Stellungnahme des Ministeriums
Die überwiegende Zahl der Kommentare bezieht sich auf die Festlegung eines Landesklimaschutzziels 2030. Im Entwurf des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg (KSG BW) ist ein Klimaschutzziel von mindestens 42 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 als Zwischenziel auf dem Weg zur Erreichung des bereits gesetzlich verankerten 2050-Ziels festgelegt. Eine Vielzahl der Kommentatoren hält das vorgeschlagene 2030-Ziel für nicht ambitioniert genug und fordert ein deutlich höheres Klimaschutzziel für 2030. Das im Gesetzentwurf enthaltene 2030-Ziel sei insbesondere nicht ausreichend, um die im internationalen Übereinkommen von Paris festgelegte „1,5 Grad Grenze“ zu erreichen. Teilweise wird ein Reduktionsziel von mindestens 60 Prozent beziehungsweise 80 Prozent bis 2030 vorgeschlagen. Andere Stimmen fordern Klimaneutralität im Land als Ziel bis 2030. Teilweise wird auch Klimaneutralität bis 2025, 2035 oder 2040 gefordert. Es wird aber auch darauf hingewiesen, sich statt einer Diskussion über die Ziele auf die Umsetzung des vorgeschlagenen 42-Prozent-Ziels mit konkreten Maßnahmen zu konzentrieren.
Das im Gesetzentwurf enthaltene Klimaschutzziel von 42 Prozent bis 2030 wurde festgelegt auf der Grundlage des Forschungsvorhabens „Energie- und Klimaschutzziele 2030“ und orientiert sich an den aktuellen internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzzielen unter Berücksichtigung der Strukturen und Besonderheiten in Baden-Württemberg. Nach dem Übereinkommen von Paris soll der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die Orientierung der Landesziele an den internationalen, europäischen und nationalen Zielen erfolgt, da für die Zielerreichung im Land entsprechende Entwicklungen auf Ebene der EU und des Bundes erforderlich sind. Aufgrund des Kompetenzgefüges ist für die Zielerreichung erforderlich, dass die EU und der Bund entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Die Europäische Kommission hat am 4. März 2020 einen Verordnungsvorschlag für ein „Europäisches Klimagesetz“ vorgelegt und damit eine Diskussion zur Erhöhung der 2030-Ziele auf EU-Ebene in Gang gesetzt. Die EU-Kommission hat im September 2020 ein Ziel von mindestens 55 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 vorgeschlagen. Das Europäische Parlament und der Rat müssen dem noch zustimmen. Mit dem Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes im Dezember 2019 hat der Bund sein Ziel zur Treibhausgasreduktion von mindestens 55 Prozent bis 2030 gesetzlich verankert. Dieses Ziel war bereits im Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung 2016 verabschiedet hat, enthalten und ist somit Grundlage für das Forschungsvorhaben „Energie- und Klimaschutzziele 2030“ im Land.
Klimaschutzgesetz stellt einen Baustein zur Erreichung der Landesklimaschutzziele dar
An dem Ziel einer Treibhausgasminderung um mindestens 42 Prozent gegenüber 1990 bis 2030 wird daher im vorliegenden Gesetzentwurf festgehalten. Sollte es in Zukunft Änderungen an den Klimaschutzzielen auf internationaler, europäischer und deutscher Ebene geben, muss das Landesklimaschutzziel im Rahmen künftiger Änderungsverfahren überprüft und entsprechend angepasst werden.
Die Erreichung der Landesklimaschutzziele hängt von vielen Faktoren ab. Das Klimaschutzgesetz stellt hierbei nur einen Baustein dar. Die wesentlichen Ziele, Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele werden gemäß Paragraf 6 Absatz 1 KSG BW im Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) benannt.
Auf großes Interesse stößt die geplante Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen ab Anfang 2022 auf Dachflächen beim Neubau von Nicht-Wohngebäuden und auf Parkplätzen mit mindestens 75 Stellplätzen.
