Medienbildung an Hochschulen
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Vor dem Hintergrund des technischen Wandels in der Gesellschaft und der Nachfrage der Wirtschaft nach qualitativ hochwertig ausgebildeten Fachkräften sowie im Hinblick auf die heterogenen Voraussetzungen der Lernenden kommt dem Erwerb von Medienkompetenzen sowie didaktisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien und innovativer Lerntechnologien eine herausragende Rolle in der Hochschullehre zu. Dabei umfasst die Medienbildung an Hochschulen das Lehren und Lernen mit Medien (= Mediendidaktik) und über Medien. Das bedeutet zum einen, dass Medien in den Lehrveranstaltungen durch Lehrende mit dem Ziel eingesetzt werden, eine Veranstaltung für Studierende flexibler, anschaulicher und auch inklusiver zu gestalten. Zum anderen umfasst der Begriff aber auch, Studierende zum Reflektieren und (kreativen) Nutzen von Medien zu befähigen (= Medienkompetenz). Letzteres kann, muss aber nicht immer methodisch mit Medien – also über die Mediendidaktik – erfolgen.
Studierende benötigen sowohl inhaltlich-fachliche Kompetenzen als auch Medienkompetenzen, um auf eine immer digitaler und internationaler werdende Arbeitswelt vorbereitet zu sein und die digitale Welt mitgestalten zu können. Auch im Studium werden Studierende vermehrt mit digitalen Tools und Lernmedien konfrontiert. Aber nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende benötigen Medienkompetenzen sowie Kenntnisse der Mediendidaktik für einen sinnvoll gerichteten Einsatz von Medien in der Lehre.
Zielgruppenorientierte, digitale Bildungs- und Prüfungsangebote können die Möglichkeiten des Hochschulzugangs erweitern und das Studium flexibilisieren. Hiervon profitieren auch Studierende, die z.B. parallel erwerbstätig sind, eine eigene Familie gründen oder körperlich beeinträchtigt sind. Der Ausbau elektronisch unterstützter Lehre ist damit auch ein Baustein der Inklusion und erhöht die Durchlässigkeit im Bildungswesen. Unter Berücksichtigung der Freiheit von Forschung und Lehre erscheint es daher erforderlich, den didaktisch sinnvollen Einsatz von Medien in der Lehre an Hochschulen insgesamt zu stärken.
Die Landesregierung fördert den Ausbau von elektronisch digitaler Lehre, Prüfungen und Weiterbildung an den Hochschulen mit vielfältigen Projekten und Initiativen und durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen.
Mit dem vom Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) Tübingen entwickelten und betreuten Internetportal www.e-teaching.org verfügt Baden-Württemberg über das bundesweit einzige Beratungsportal zu E-Learning an Hochschulen. Es richtet sich an alle E-Learning-Akteure im Hochschulbereich (Lehrende, Mitarbeitende in Servicebereichen, Hochschul- und Projektleitungen) und bietet frei zugängliche, anwendungsorientierte, wissenschaftlich fundierte und qualitätsgesicherte Informationen zu didaktischen, technischen und organisatorischen Aspekten von E-Learning und E-Teaching.
Nicht zuletzt durch das erhöhte Prüfungsaufkommen im Zuge des Bologna-Prozesses hat die Bedeutung von elektronisch durchgeführten Prüfungen zugenommen. Der Landesdienst bwLehrpool bietet aufgrund der zeitlichen Flexibilität der Poolraumnutzung, der Konfigurations-, Update- und freien Anpassungsmöglichkeiten und natürlich des speziell abgesicherten Prüfungsmodus ein für E-Prüfungen hervorragend geeignetes Umfeld. Über bwLehrpool lassen sich die unterschiedlichsten elektronischen Prüfungsszenarien abbilden, wie „klassische“ E-Klausur und auch E-Prüfungen in virtualisierten Rechnerumgebungen. Theoretisch können durch bwLehrpool sämtliche PC-Pools eines Campus innerhalb weniger Minuten in ein elektronisches Prüfungscenter verwandelt werden.
