz sieht kein feststehendes Datum für sein Inkrafttreten vor. Es soll „am Tag nach seiner Verkündung“ im Gesetzblatt in Kraft treten. Mit Blick auf die weiteren Verfahrensschritte ist aus Sicht der Landesregierung ein Inkrafttreten des Gesetzes im ersten Quartal 2023 möglich.
Im Anschluss an das Anhörungsverfahren unter Beteiligung der Verbände erfolgt eine Auswertung der Anhörungsergebnisse. Hierüber wird der Landesregierung durch das Umweltministerium berichtet. Die Landesregierung beschließt dann über die Einbringung der Gesetzesvorlage im Landtag. Im Landtag muss die Gesetzesvorlage das reguläre Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, an dessen Ende das Gesetz ausgefertigt und verkündet werden kann.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der eingehenden Stellungnahmen im Anhörungsverfahren der Gesetzentwurf abgeändert wird. Auch können im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen vorgenommen werden.