Eine Vielzahl der Kommentatoren setzt sich für eine Ausweitung der geplanten Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten und teilweise auch im Zusammenhang mit Sanierungen ein. Dabei wird auch kritisch angemerkt, dass Gebäude ausgenommen werden sollen, bei denen der Wohnanteil fünf Prozent überschreitet. Zudem wird gefordert, dass die Photovoltaik-Pflicht spätestens Anfang 2021 eingeführt wird. Des Weiteren wird angemerkt, dass Photovoltaikpflicht auf Parkplätzen bereits bei einer geringeren Anzahl von Stellplätzen greifen sollte.
Sowohl Handlungserfordernis als auch Vorbereitungszeit im Blick halten
Die Einbeziehung des Neubaus von Wohngebäuden und Dachsanierungen könnte die Beiträge zum Klimaschutz deutlich vergrößern. Die Fokussierung auf den Neubau von Nicht-Wohngebäuden ist Ergebnis der politischen Konsensfindung und wurde im Lichte des bestehenden Wohnraummangels im Rahmen einer Güterabwägung getroffen.
Bei der Übergangsfrist für die Einführung einer Photovoltaikpflicht müssen sowohl die dringenden Handlungserfordernisse des Klimaschutzes in den Blick genommen als auch ausreichende Vorbereitungszeiten eingeräumt werden. Die enthaltene Regelung trägt beiden Anforderungen Rechnung.
Ein geringerer Schwellenwert hinsichtlich der Anzahl von Stellplätzen bei der Photovoltaikpflicht auf Parkplätzen könnte die Beiträge zum Klimaschutz vergrößern. Der Wert von 75 Stellplätzen ist Ergebnis der politischen Konsensfindung und wurde im Rahmen der Abwägung zwischen dem Belang des Klimaschutzes und den Interessen von Bau- beziehungsweise Vorhabenträgern getroffen.
Einige Kommentatoren setzen sich mit der geplanten kommunalen Wärmeplanung auseinander. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass die Stadtkreise und Großen Kreisstädte bis Ende 2023 zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans verpflichtet werden. Einige Kommentatoren regen an, dass die Verpflichtung zu einem Wärmeplan auf alle Kommunen im Land ausgedehnt werden sollte. Zudem sollen die Wärmepläne auch eine Umsetzungsstrategie enthalten. Im Zusammenhang mit der Wärmeplanung wird auch ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2030 gefordert.
Das Gesetz wird in einigen Details an die Stellungnahmen angepasst, die wesentlichen Inhalte bleiben aber bestehen. Eine Ausdehnung der Pflicht zur Wärmeplanung auf alle Gemeinden in Baden-Württemberg erscheint aufgrund der beschränkten Planungskapazitäten innerhalb der Gemeinden und auch an externen Planern nicht sinnvoll. Stattdessen wird für die nicht verpflichteten Gemeinden eine umfangreiche Förderung eingeführt, die allen nicht verpflichteten Gemeinden die Möglichkeit gibt, freiwillig ebenfalls vom Instrument der kommunalen Wärmplanung Gebrauch zu machen.
Eine Umsetzungspflicht stellt aus Sicht der Landesregierung einen starken Eingriff in das Recht auf kommunale Selbstverwaltung dar. Zudem erfordert die Umsetzung des Wärmeplans das Tätigwerden nicht nur der Gemeinde, sondern auch anderer Beteiligter, so dass eine Umsetzungsverpflichtung der Gemeinde sich teilweise einer Regelung entzieht. Gleichwohl geht die Landesregierung davon aus, dass durch die intensive und strategische Befassung mit dem Thema Wärmeversorgung neue Impulse für deren Weiterentwicklung hin zur Klimaneutralität entstehen.