Entsprechend dem KoaV 2021(–2025 (S. 50) hat das MWK im Jahr 2022 den Dialogprozess „Zukunftslabor Hochschulen in der digitalen Welt“ initiiert. Ziel des Dialogprozesses ist es, die aktuell drängendsten Digitalisierungsthemen in den Bereichen Lehre, Forschung und Administration sowie die wichtigsten Querschnittsthemen zu identifizieren, Sichtweisen und Bedarfseinschätzungen zu hören und Förderformate, Verbundvorhaben sowie Vorschläge für die Anpassung und Aufstellung von Rahmenbedingungen zu entwickeln. Es gilt, die Erfahrungen aus der Pandemiezeit zu erhalten und die digitale Zukunft der Hochschulen zu gestalten. Gestartet wurde der Dialogprozess am 8. Juli 2022 mit dem Zukunftsworkshop „Hochschulen in der digitalen Welt“ in Mannheim mit rund 150 Teilnehmenden, darunter Vertreterinnen und Vertreter aller Statusgruppen der Hochschulen aus BW. Im Bereich Lehre werden die Maßnahmen direkt in die Landesstrategie Digitale Lehre@BW2025 einfließen. Im Rahmen der Landesstrategie werden u.a. mit bwILIAS und dem Programm bwDigiFellows bereits erste Vorhaben umgesetzt, um die Hochschulen beim Einsatz digitaler Lehrmodelle zu unterstützen.
Wissenschaftliche Weiterbildung setzt eine hohe Qualität der Lehre und innovative Lehrkonzepte voraus, wozu Medienbildung unerlässlich ist. Um Studierenden, die im Beruf stehen oder familiäre Verpflichtungen haben, ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können, werden verstärkt Blended Learning und E-Learning-Kurse angeboten. Mit zwei Programmen werden Initiativen zum Ausbau berufsbegleitender Masterangebote und möglichst zentraler Strukturen gefördert, die u.a. folgende Aspekte berücksichtigen: Interaktive Lernbedingungen, neue Studienformate wie Blended Learning etc.
In studentischen Radio- und Fernsehredaktionen im Rahmen der von der LFK geförderten Projekte HD-Campus TV sowie verschiedener Lernradios erhalten Studierende in Baden-Württemberg eine umfangreiche Medienbildung und damit die Befähigung, Wissenschaftsthemen cross- und transmedial aus der Hochschule (und auch im späteren Berufsleben) adäquat in die Öffentlichkeit zu tragen.
Studierende aller Fachrichtungen sollten die Möglichkeit haben, im Verlaufe des Studiums ihre fachspezifischen sowie fachübergreifenden Medienkompetenzen zu stärken und zu erweitern, um eine optimale Vorbereitung auf die Arbeitswelt zu gewährleisten. Digitale Studienangebote erfordern intensive Medienkompetenz. Zentral ist dabei, auch die mediendidaktische Kompetenz Lehrender in Ergänzung zu bereits vorhandenen Fortbildungsmöglichkeiten zu stärken. Hier kommt der Hochschuldidaktik eine besondere Aufgabe zu.
Für die digitale Lehre ergeben sich Handlungsfelder in den Bereichen Infrastruktur/Technik und Tools, Unterstützungspersonal, rechtliche Rahmenbedingungen, Schulung/Weiterbildung, Bildungsforschung, Vernetzung und Strategie/Kultur. Der Digitalisierung der Lehre und der Ausgestaltung von digital gestützten Lehrangeboten werden seitens der Landesregierung großes Potenzial und eine wichtige Rolle im Hinblick auf die zukünftige Hochschulentwicklung zugesprochen. Dies spiegelt sich in den zahlreichen Förderprogrammen und hochschulübergreifenden Fördermaßnahmen zur Schaffung der notwendigen Infrastruktur in den letzten Jahren sowie den aktuellen Ausschreibungen wie in 3.9.3 beschrieben wider aber vor allem im umfassenden Dialog mit den Hochschulakteuren im Dialogprozess „Zukunftslabor Hochschulen in der digitalen Welt“.
