Der Verein Mehr Demokratie e.V. bescheinigt Baden-Württemberg und seinen Kommunen große Fortschritte bei der Bürgerbeteiligung und direktdemokratischen Instrumenten. In den vergangenen fünf Jahren haben Landtag und Landesregierung die Grundlagen dafür geschaffen. Vom letzten Platz konnte sich das Land auf Platz 7 verbessern.
Es war in der Regel kein guter Tag für Baden-Württemberg, wenn der Verein Mehr Demokratie e.V. die Ergebnisse seines regelmäßigen Bundesländervergleichs in Sachen Bürgerbeteiligung und direktdemokratischer Instrumente veröffentlichte. Der Verein vergleicht regelmäßig die Regelungen für Bürgerbegehren, Bürgerentscheide und Volksabstimmungen. Denn jedes Bundesland hat hier eigene Regeln.
Baden Württemberg lag seit 2003 immer zwischen Platz 13 und 15. Bei der vorletzten Untersuchung von 2013 landete Baden-Württemberg sogar auf dem letzten Platz. Seit dem hat sich in Sachen Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie einiges in Baden-Württemberg getan. Das Ergebnis zeigt sich in den aktuellen Ergebnissen des Ländervergleichs.
Baden-Württemberg macht 11 Plätze gut
Mehr Demokratie e.V. schreibt in seiner Studie: „Die Regelungen sowohl auf Landes- als auch auf Kommunalebene wurden 2015 nach jahrelangen Beratungen gründlich reformiert und modernisiert. Ein ‚mangelhaft‘ 2013 wurde so in ein ‚befriedigend‘ im aktuellen Ranking umgewandelt und der letzte Platz weit zurückgelassen.“ Insgesamt ist Baden-Württemberg von Platz 16 auf Platz 7 aufgestiegen. Bei den Regelungen auf Landesebene verbesserte sich das Land sogar von Platz 16 auf Platz 5. Bei den Kommunalen Regelungen stieg Baden-Württemberg von Platz 14 auf Platz 8.
„Wir sind im Ländervergleich vom letzten Platz in das obere Mittelfeld gekommen“, freut sich die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler über die Ergebnisse, „Das ist einer der größten Schritte nach vorne, die jemals ein Landesparlament gegangen ist.“
Hürden für Volksabstimmungen und Volksbegehren gesenkt
Im vergangenen Jahr hatte der Landtag die Regelungen für Volksbegehren und Volksabstimmungen vereinfacht. Brauchte es bisher Unterschriften von 16,6 Prozent der Wahlberechtigten, genügen nun 10 Prozent. Auch müssen die Unterschriften nicht mehr binnen zwei Wochen ausschließlich in Rathäusern gesammelt werden. Jetzt bleiben sechs Monate Zeit und die Unterschriften können frei gesammelt werden.
Mit der Reform der Gemeindeordnung hat sich auf kommunaler Ebene seit Dezember 2015 ebenfalls einiges geändert. Bürgerbegehren gegen Bebauungspläne sind zu Beginn des Verfahrens nun zulässig. Die neue Gemeindeordnung senkt die Unterschriftshürde bei Bürgerbegehren von 10 auf 7 Prozent. Für einen gültigen Bürgerentscheid muss die Mehrheit der abgegebenen Stimmen 20 Prozent der Wahlberechtigten entsprechen. Die Wahlberechtigten müssen vor dem Entscheid über Pro und Contra zur Vorlage informiert werden.
Mehr Rechte für die Bürger bei der Bauleitplanung
Als besonderen Kritikpunkt hat der Verein Mehr Demokratie e.V. in seiner voran gegangenen Untersuchung die Bauleitplanung hervorgehoben. Er bemängelte, dass die Bauleitplanung damals gänzlich ausgeschlossen war. „Wir haben jetzt bei der Bauleitplanung einen guten Kompromiss gefunden – auch wenn in anderen Bundesländern noch mehr möglich ist“, sagte Staaträtin Gisela Erler. „Die Menschen wollen mitentscheiden. Bebauungsfragen und konkrete öffentliche Bauprojekte sind dabei von besonderem Interesse für die Bürgerschaft. Dass die Bürgerinnen und Bürger hier nun mehr eingreifen können, wird dazu führen, dass frühzeitiger zu den Vorhaben informiert und beteiligt werden muss. Das hat langfristig einen positiven Effekt auf die Kommunalpolitik im Ganzen“, ist sich Erler sicher.
Mit Blick auf die Zukunft sagte die Staatsrätin: „Jetzt müssen die neuen Instrumente erst einmal in der Breite ankommen. Wir sind noch am Anfang des Ausprobierens durch die Bürgerinnen und Bürger. Ich bin zuversichtlich, dass es bei der praktischen Umsetzung noch Potenziale gibt. Dabei ist uns immer wichtig, nicht nur eine Abstimmung zu machen, sondern auch gute Dialoge vorzuschalten.“
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