Soll im Schwarzwald ein Nationalpark entstehen? Dieses Projekt sorgte für intensive Diskussionen im Land. Beteiligung soll für Transparenz sorgen und helfen, die Diskussion zu versachlichen.
Worum ging es?
Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 28. November 2013 die Einrichtung des Nationalparks Schwarzwald auf 10.062 Hektar, also einer Fläche von rund zehn mal zehn Kilometern im Staatswald, beschlossen. Das Vorhaben hat zum Ziel, eine einzigartige Naturlandschaft zu entwickeln, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren und einen Schutzraum für seltene Pflanzen und Tiere zu schaffen. Dabei soll der Nationalpark auch als Naturerlebnisraum dienen und somit nicht nur eine Chance für den Naturschutz, sondern auch für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung der Region insgesamt sein.
Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hat im Landesnaturschutzgesetz die Regelung verankert, dass Nationalparks in Baden-Württemberg nur durch ein Landesgesetz eingerichtet werden können. Damit lag die Entscheidung über die Einrichtung eines Nationalparks beim Landtag von Baden-Württemberg. Um Landesregierung und Landtag eine sachlich fundierte Entscheidung für oder gegen einen Nationalpark zu ermöglichen, haben die Vertretung der Region im Lenkungskreis (Landräte und Regierungspräsidentinnen/ Regierungspräsidenten) und das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im März 2012 beschlossen, ein unabhängiges Gutachten zu den möglichen Auswirkungen eines solchen Parks in Auftrag zu geben. Sieben Regionale Arbeitskreise aus örtlichen Experten haben das Gutachten begleitet und die verschiedenen Aspekte eines möglichen Nationalparks beleuchtet.
Wer war wie beteiligt und mit welchem Ergebnis?
Alle Beteiligten und Interessierten, insbesondere die Bürgerinnen und Bürger vor Ort und die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Akteure der Region, konnten ihre Anliegen einbringen. Das Ministerium schrieb unmittelbar zu Beginn des Prozesses alle 120.000 Haushalte im Suchraum an und informierte die Bürgerinnen und Bürger über das Vorhaben. Es lud sie zu Info-Veranstaltungen und geführten Wanderungen ein, schaltete ein Info-Telefon und forderte sie auf, aktiv mitzudiskutieren. Gesammelt wurden Fragen, Anregungen und Meinungsäußerungen, Stellungnahmen zu den (Zwischen-)Ergebnissen aus den Arbeitskreisen – sowohl schriftlich per Post, als auch im Internet und per E-Mail. Bereits bis Ende September 2011 waren über 2.000 Anregungen und Stellungnahmen eingegangen. Sie flossen in ein Lastenheft ein, das die im unabhängigen Gutachten zu untersuchenden Aspekte umreißt, und waren Grundlage für die Beratungen der Regionalen Arbeitskreise. Die Regionalen Arbeitskreise, an denen auch die Gutachterinnen und Gutachter teilnahmen, tagten bis Dezember 2012. Die Bevölkerung hatte die Möglichkeit, die einzelnen Protokolle und Ergebnisse dieser Arbeitskreise nach jeder Sitzung über eine Internet-Plattform zu kommentieren. Fragen, Anregungen und Meinungsäußerungen der Bürgerinnen und Bürger wurden regelmäßig in die Beratungen der Arbeitskreise eingebracht. Das in Auftrag gegebene unabhängige Gutachten wurde am 8. April 2013 in Stuttgart im Rahmen einer Landespressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei weiteren fünf Veranstaltungen im April 2013 wurde das Gutachten in der Region präsentiert und mit allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern diskutiert. Die Dokumentation der ersten Veranstaltung am 9. April 2013 in Bad Wildbad finden Sie online sowie die Rede des Ministerpräsidenten Kretschmann am 17. April 2013 in Ottenhöfen zur Präsentation des Gutachtens.
Auf Grundlage des Gutachtens hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz einen konkreten Vorschlag für Kulisse, Verwaltungsstruktur und Rechtsrahmen des Nationalparks vorgelegt. Daraufhin hatten Kommunen und Verbände sowie auch alle Bürgerinnen und Bürger wiederum die Möglichkeit, diesen einzusehen, zu kommentieren und damit die Rahmenbedingungen für den Nationalpark zu beeinflussen. Von dieser Möglichkeit haben die Bürgerinnen und Bürger auch lebhaft Gebrauch gemacht. Über die Beteiligungsplattform der Landesregierung brachten sich 168 Bürgerinnen und Bürger mit insgesamt über 430 Kommentaren in den Prozess um die Ausgestaltung des Nationalparkgesetzes ein. Alle eingegangenen Äußerungen wurden gesichtet und geprüft, die Anregungen und Vorschläge wurden berücksichtigt und sind – soweit möglich – in den überarbeiteten Vorschlag für Kulisse und Nationalparkgesetz eingeflossen.