Kommentare : zur Medienbildung an Hochschulen
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Kommentar, Fragen, Diskussionspunkte
Grundsätzlich ist ein Strategiepapier zur Medienbildung sehr zu begrüßen. Es zeigt seitens der Regierung ein Problembewusstsein und die Notwendigkeit, in heterogenen Handlungsfeldern entsprechend unterschiedlich zu agieren. Allerdings wirft das Strategiepapier auch einige Diskussionspunkte auf, die ich der Einfachheit halber nacheinander in die
Grundsätzlich ist ein Strategiepapier zur Medienbildung sehr zu begrüßen. Es zeigt seitens der Regierung ein Problembewusstsein und die Notwendigkeit, in heterogenen Handlungsfeldern entsprechend unterschiedlich zu agieren. Allerdings wirft das Strategiepapier auch einige Diskussionspunkte auf, die ich der Einfachheit halber nacheinander in die hoffentlich weiter stattfindende Diskussion geben möchte:
1. Begrifflich wird von einem sehr engen Verständnis von Medienbildung ausgegangen – ausgehend von der gegenwärtig sehr dynamischen Entwicklung im Bereich der Digitalisierung & der damit zusammenhängenden Durchdringung aller gesellschaftlichen Bereiche wird Medienbildung hier verkürzt zu Medienkompetenz oder als Medienpädagogik ummantelt. Das zeigt sich auch im teils synonymen Gebrauch von Medienkompetenz, Medienpädagogik, Medienbildung und Medienerziehung (!). Dass dies kein gradueller semantischer Unterschied ist, zeigt u.a. auch ein Blick in die Modulhandbücher der frühkindlichen Bildung im Land.
2. Die allzu starke Ausrichtung auf (technisch-informatorische) Kompetenz und anwendungsbereites Orientierungswissen tragen dem im Bildungsplan des Landes aufgefächerten breiten Begriffsverständnis für die Schule keine Rechnung.
3. Medienbildung an den Hochschulen konzentriert sich auf „didaktisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien“, E-Learning sowie digitale Prüfungsformate und ignoriert diesbezüglich Studiengänge des Landes, die Medienbildung im engeren wie im weiteren Sinne im Namen tragen. Die langjährigen Bemühungen des MWK auf Hochschulebene werden im Strategiepapier nicht sichtbar, die Hochschulen werden nicht einmal als Akteure der Medienbildung aufgeführt.
4. Außerschulische Medienbildung fokussiert ausschließlich Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit und ignoriert darüber hinaus vollständig nonformale und informelle Bildungsprozesse. In das Feld der außerschulischen Medienbildung sind ebenfalls Institutionen wie Museen, Theater, Kino und Musik angesiedelt, die im Strategiepapier als Orte von Medienbildung nicht vorkommen.
5. Neben den auf- und ausgeführten Handlungsfeldern und Zielen wird in vielen Bereichen nicht klar, woraus sich die Ressourcen nachhaltig über den Status quo hinaus schöpfen, die diese Handlungsfelder bespielen und Ziele umsetzen sollen. Mit Blick auf den Fachkräftemangel im Land und der Entwicklung von Ganztagsschulkonzepten ist die Anerkennung als pädagogische Fachkraft für Absolvent*innen medienbildnerischer Studiengänge nicht gesichert. Das mindert für diese die Attraktivität als Arbeitsfeld, bislang sollen pädagogische Fachkräfte eine ‚medienpädagogische Grundqualifizierung‘ nachweisen.
6. Die Punkte 3.1.5., 3.6.5 sprechen von Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich Medienbildung – wie sieht das konkret aus, warum nur in diesen Bereichen?
7. Gibt es Erkenntnisse zur spiralcurricularen und fächerintegrativen Verankerung von Medienbildung seit 2016/17? Wie viele Multimediaberater*innen an Grundschulen gibt es im Land (S.22)? Wie sind hierfür Anreizsysteme für Lehrer*innen, für die das on top kommt?
8. Was ist unter Elternkompetenz zu subsumieren und wie kann das mit Medienkompetenz zusammengehen? Welche kategoriale Rolle spielt Medienbildung bei der „medienpädagogischen Fortbildung“ und der medienpädagogischen Beratungsstelle des LMZ“ (Punkt 3.5.5)?
9. Wie wird bei der Medienbildung für Migrant*innen die „interkulturelle Kompetenz“ sichergestellt? Wie werden „bereits hier lebende Menschen mit Migrationshintergrund […] stärker einbezogen?
10. Welcher Zusammenhang steht zwischen Medienbildung und dem „Erwerb von Alltagskompetenzen“ bzw. „Verbraucherkompetenzen (Punkt 3.11)?
11. Es ist durchaus sinnvoll, systematisierend nach Zielgruppen zu kategorisieren, gleichwohl naiv, ältere Menschen ausschließlich als Neulinge in der digitalen Welt oder mit Blick auf Defizite als hilfsbedürftig zu betrachten. Das Feld ist weitaus heterogener, zumal es nicht immer an den älteren Menschen liegt, sondern häufig an der mangelhaften Infrastruktur.