Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen

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Finanzen

Stellungnahme des Ministeriums

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Das Ministerium für Finanzen nimmt zu den eingegangen Kommentaren zusammenfassend wie folgt Stellung:

Vorbemerkung

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll entsprechend der Entscheidung der Regierungskoalition zuvorderst der Tarifabschluss für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder vom 9. Dezember 2023 zeitgleich eins-zu-eins auf die Besoldung und Versorgung übertragen werden. Hierbei kommt im Versorgungsbereich der individuelle Ruhegehalts- und Hinterbliebenensatz zur Anwendung. Zudem soll ab dem Jahr 2024 in der Besoldung eine Weiterentwicklung vom Familienbild der Alleinverdienerfamilie als Bezugsgröße der Besoldung hin zur Hinzuverdienstfamilie erfolgen. Damit soll entsprechend statistischer Daten die gesellschaftliche Realität auch in der Beamtenbesoldung besser und zeitgemäß abgebildet werden. Bei tatsächlichem Vorliegen einer Alleinverdienerfamilie ist in begründeten Fällen ein Familienergänzungszuschlag vorgesehen. Darüber hinaus sind weitere dienstrechtliche Änderungen enthalten.

Besoldungsanpassung 2024/2025

Vor dem Hintergrund der besonderen Ausnahmesituation in Zeiten einer historisch höheren Inflation und weiterhin erheblich gestiegener Lebenshaltungskosten, die insbesondere Beamtinnen und Beamte in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen in besonderer Weise belasten, ist die Eins-zu-eins-Übertragung des Sockelbetrags dienstrechts- und sozialpolitisch geboten. Sie dient im Zusammenwirken mit den nach dem Gesetzentwurf ebenfalls für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe zu gewährenden Inflationsausgleichszahlungen insbesondere dazu, bestehende Kaufkraftverluste bei den besonders betroffenen Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfängern in unteren und mittleren Besoldungsgruppen hinreichend abzufedern.

Wenngleich die Übertragung des Sockelbetrags in Form eines Festbetrags die relativen Abstände zwischen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen reduziert, liegt nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 (2 BvL 4/18) erst dann ein Verfassungsverstoß vor, wenn relative Abstände innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren um mindestens 10 Prozent abgeschmolzen wurden. Unter Berücksichtigung der Eins-zu-eins-Übertragung des Sockelbetrags bleiben die relativen Abstandsveränderungen innerhalb des bundesverfassungsgerichtlich zulässigen Rahmens.

Auch sind die Inflationsausgleichszahlungen gemäß dem Gesetz zur Regelung von Sonderzahlungen zur Inflationsabmilderung in der Besoldung im Jahr 2024 (InflAbmilBG 2024) beim verfassungsrechtlichen Vergleich der Besoldungsentwicklung mit dem Nominallohnindex in der Besoldungsentwicklung zu berücksichtigen. Denn der Nominallohnindex ist ein allgemein anerkannter Indikator für die Einkommens- und Wohlstandsentwicklung der abhängig Beschäftigten in Deutschland. Er bildet die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab. Die Inflationsausgleichsprämien werden insofern auch in der Verdienststatistik als Bestandteil des Gesamtbruttoentgelts und damit im Nominallohnindex miterfasst. Würden nun die Inflationsausgleichszahlungen in der Besoldungsentwicklung nicht berücksichtigt, würden „Äpfel mit Birnen verglichen“ und die Besoldungsentwicklung nicht realitätsgerecht dargestellt.

Weiterentwicklung des Familienbilds hin zur Hinzuverdienstfamilie

Dem Gesetzgeber kommt bei der Ausgestaltung der Besoldung insofern ein weiter Gestaltungsspielraum zu, als er nicht verpflichtet ist, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, die tatsächlichen Lebensverhältnisse stärker in den Blick zu nehmen. Nach vorliegenden statistischen Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg lebt die große Mehrheit der Familien mit zwei minderjährigen Kindern in Baden-Württemberg mit zwei Einkommen. Vor diesem Hintergrund ist die Alleinverdienerfamilie als Bezugsgröße für die Bemessung familienbezogener Besoldungsbestandteile nicht mehr zwingend und die Besoldung in dieser Hinsicht fortzuentwickeln.

Ein Verstoß gegen Artikel 3 und 6 des Grundgesetzes (GG) ist nicht ersichtlich. Der im Rahmen der Weiterentwicklung der Bezugsgröße neu auszubringende Familienergänzungszuschlag betrifft nur wenige Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen und wird in der Lebenswirklichkeit nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt. Er bildet insbesondere in größeren Betragshöhen keinen dauerhaften Einkommensbestandteil, auf den sich eine Entscheidung für oder gegen eine Erwerbstätigkeit stützen ließe. Auch ist aufgrund der relativ geringen Höhe der Betragsgrenze von 6.000 Euro jährlich nicht von einer die Entscheidungsfreiheit der Familie hinsichtlich der Berufstätigkeit wesentlich beeinflussenden Größe auszugehen. Schließlich erstreckt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie in Artikel 6 GG auf die Alleinverdienerehe ebenso wie auf die Doppelverdienerehe.

