Klimaschutz und industrielle Wertschöpfung kombinieren
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1. Ein Beitrag zum Klimaschutz
Die Begrenzung des Klimawandels durch Reduzierung der weltweiten CO2-Emissionen ist eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Hierfür ist ein tiefgreifender Umbau unserer Energiesysteme und eine weitreichende Umstellung auf innovative und emissionsfreie Technologien in allen Sektoren notwendig, von der Stromerzeugung bis hin zu den großen Energieverbrauchssektoren Industrie, Verkehr und Gebäudewärme. Wasserstofftechnologien können hier eine Schlüsselrolle einnehmen.
Wasserstoff ist nicht nur ein vielfältig einsetzbarer Energieträger, Wasserstoff ist auch ein sehr guter Energiespeicher. Wasserstoff ist in den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr und Wärme direkt oder in Form von auf Wasserstoff basierenden synthetischen Kraftstoffen, die mit erneuerbarem Strom erzeugt wurden (reFuels), einsetzbar. Wasserstoff und die dafür benötigten Technologien bieten große Potenziale für Industrie- und Technologiestandorte wie Baden-Württemberg. Er bietet große Chancen für das Land, die jetzige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und diese durch vorhandene Forschungs- und Technologiekompetenz sowie Innovationsfähigkeit weiter auszubauen.
Angesichts der Wirkungsgradverluste bei der Herstellung von grünem Wasserstoff gegenüber der unmittelbaren Nutzung von erneuerbarem Strom ist die Verwendung von Wasserstoff vor allem in den Sektoren zielführend, in denen die Klimaschutzziele nicht durch andere Maßnahmen wie Effizienzsteigerung oder Elektrifizierung erreicht werden können. Perspektivisch könnte dies insbesondere bei industriellen Anwendungen – beispielsweise in der Chemie- und Stahlindustrie – bei Bussen, im Nutzfahrzeugbereich und im Bereich des Luft- und Schiffsverkehrs der Fall sein.
Gegenwärtig wird in der Industrie fast ausschließlich sogenannter „grauer“ Wasserstoff-verwendet, der aus Erdgas hergestellt wird und damit Treibhausgasemissionen verursacht. Durch den Einsatz von ausschließlich erneuerbaren Energien in Elektrolyseuren erfolgt die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff. Grundsätzlich ist dieser CO2-freie, „grüne“ Wasserstoff nur dann nachhaltig, wenn alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden (ökologische, ökonomische und soziale Kriterien). Um die Potenziale von CO2-freiem Wasserstoff für den Klimaschutz zu erschließen, bedarf es der richtigen Rahmenbedingungen. Dazu gehört auch eine Überarbeitung des Abgaben- und Steuersystems, um faire Wettbewerbsbedingungen für erneuerbaren Strom gegenüber fossilen Energieträgern außerhalb der Stromerzeugung zu gewährleisten.
Für die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff werden große Mengen von erneuerbaren Strom benötigt. Diese zusätzliche Nachfrage darf nicht in Konkurrenz zu den aktuellen Anstrengungen Deutschlands treten, den Strombedarf der Sektoren Energie, Verkehr und Wärme klimaneutral auf Basis erneuerbarer Energien zu decken. Die langfristig benötigten, voraussichtlich großen Mengen an „grünem“ Wasserstoff können in Deutschland jedoch aufgrund des begrenzten Potenzials und der Verfügbarkeit von Flächen zur Erzeugung von erneuerbarem Strom nicht alleine national produziert werden, sondern müssen größtenteils über Importe abgedeckt werden. Auch hierbei gilt es, die Nachhaltigkeit des Energieträgers und der Transport- und Lieferketten sicherzustellen und durch vorausschauende Technologieentwicklung die wirtschaftlichen Chancen für Komponenten und Anlagenhersteller zu nutzen.
Wasserstoff und die dafür benötigten Technologien bieten große Potenziale für Industrie- und Technologiestandorte wie Baden-Württemberg. Er bietet große Chancen für das Land, die jetzige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und diese durch vorhandene Forschungs- und Technologiekompetenz sowie Innovationsfähigkeit weiter auszubauen.
2. Entwicklung einer Wasserstoff-Roadmap
Um die Potenziale der Technologie für die Industrie in Baden-Württemberg zu ermitteln und Handlungsempfehlungen zu entwickeln, hat das Umweltministerium im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft BW (SDA) eine Studie ausgeschrieben. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die am Standort Baden-Württemberg bestehenden Kompetenzen in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes genutzt werden sollten und sehen insbesondere bei der Entwicklung einer Wasserstoff-Roadmap für das Land Handlungsbedarf.