Kommunale Wärmepläne sollen mindestens fünf konkrete Maßnahmen benennen
Wir nehmen die Anregungen nach einer stärkeren Umsetzungsorientierung der kommunalen Wärmepläne insoweit auf, dass der Wärmeplan mindestens fünf konkrete umsetzbare Maßnahmen benennen soll, mit deren Umsetzung in absehbarer Zeit begonnen werden soll. Der Gesetzestext wird insofern angepasst. Damit kann verdeutlicht werden, welches aus Sicht der Gemeinde die wichtigsten und dringendsten Maßnahmen sind, deren Umsetzungsmöglichkeit im Handlungsfeld der Gemeinde selbst liegt. Darüber hinaus wird sich die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Fortbestand und die Weiterentwicklung entsprechender Förderinstrumente einsetzen.
Im Rahmen der Wärmeplanung muss dargestellt werden, wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Jahr 2050 erreicht werden kann. Dieses Ziel steht im Einklang mit den sektorübergreifenden Landeszielen, berücksichtigt die langen Investitionszyklen im Gebäudebereich und im Bereich der Wärmeversorgung und soll einen klimaneutralen Gebäudebestand im Jahr 2050 sicherstellen.
Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Klimaschutz ist bereits im geltenden KSG BW verankert. Dabei hat sich das Land das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 die Landesverwaltung weitgehend klimaneutral zu organisieren. Nach Paragraf 7 KSG BW soll die weitgehende Klimaneutralität in erster Linie durch die Einsparung von Energie, die effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie die Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden. Ergänzend kann sie durch Kompensation im Wege rechtlich anerkannter Emissionsminderungsmaßnahmen oder Emissionsminderungsmaßnahmen mit im Wesentlichen vergleichbaren Standards verwirklicht werden.
Einige Kommentatoren fordern eine klimaneutrale Landesverwaltung bis 2025. Zudem solle Kompensation außerhalb von Baden-Württemberg ausgeschlossen werden.
Des Weiteren wird gefordert, dass alle Kommunen Klimaschutzkonzepte erstellen.
Reduzierung der CO2-Emissionen der Landesverwaltung von 2010 bis 2018 um rund 40 Prozent
Nach der jüngsten CO2-Bilanz der Landesverwaltung gingen 2018 über 80 Prozent der Emissionen der Landesverwaltung auf das Konto der Strom- sowie der Wärme- und Kälteversorgung der Liegenschaften (einschließlich der staatlichen Hochschulen). Die weitgehende Klimaneutralität der Landesverwaltung bis 2040 zu erreichen, macht angesichts des weiter steigenden Raumbedarfs insbesondere im Bereich der staatlichen Hochschulen nicht nur enorme finanzielle Anstrengungen erforderlich. Auch das für die notwendigen energetischen Sanierungen erforderliche Fachpersonal ist nur begrenzt vorhanden. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen ist es gelungen, seit Erstellung der ersten CO2-Bilanz im Berichtsjahr 2010 die CO2-Emissionen bis 2018 um rund 40 Prozent zu mindern. Die Kompensation von Emissionen wird von der Landesregierung nicht als erste Wahl betrachtet und ist deshalb zurzeit auf nicht vermeidbare dienstliche Flugreisen begrenzt.
Hinsichtlich der Forderung, dass alle Kommunen Klimaschutzkonzepte erstellen, wird darauf hingewiesen, dass gemäß dem KSG BW die Gemeinden und Gemeindeverbände die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand in eigener Verantwortung erfüllen. Das Land unterstützt sie hierbei. Anfang Juli haben das Land und die kommunalen Landesverbände den Klimaschutzpakt für die Jahre 2020 und 2021 fortgeschrieben. Mit der Fortschreibung des Klimaschutzpakts wurden neue Fördermöglichkeiten vereinbart und die Mittel für kommunale Klimaschutzmaßnahmen gegenüber den Vorjahren deutlich aufgestockt. Der Klimaschutzpakt umfasst für die Jahre 2020 und 2021 ein vorgesehenes Volumen von rund 27 Millionen Euro.