Trotz der Weiterentwicklung des besoldungsrechtlichen Alimentationsmodells von der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie zu einer Hinzuverdienerfamilie soll für die Ermittlung des Abstands zum Grundsicherungsniveau an dem bisherigen Bild einer Beamtenfamilie bestehend aus einer verheirateten Beamtin beziehungsweise einem verheirateten Beamten und zwei im Familienzuschlag zu berücksichtigenden Kindern festgehalten werden. Entsprechend sind dem Grunde nach anspruchsberechtigt verheiratete Beamtinnen und Beamte. Aufgrund ihrer grundsätzlichen Anspruchsberechtigung liegt auch keine Benachteiligung gegenüber Unverheirateten vor.

Die Betragsgrenze in Höhe von 6.000 Euro orientiert sich an der Geringfügigkeitsgrenze nach Paragraf 8 Absatz 1a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, welche die niedrigste rechtlich festgeschriebene Verdienstmöglichkeit im Bereich der nichtselbständigen Arbeit darstellt. Diese beträgt aktuell jährlich 6.456 Euro.

Die Höhe des Familienergänzungszuschlags richtet sich nach der Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe der Beamtin beziehungsweise des Beamten. Stehen beide Elternteile im öffentlichen Dienst in einem Beamtenverhältnis, soll maßgeblich sein, wem das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz gewährt wird oder vorrangig zu gewähren wäre. Diese Zuordnung liegt somit weiterhin in der Dispositionsbefugnis der Elternteile.

Die hinter der Weiterentwicklung der Bezugsgröße stehenden Erwägungen sind in der Gesetzesbegründung ausführlich dargestellt und erläutert. Insbesondere wird auf die statistische Datengrundlage eingegangen, welche die zugrundeliegende gesellschaftliche Realität widerspiegelt.

Der Familienergänzungszuschlag kommt nur in den wenigen Fällen in Betracht, in denen der Ehegatte über nahezu kein Einkommen verfügt. Zudem betrifft er nur wenige Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen und wird in der Lebenswirklichkeit in größerer Betragshöhe nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt. Der Verwaltungsaufwand soll zudem durch eine jährliche Betrachtung möglichst geringgehalten werden.

Abstand in Höhe von 15 Prozent zum Grundsicherungsniveau

Der nach dem vorliegenden Gesetzentwurf einer vierköpfigen Beamtenfamilie zur Verfügung stehende Nettobetrag liegt auch in der niedrigsten Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe um mindestens 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau.

Die Sonderzahlungen zur Inflationsabmilderung sind gesetzliche Besoldungsleistungen eigener Art in Form von grundsätzlich steuerfreien Einmalzahlungen und stehen den Beamtinnen und Beamten wirtschaftlich im Jahr 2024 zur Verfügung. Sie sind daher im Jahr 2024 bei der Nettoalimentation zu berücksichtigen.

Höhe der kinderbezogenen Familienzuschläge

Kinderbezogene Familienzuschläge berühren als familienbezogene Leistung das Leistungsprinzip und das Abstandsgebot zwischen Besoldungsgruppen nicht unmittelbar. Das Abstandsgebot bezieht sich vorrangig auf die Ausgestaltung von Grundgehältern. Auch spricht das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2020 (2 BvL 4/18) ausdrücklich von der Möglichkeit, etwa durch höhere Familienzuschläge die Besoldung stärker als bisher von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.

Polizeizulage / Wechselschichtzulage

Stellenzulagen gehören nicht zum Kernbereich der Besoldung, sind grundsätzlich nicht ruhegehaltfähig und nehmen grundsätzlich nicht an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen teil. Eine Anhebung beziehungsweise eine Dynamisierung oder die Einführung der Ruhegehaltfähigkeit von Stellenzulagen ist nicht vorgesehen. Auch sind Änderungen bei der Anrechnung der Polizeizulage auf die Zulagen für Wechselschichtdienst und Schichtdienst nicht vorgesehen.

Attraktivitätssteigerung / Wertschätzung / Pensionsansprüche in der Versorgung

Strukturelle Änderungen im Beamtenrecht (und in deren Folge im Besoldungs- und Versorgungsrecht) – insbesondere zur Attraktivitätssteigerung – sind nicht Gegenstand dieses Gesetzgebungsverfahrens.