Baden-Württemberg bietet durch seine wirtschaftliche Ausgangssituation und als Standort wichtiger Unternehmen und führender Forschungsinstitutionen sehr gute Rahmenbedingungen, um den erwarteten nationalen und internationalen Markthochlauf der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie mitzugestalten und wirtschaftlich davon zu profitieren. Zu den zentralen Akteuren gehören sowohl kleine und mittelständische wie auch international agierende Großunternehmen. In den letzten Jahren sind kontinuierlich neue Akteure in das Geschäftsfeld Wasserstoff und Brennstoffzellen eingestiegen und investieren in diesem Bereich, daneben erwägen weitere Unternehmen den Markteintritt. Dadurch wächst die lokale Akteurslandschaft kontinuierlich weiter. Bedingt durch die Wirtschaftsstruktur liegt eine besondere Stärke der baden-württembergischen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Industrie im Bereich der Anwendungen für Mobilität und Verkehr mit vielen vor Ort ansässigen Zulieferern und Erstausrüstern (OEMs). Besonders große Potenziale liegen im Bereich der Komponentenhersteller, bei denen Baden-Württemberg aufgrund seiner starken Zulieferindustrie, vor allem auch im Automobilsektor, sehr gut aufgestellt ist. Obwohl der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Markt für die meisten Unternehmen noch ein Nischenmarkt ist, verfügen bereits heute viele der Zulieferer über fertig entwickelte und kommerziell verfügbare Produkte für Brennstoffzellen-Anwendungen. Insgesamt können die Unternehmen in Baden-Württemberg die gesamte Produktpalette typischer Komponenten abdecken.
Um sich als führender Standort im Bereich von Wasserstoff und Brennstoffzellen zu etablieren, benötigt Baden-Württemberg einen klaren Fahrplan, eine Roadmap für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft im eigenen Land. Hiermit kann Baden-Württemberg nicht nur einen wichtigen Beitrag zur weiteren Marktentwicklung leisten, sondern sich international als wichtiger Standort der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Industrie präsentieren und seine in diesem Bereich tätigen Unternehmen entsprechend positionieren. Daneben bietet die Entwicklung einer Roadmap mit konkreten Zielen und Maßnahmen Planungssicherheit für Unternehmen und weitere Stakeholder, unterstreicht nach außen das Bekenntnis der baden-württembergischen Entscheider und erhöht deren Sichtbarkeit.
3. Ziele der Wasserstoff-Roadmap
Die Wasserstoff-Roadmap für Baden-Württemberg soll
- einen Beitrag zu einer umfassenden Defossilisierung der unterschiedlichen Sektoren wie Industrie, Mobilität und Energiewirtschaft und zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen (THG) leisten,
- den Auf- und Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft begleiten, um Baden-Württemberg national wie auch international als wichtigen Standort der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Industrie zu präsentieren und
- die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie durch konkrete Zielsetzungen und Maßnahmen zu deren Erreichung forcieren und fördern.
Es soll eine Roadmap erarbeitet werden, die konkrete Zielsetzungen (zeitlich und inhaltlich), Maßnahmen (inklusive Finanzierung) zu deren Erreichung und konkrete Beiträge aller beteiligten Stakeholder festlegt. Dabei sollten alle relevanten Dimensionen des Aufbaus einer lokalen Wasserstoffwirtschaft berücksichtigt werden (Produktion, Infrastruktur, Anwendungen).
4. Dialogprozess und Beteiligte
Die Roadmap sollte klar definierte Ziele für die Entwicklung aller Sektoren auf Angebots- und Nachfrageseite erarbeiten. Es sollen wesentliche und umsetzbare Schritte und konkrete Maßnahmen identifiziert werden, um die formulierten Ziele zu erreichen. Die Festlegung der hierzu zu leistenden Beiträge aller wesentlichen Stakeholder-Gruppen soll in einem intensiven Dialogprozess erarbeitet werden. Ende des Jahres 2020 soll mit einer gemeinsamen Erklärung der beteiligten Stakeholder die Umsetzung der gemeinsam gesetzten Ziele und der festgelegten Maßnahmen angestoßen werden. Ein Begleitkreis Roadmap Wasserstoff, bestehend aus dem federführenden Umweltministerium, dem Wirtschaftsministerium, dem Verkehrsministerium, dem Wissenschaftsministerium sowie der e-mobil BW wurde eingerichtet. Dort werden der Dialogprozess und die Erstellung der Roadmap koordiniert.
Es sollen alle Sektoren – Industrie, Mobilität, Energie mit Strom und Wärme – und alle Wertschöpfungsstufen berücksichtigt werden. Anschließend erfolgt eine Betrachtung und Bewertung dieser Themen sowie eine Priorisierung und Schwerpunktsetzung.