Klimaschutz

Klima-Maßnahmenregister 2024

Das Klima-Maßnahmenregister enthält Maßnahmen, die den Ausstoß von Treibhausgasen senken sollen. Bürgerinnen und Bürger konnten online weitere Maßnahmen vorschlagen.

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Ein Thermometer zeigt fast 36 Grad Celsius an. (Bild: © Patrick Pleul / dpa)

Klima-Maßnahmenregister 2024

Stellungnahme Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)

Berechne Lesezeit
  • Teilen

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz bedankt sich, als federführendes Ministerium für den Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (LULUCF-Sektor), für die eingegangenen Rückmeldungen zum LULUCF-Sektor im Rahmen der Bürgerbeteiligung zum KMR.

Der Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (LULUCF-Sektor) umfasst die Landnutzungsarten Wälder, Ackerflächen, Grünland, Feuchtgebiete und Siedlungen. Die Kohlenstoffspeicher dieser (Natur-)Räume können als Quelle (Freisetzung führt zu positiven Emissionen) oder als Senke (Einbindung/Speicherung führt zu negativen Emissionen) für Treibhausgas-Emissionen wirken.

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz als federführendes Ministerium für den Sektor LULUCF, dankt für die eingegangenen Rückmeldungen zum LULUCF-Sektor im Rahmen der Bürgerbeteiligung zum KMR (Stand 22. Mai 2024).

Die Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger sowie eines Verbands beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte der Landnutzung und der bereitgestellten Leistungen natürlicher Ökosysteme.

Die Vorschläge und Anmerkungen betreffen die Wiedervernässung und Nutzung von Moorböden, den Humusaufbau auf landwirtschaftlichen Flächen sowie die Stärkung von Agroforst-Nutzungen. Damit gehen sie auf die vielfältigen Ökosystemleistungen von Naturräumen ein, deren Erhaltung oftmals im Spannungsfeld mit konkurrierenden Flächennutzungen steht. Die Klimaschutzmaßnahmen des KMR sind immer auch darauf ausgerichtet, die Anpassungsfähigkeit natürlicher Systeme an die Klimaveränderungen zu erhöhen.

Kommentar 1

Wiedervernässung

Der Naturschutzgrunderwerb ist eine gemeinsame Aufgabe der Naturschutzverwaltung, welche den Bedarf fachlich begründet, und des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, welcher den Grunderwerb fachlich vorbereitet und durchführt. In begründeten Fällen wurden bereits in der Vergangenheit Flächen für den Artenschutz erworben und im Anschluss entsprechend fachlich aufgewertet. Beispielsweise wurden im Ammertal bei Tübingen 13,6 Hektar Flächen erworben, um den Kiebitz – eine gefährdete Vogelart- erfolgreich wieder anzusiedeln.

Mit der Renaturierung von Moorflächen wird gleichzeitig eine hoher Beitrag zur Sicherung der Biodiversität geleistet. Im Bereich des Klimaschutzes in Verbindung mit Biodiversitätsschutz engagiert sich das Land derzeit vorrangig im Erwerb von Moorflächen mit dem Ziel der Wiedervernässung und Renaturierung.

Durch die Wiedervernässung ehemals entwässerter Moorflächen kann sowohl durch Renaturierung als auch durch eine moorbodenschonende Nutzung der Auststoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) reduziert werden. Zu den Emissionsminderungen aus verschiedenen Nutzungstypen von wiedervernässten Moorböden gibt es verschiedene Literaturangaben. Das Einsparpotenzial ist abhängig von der vorangeganenen Nutzung unter entwässerten Bedingungen und der anschließenden wiedervernässten Folgenutzung und liegt zwischen circa 17 und 35 Tonnen CO2-Äquivalenten. Im Falle einer moorangepassten Nutzung nach Wiedervernässung (Paludikultur) hängt die tatsächliche Einsparung von der Art der Nutzung ab und davon, welche Wasserstände diese toleriert.

Damit der Moorschutz in Baden-Württemberg weitergestärkt wird, wurde eine Arbeitsgruppe (AG) Moorschutz gebildet, in der unter anderem das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) und das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) mit ihren Landesanstalten vertreten sind, um die bereits bestehende Moorschutzkonzeption zu einer Moorschutz- und Moornutzungsstrategie weiterzuentwickeln. Es wurden in diesem Jahr entsprechende Unterarbeitsgruppen zum Themaschwerpunkten Finanzierungsakquise und Anreizsysteme, Bereitstellung fachlicher Grundlagen sowie Paludikulturen und Bioökonomie gebildet, um eine zukunftsorientierte Strategie zu erarbeiten.

Kommentar 2

Naturschutzflächen mit Klimaschutz kombinieren?

