Landesgesetzgebung

Studie über Bürgerbeteiligung bei der Landesgesetzgebung

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Teilnehmer der Studie über Bürgerbeteiligung bei der Landesgesetzgebung (Bild: Thomas Kunsch).

Eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an herkömmlichen Gesetzgebungsverfahren führt zu einer qualitativen Verbesserung der Entwürfe und trägt zur Stärkung der repräsentativen Demokratie bei. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie, in der einige Gesetzgebungsverfahren analysiert worden sind. Für die künftige Arbeit der Stabsstelle für Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft ergeben sich daraus wichtige Anregungen. Unter anderem können nun alle Gesetzentwürfe auf dem Beteiligungsportal veröffentlicht und kommentiert werden.

Bürgerbeteiligung ist auf ausnahmslos allen Politikfeldern möglich: so lautet die These von Staatsrätin Gisela Erler, die sich schon seit vielen Jahren für eine „Politik des Gehörtwerdens“ einsetzt. Bei Bau- und Infrastrukturprojekten sind Beteiligungsverfahren zwischenzeitlich längst üblich. Anders verhält es sich bei der so genannten partizipativen Gesetzgebung, mit deren Einführung Baden-Württemberg weitgehend Neuland betreten hat: In keinem anderen Bundesland werden die Bürgerinnen und Bürger in solch einem Umfang und bereits zu einer sehr frühen Phase beteiligt wie hier. Doch was ist der Mehrwehrt solcher partizipativer Gesetzgebungsverfahren und von welchen Faktoren wird dieser beeinflusst? Wie wird die Möglichkeit genutzt? Wo liegen die Vorteile? Und welche Schlussfolgerungen lassen sich ziehen?

Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden, hat die Bertelsmann Stiftung zusammen mit der Universität Hohenheim und dem Staatsministerium Baden-Württemberg eine gemeinsame Studie aufgelegt, in die Beteiligungsverfahren (Onlineverfahren wie auch „face-to-face“) bei verschiedenen Gesetzgebungsprozessen analysiert wurden. Ausgewählt wurden dafür unter anderem das Nationalparkgesetz, das Hochschulrechtsgesetz, das Nachbarrechtsgesetz sowie das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten. Als wissenschaftliche Methode war ein kombinierter Einsatz von Analysen und direkten Befragungen gewählt worden. So wurden einerseits die Kommentare und Beiträge der Nutzerinnen und Nutzer sowie die Beteiligungsberichte der federführenden Ministerien und Plenarprotokolle ausgewertet. Gleichzeitig führte das Team Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern der Landesministerien und des Staatsministeriums durch und befragte Landtagsabgeordnete. Durchgeführt wurde die Studie von April bis Dezember 2015, die Auswertung war im September 2016 abgeschlossen. 

Zu den wichtigsten Ergebnissen, zu denen das Team um den Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider gekommen ist, zählt allen voran die Erkenntnis, dass partizipative Bürgerbeteiligungselemente das herkömmliche Gesetzgebungsverfahren ergänzen und zu einer Stärkung der repräsentativen Demokratie beitragen können. Zudem haben die Wissenschaftler den Schluss gezogen, dass eine Bürgerbeteiligung an Gesetzgebungsverfahren möglichst frühzeitig einsetzen sollte. Mit diesem neuen Weg, so die Schlussfolgerung, hat das Land Baden-Württemberg als Vorreiter einen wichtigen und nachahmenswerten Impuls für die Zukunft der demokratischen Beteiligung gesetzt. Partizipative Gesetzgebung sei eine Antwort auf die gestiegenen Teilhabeerwartungen der Bürgerinnen und Bürger. Empfohlen wird in der Studie unter anderem, partizipative Gesetzgebung durch verbindliche Rahmenbedingungen zu regeln und in eine umfassende Beteiligungsstrategie einzubetten. „Wir haben durch die Studie gute und dauerhaft hilfreiche Anregungen für unsere Arbeit gewonnen“, betont Staatsrätin Gisela Erler, die bereits angekündigt hat, die ausgesprochenen Empfehlungen weitgehend zu übernehmen.

Die genauen Fragestellungen und Ergebnisse lassen sich auf der Seite der Bertelsmann Stiftung nachlesen.

Bertelsmann Stiftung: Pilotprojekt "Partizipative Gesetzgebung"

Studie "Partizipative Gesetzgebung" der Bertelsmann Stiftung (PDF)