Im Jahr 2019 verfügten bereits 387 Städte, Gemeinden und Landkreise in Baden-Württemberg über ein integriertes Klimaschutzkonzept (Quelle: Erhebungen KEA – Klimaschutz und Energieagentur Baden-Württemberg). Über die Kommunalrichtlinie des Bundes wird die Erstellung von Klimaschutzkonzepten in den Kommunen durch Klimaschutzmanagerinnen oder -manager gefördert.
Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Unternehmen auf freiwilliger Basis Klimaschutzvereinbarungen mit Unternehmen abschließen können. Einige Stimmen im Beteiligungsportal bemängeln, dass es sich um ein freiwilliges Instrument handelt. Zudem fordern Kommentatoren, dass der Treibhausgasausstoß der landeseigenen Unternehmen und Einrichtungen bis 2030 um 75 Prozent reduziert bzw. klimaneutral sein muss. Zudem soll das Land die in Baden-Württemberg ansässigen Unternehmen überzeugen, bis 2030 klimaneutral zu werden.
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, ist ein engagierter Klimaschutz auf allen Ebenen und von allen Akteuren unabdingbar. Daher soll das Klimaschutzgesetz auch zu zusätzlichen Klimaschutzaktivitäten in Unternehmen motivieren. Das Prinzip der freiwilligen Mitwirkung interessierter Unternehmen und die eigenständige Ausgestaltung der konkreten Klimaschutzmaßnahmen sichert den beteiligten Unternehmen zudem Handlungsfreiheit zu.
Für die Landesbetriebe setzt das Zielkonzept der klimaneutralen Landesverwaltung bis 2040 bereits einen klaren rechtlichen Rahmen und laut dem zweiten Fortschrittsbericht zur CO2-Bilanz 2010 bis 2018 bewegt sich die Landesverwaltung bei den Treibhausgasemissionen auf dem Zielpfad. Weiterhin geht das Land von einer hohen Sensibilität vieler baden-württembergischer Unternehmen im eigenen Interesse an der nachhaltigen Transformation ihres Geschäftsmodells aus und setzt auf ihre aktive Mitwirkung beim Klimaschutz, ohne ihnen kurzfristige Zeitfenster und strikte Reduktionsziele pauschal vorzugeben. Dabei will das Land nicht nur die absoluten Vorreiter, sondern auch die bereits engagierten sowie einstiegswillige Unternehmen beim Klimaschutz mit seinen Angeboten unterstützen.
Einige Kommentatoren fordern, die Verfeuerung von Kohle in Kraftwerken und Heizkraftwerken spätestens bis 2030 zu beenden. Des Weiteren wird angemerkt, dass ein CO2-Schattenpreises eingeführt werden sollte: Demnach sollen alle landeseigenen Unternehmen und Einrichtungen bei sämtlichen Entscheidungen und Ausgaben mit einem CO2-Preis von 600 Euro pro Tonne CO2 -Äquivalent rechnen müssen. Bei allen Ausschreibungen soll das Land fordern, dass sich bewerbende Firmen ebenso mit diesem Schattenpreis kalkulieren. Darüber hinaus soll sich die Landesregierung auf Bundesebene für einen CO2 -Preis einsetzen, der so hoch ist, wie die Kosten, die der gegenwärtigen und den zukünftigen Generationen durch Treibhausgasemissionen entstehen.
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist bundesgesetzlich geregelt. Baden-Württemberg hat sich in den entsprechenden Verfahren beispielsweise über den Bundesrat eingebracht. Das Ministerium für Finanzen erprobt bei einzelnen Baumaßnahmen bereits pilothaft die Einführung eines CO2-Schattenpreises. Bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird der vom Umweltbundesamt für 2016 vorgeschlagene CO2-Schattenpreis von 180 Euro pro Tonne CO2 zu Grunde gelegt. Das Ministerium für Finanzen prüft außerdem eine mögliche Verwendung des CO2-Schattenpreises im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Dienstreisen insbesondere im Hinblick auf Flugreisen. Die Ergebnisse der Erprobungsmaßnahmen werden im Anschluss sorgfältig ausgewertet.