Der Ausbau von Photovoltaik (PV) ist wesentlicher Bestandteil des Energie- und Klimaschutzkonzepts für Landesliegenschaften. Sofern nach Abwägung konkurrierender Interessen möglich, werden Freiflächen potentiell Betreibenden von PV-Anlagen per Nutzungsüberlassung für einen Zeitraum von 25 Jahren zur Verfügung gestellt (Einzelfallprüfung, unter anderem unter Berücksichtigung bestehender Verträge / Nutzungsbindungen). Somit ist bereits heute grundsätzlich eine Doppelnutzung von Landesflächen mit PV-Anlagen möglich.

Auch eine Doppelnutzung von wiedervernässten Moorflächen mit Photovoltaikanlagen wird bei der Wiedervernässung mitgedacht. Auf Bundesebene wurden für solche Systeme bereits Fördermöglichkeiten im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geschaffen. Das Land Baden-Württemberg fördert seit 2021 Machbarkeits-Untersuchungen zu möglichen Pilotprojekten zur Wiedervernässung, auch in Kombination mit PV-Nutzung.

Bislang besteht noch Klärungsbedarf zu den Auswirkungen von PV-Anlagen auf Moorböden, insbesondere gilt es, den Moorbodenerhalt zu berücksichtigen. Aktuell befindet sich ein Moor-PV-Projekt im Schwarzwald-Baar-Kreis im Aufbau mit dem Ziel der Klärung der noch offenen Fragen. Als Projektergebnis soll ein Leitfaden zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf Moorstandorten entwickelt werden. Grundsätzlich können PV-Anlagen auf Moorböden mit Artenschutzbelangen vereinbar sein, was im Einzelfall zu prüfen ist.

Kommentar 3

Wald als CO2-Senke erhalten

Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, sind sowohl der Ausbau erneuerbarer Energien, der Erhalt und Umbau unserer Wälder und die Kohlenstoff-speichernde Holzverwendung von zentraler Bedeutung.

Die Belange des Waldes werden von den zuständigen Behörden in den Genehmigungsverfahren zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen geprüft und berücksichtigt. Eine Windkraftanlage im Wald benötigt im Durchschnitt nach Abschluss der Bauphase eine geringe dauerhafte Fläche von 0,4 bis 0,6 Hektar für den konkreten Windenergieanlagenstandort. Als Ausgleich für die dauerhafte Nutzung von Wald für die Windenergie werden entweder neue Waldflächen an anderer Stelle geschaffen oder es wird zum Beispiel ein Beitrag zum ökologischen Waldumbau geleistet. Entsprechende Vorschriften zum Ausgleich der Umwandlung von Wald in andere Nutzungsformen (hier Windenergienutzung) finden sich maßgeblich im Bundeswaldgesetz (BWaldG) sowie im Landeswaldgesetz (LWaldG). Diese Regelungen und die nach wie vor stattfindenden Erstaufforstungen sorgen dafür, dass die Waldfläche in Baden-Württemberg trotz Waldumwandlungsverfahren nicht abnimmt.

Grundsätzlich werden die Eingriffe in den Wald auf das absolut notwendige Maß beschränkt, um somit den Wald als CO2-Senke weiter zu erhalten und zu nutzen.

Gemäß einer Lebenszyklusanalyse des Umweltbundesamtes ist die Treibhausgaseinsparung pro Kilowattstunde produziertem Strom (Lauf, T., Memmler, M., & Schneider, S. (2023). Emissionsbilanz erneuerbarer Energieträger. Bestimmung der vermiedenen Emissionen im Jahr 2022. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt) so groß, dass sie auch nach Abzug der Emissionen aus Herstellung, Betrieb und Abbau einer Windkraftanlage einen möglichen Bindungsverlust von CO2  durch die Vegetation auf der betroffenen Fläche um ein Vielfaches übersteigt.

Kommentar 4

Stärkung Streuobstanbau und Agroforst

Das Land hat eine umfangreiche Streuobstkonzeption, mit der verschiedene Maßnahmen und Förderungen im Bereich Streuobst umgesetzt werden.

Aktuell befindet sich die Streuobstkonzeption 2030 in der Überarbeitung. Sie benennt sieben Handlungsfelder: Bewirtschaftung / Bestandssicherung, Verarbeitung / Vermarktung, Öffentlichkeitsarbeit / Bildung / Beratung, Forschung, Förderung, die Etablierung von Streuobstregionen und die Vorbildfunktion des Landes. In jedem Handlungsfeld werden Maßnahmenvorschläge benannt, die unter Vorbehalt der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel schrittweise umgesetzt werden sollen. Nach der Verabschiedung durch den Landtag wird die neue Streuobstkonzeption veröffentlicht und in den folgenden Jahren umgesetzt. Die angesprochenen Themen und Vorschläge für eine Förderung werden dabei diskutiert und bei Eignung umgesetzt. Einige der Themen sind bereits aktuell Stand von Förderungen oder werden in Projekten ausprobiert.

Darüber hinaus bestehen weitere Fördermaßnahmen und Unterstützungen.