Die Anhörungsphase sowie der vorgeschaltete Informations- und Beteiligungsprozess seit 2011 haben grundlegend und erfolgreich zur Ausgestaltung des Nationalparkgesetzes beigetragen. So liegen konkrete Ergebnisse des intensiven Austauschs beispielsweise in der paritätischen Mitbestimmung der Region, der Sicherheit angrenzender Wirtschaftswälder durch ein effektives Borkenkäfermanagement und dem Bestandsschutz bestehender Einrichtungen innerhalb der Gebietskulisse.
Insgesamt haben sich auf kommunaler Ebene mittels Gemeinderatsbeschlüssen vier von sieben Gemeinden, auf deren Gemarkung Flächen des Nationalparks liegen, für einen Nationalpark Schwarzwald ausgesprochen. Darüber hinaus war von den Stellungnahmen der fünf berührten Stadt- und Landkreise Baden-Baden, Calw, Freudenstadt, Ortenau und Rastatt lediglich die Rückmeldung des Landkreises Freudenstadt ablehnend. Auch die zuständigen Regionalverbände haben mit den positiven Rückmeldungen der Regionalverbände Mittlerer Oberrhein und Südlicher Oberrhein mehrheitlich für die Einrichtung des Großschutzgebiets votiert. Ebenso steht der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord mit breiter Mehrheit hinter dem Nationalpark.
Nach Abschluss der Auswertung der Bürgerbeteiligung beschloss der Ministerrat am 8. Oktober 2013, den entsprechend überarbeiteten Gesetzentwurf dem Landtag zur Beschlussfassung zuzuleiten. Zuvor konnte der Gesetzentwurf auch online kommentiert werden. Dieser hat das Gesetz zur Errichtung des Nationalparks Schwarzwald am 28. November 2013 beschlossen. Es trat zum 1. Januar 2014 in Kraft. Damit hat am 1. Januar 2014 der erste Nationalpark Baden-Württembergs seine Arbeit aufgenommen.
Ein zentrales Ergebnis des intensiven Beteiligungsprozesses liegt in der Besetzung des sogenannten Nationalparkrates, der über grundsätzliche Fragen des Nationalparks Schwarzwald berät. Dieses Beteiligungsgremium ist paritätisch mit Vertreterinnen und Vertretern des Landes sowie der Region besetzt und gewährleistet somit ein in dieser Form bundesweit einmaliges Mitbestimmungsrecht der Region. Damit ist sichergestellt, dass die Region auch künftig wesentlich zur Ausgestaltung des Nationalparks Schwarzwald beitragen wird.
Studie zu Akzeptanz des Nationalparks
In einer Studie zu „Indikatoren für Akzeptanz und Ablehnung des Nationalparks Schwarzwald“ (PDF), beschreibt Ergebnisse einer Telefonbefragung vom 25. November 2014 bis 8. Dezember 2014 zu verschiedenen Aspekten der Akzeptanz und Ablehnung des Nationalparks Schwarzwald. Befragt wurden Menschen in der Region um den Nationalpark als auch in Baden-Württemberg. In der Studie werden Erkenntnisse über die Aufmerksamkeit (zum Beispiel Bekanntheit und Interesse), Bewertungen (zum Beispiel Vor- und Nachteile) und Besuche (zum Beispiel getätigte und geplante Besuche) des Nationalparks dargestellt. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Akzeptanz des Nationalparks in Baden-Württemberg und in den Anrainer-Orten für die drei Indikatoren unterschiedlich ist. Sie ist relativ hoch, wenn es um Aufmerksamkeit geht. Die Bewertung des Nationalparks ist ebenfalls relativ hoch und entspricht der allgemein hohen Wertschätzung von Nationalparks. Unter dem Gesichtspunkt der Nutzung ist die Akzeptanz des Nationalparks hingegen noch relativ gering. Jedoch wurde festgestellt, dass je größer die Zufriedenheit mit der Bürgerbeteiligung vor Ort ist, desto größer ist die Neigung, den Nationalpark zu besuchen.