Am 9. Mai 2021 begann offiziell die „Konferenz zur Zukunft Europas“ und damit ein groß angelegter Bürgerbeteiligungsprozess, welcher der erste seiner Art ist. Auf europäischer, aber auch auf nationaler und regionaler Ebene sollen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, über die Herausforderungen der Europäischen Union (EU) zu diskutieren und dabei Empfehlungen zu entwickeln, wie man eine erstrebenswerte Zukunft für alle EU Bürgerinnen und Bürger gewährleisten kann.
Um den Start der Konferenz einzuläuten fand am Freitag, den 23. April eine große Auftaktveranstaltung der Landesregierung Baden-Württemberg statt. Baden-Württemberg als Land im Herzen Europas und als Musterland der Bürgerbeteiligung ist es ein großes Anliegen den Zukunftsdialog zu unterstützen.
Zum Start der Veranstaltung gab Sixtine Bouygues, stellvertretende Generaldirektorin für Kommunikation der EU Kommission, in ihrer Rede einen Überblick über die Struktur der Konferenz.
Die Konferenz basiere auf drei Pfeilern:
- Die digitale Plattform, welche die einzigartige Möglichkeit einer paneuropäischen Debatte durch eine Übersetzungsfunktion bietet. Alle Bürgerinnen und Bürger der EU können hier ihre Ideen austauschen und online Beiträge einreichen. Außerdem werden hier alle Konferenzen und dezentralen Veranstaltungen angekündigt.
- Die europäischen Bürgerpanels, die sich mit dem Material der Veranstaltungen befassen und Empfehlungen daraus erarbeiten. Diese Panels werden repräsentativ zusammengesetzt sein und die Vielfalt Europas reflektieren.
- Letztlich werden die Empfehlungen dieser Bürgerpanels in Plenarsitzungen besprochen.
Außerdem berichtete sie aus einer repräsentativen Bürgerbefragung, die ergab, dass 92 Prozent der Befragten sich wünschten, dass ihre Stimme in der EU mehr Gehör finde. Zusätzlich seien sechs von zehn Europäern durch die Corona Krise wachsamer im Hinblick auf die Zukunft Europas geworden. Daran knüpfte sie den Aufruf an alle Bürgerinnen und Bürger sich an der Konferenz zu beteiligen, da die Zukunft der EU in deren Händen liege.
Als nächstes diskutierte Gisela Erler, ehemalige Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg mit dem Moderator Wolfgang Petzold, stellvertretender Direktor für Kommunikation beim Europäischen Ausschuss der Regionen, zu der Umsetzung der Konferenz und stellte ihre Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung aus Baden-Württemberg dar. Hier betonte die Staatsrätin wie wichtig ein ernsthafter Umgang mit Bürgerbelangen und ein guter Feedbackmechanismus seien. So könne man garantieren, dass die Belange der Bürgerinnen und Bürger gesammelt, analysiert, ernsthaft geprüft und dann beantwortet werden. Außerdem führte sie die Vorteile von digitalen Formaten aus: nach ihrer Erfahrung erleichterten digitale Bürgerforen eine überregionale Beteiligung und die Machbarkeit von mehrsprachigen Formaten. Außerdem beteiligten sich Menschen in digitalen Formaten über einen längeren Zeitraum, so Gisela Erler. Letztlich sprach sie Veranstaltern von künftigen Veranstaltungen im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas Mut zu. Bürgerdialoge seien sehr gut umsetzbar und man müsse keine Angst davor haben, Foren zu besonders kontroversen Themen zu veranstalten.
Im Anschluss führte Anna Renkamp, Projektmanagerin im Programm „Zukunft der Demokratie“ bei der Bertelsmann Stiftung, ihre Erfahrungen mit Bürgerbeteiligungsprozessen aus. Sie berichtete von ihren sehr positiven Erfahrungen zu grenzüberschreitenden Bürgerdialogen und pries den transnationalen Charakter solcher Gespräche. Die Qualität der Diskussion sei hervorragend und die Teilnehmenden würden sehr rücksichtsvoll miteinander umgehen. Bürgerdialoge seien immer eine enorme Bereicherung für die Politik, aber es sei wichtig zu definieren, wie mit den Ergebnissen umgegangen werde, so Renkamp. Es müsse eindeutig geklärt werden, wer Adressat sei. Laut ihr, müsse deshalb nach der Konferenz zur Zukunft Europas ein klarer „partizipativer Fußabdruck“ erkennbar sein.
Den Abschluss der Runde bildete Daniel Freund, Mitglied des Europäischen Parlaments und der Fraktion Die Grünen/EFA. Er rief dazu auf, sich auf der Online-Plattform aktiv einzubringen, dort mitzudiskutieren und Ideen von Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Europa zu unterstützen. Laut ihm könne man so erreichen, dass gute Ideen wahrgenommen und in die Konferenz aufgenommen werden. Auch er verwies darauf, dass sich die Vorschläge der Zukunftskonferenz in konkretem EU-Handeln wiederspiegeln müssen, damit die Konferenz ein Erfolg werde. Dadurch gebe es vielleicht die Chance, solche Formate in der Zukunft als festen Bestandteil der europäischen Demokratie zu etablieren.