Kommentare 6, 7 und 8

2te Ergänzung: "Pilotprojekt Humusanreicherung auf landwirtschaftlichen Flächen zur CO2-Senkung (Naturparke)"

1te Ergänzung zu "Pilotprojekt Humusanreicherung auf landwirtschaftlichen Flächen zur CO2-Senkung (Naturparke)"

Boden als Kohlenstoffspeicher

Klimafreundlichere Landbewirtschaftungspraktiken haben das Potenzial, Kohlenstoff in Ökosystemen zu binden und die Freisetzung in die Atmosphäre zu verringern. Mit dem Landes-Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT II) werden Landwirtinnen und Landwirte beispielsweise für bestimmte Maßnahmen entlohnt, die zum Klimaschutz beitragen. Bei den ackerbaulichen Maßnahmen ist jedoch zu beachten, dass die Kohlenstofffestlegung im Humus jederzeit reversibel und nur dann nachhaltig ist, wenn die humusaufbauende Bewirtschaftung dauerhaft aufrechterhalten wird.

Eine Art der Landbewirtschaftung, die sich das Ziel setzt, humusbildende Prozesse und die Bodenbiologie zu fördern, ist die Regenerative Landwirtschaft. Die regenerativen Grundsätze integrieren Ideen aus verschiedenen Betriebsformen. Maßnahmen zum Bodenschutz werden auch in anderen Betriebsformen umgesetzt. Das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf bewirtschaftet seit 2018 in Bettenreute (Fronhofen) Ackerflächen nach den Leitlinien der Regenerativen Landwirtschaft. Auf den Versuchsflächen werden auch artenreiche Anbausysteme und weitere Elemente der Regenerativen Landwirtschaft im Vergleich zur konventionellen Wirtschaftsweise und Kulturen in Reinsaat auf ihre bodenfruchtbarkeits- und biodiversitätsfördernde Wirkung hin getestet. Jährliche Feldtage sollen dazu dienen, die Herausforderungen bei der Umsetzung der Grundsätze der Regenerativen Landwirtschaft am Standort Bettenreute aufzuzeigen und zu diskutieren.

Der diesjährige Feldtag fand am 10. Juli 2024 statt.

Das Potential von Pflanzenkohle beziehungsweise Biokohle zur Festlegung von Kohlenstoff im Boden auf den heimischen Böden ist begrenzt, so die aktuelle Aussage des Wissenschaftlichen Beirats für Düngung (Wissenschaftlicher Beirat für Düngungsfragen. (März 2024). Biokohle in der Pflanzenproduktion - Nutzen, Grenzen und Zielkonflikte. Berichte über Landwirtschaft, Seite 42). Auch der Nutzen von Biokohle für den Pflanzenbau wird in gemäßigten Breiten als gering eingeschätzt.

Kommentar 9

Förderprogramm nachhaltige Waldwirtschaft – Verwaltungsvorschrift nachhaltige Waldwirtschaft

Eine weiträumige, nachhaltige, multifunktionale Waldbewirtschaftung ist das Leitmotiv zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel und zur Stärkung und zum Erhalt der vielfältigen Waldfunktionen – darunter auch die der Klimaschutzleistung des Waldes. Unter dem Dach der „Waldstrategie 2050“ des Landes werden wesentliche Maßnahmen zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel und zur Förderung der Resilienz der Wälder entwickelt und umgesetzt.

Mit dem Förderprogramm Nachhaltige Waldwirtschaft werden entsprechende Anreize zur Schaffung klimastabiler Wälder mit verlässlicher Senkenleistung und möglichst stabilem Waldspeicher gesetzt. Eine vielfältige Lebensgemeinschaft mit hoher Biodiversität trägt dabei zur Widerstandskraft und Resilienz der Waldökosysteme bei. In unseren bewirtschafteten Wäldern besteht daher auch das Ziel, einen angemessenen Anteil ökologisch wertvoller Habitatbäume und Totholzstrukturen zu integrieren. Vor diesem Hintergrund wird im oben genannten Förderprogramm auch der Erhalt solcher Elemente in begrenztem Umfang honoriert und damit einhergehende Bewirtschaftungsnachteile ausgeglichen.

Davon unbenommen kann und soll durch die Kombination aus nachhaltig bewirtschaftetem Wald und möglichst langlebiger Holzverwendung die Klimaschutzleistung des Waldes ausgebaut werden. Denn durch eine stetige Überführung des gebundenen Kohlenstoffs aus dem labilen und begrenzten Waldspeicher in den Holzproduktspeicher wird die Klimaschutzleistung des Waldes optimal erweitert. Zur Erschließung der wachsenden Laubholzpotenziale hat das Land als wichtige Initiative das Technikum Laubholz ins Leben gerufen, um innovative stoffliche Verwendungsmöglichkeiten in der Wertschöpfungskette Wald und Holz zu fördern und zur Marktreife zu bringen. Ergänzend werden verschiedene Forschungsprojekte zur Verwendung von Laubholz gefördert.