„Beteiligungsscoping“ ist ein Fachbegriff. Er umschreibt den Beginn der Dialogischen Bürgerbeteiligung. Beim Beteiligungsscoping geht es darum, die Themen für die spätere Bürgerbeteiligung zu sammeln. Außerdem werden Akteure gesucht, die im späteren Bürgerforum Input geben können. Man kann sagen, es wird eine erste Tagesordnung erstellt. Das Besondere ist, dass diese Tagesordnung partizipativ erarbeitet wird.
In einem ersten Schritt erstellt die Servicestelle Bürgerbeteiligung den ersten Entwurf einer sogenannten Themenlandkarte. Darin werden die wichtigen Themen der späteren Bürgerbeteiligung notiert.
In einem zweiten Schritt lädt die Servicestelle Bürgerbeteiligung lokale Interessengruppen, Verbände, Behörden oder Expertinnen und Experten ein. Gemeinsam wird der Entwurf der Themenlandkarte verbessert. Das ergibt den zweiten Entwurf. In der Sitzung werden Fachleute, Stakeholder oder Personen identifiziert, die im Bürgerforum Impulse und Vorträge geben könnten.
Im dritten und entscheidenden Schritt veröffentlicht die Servicestelle die so erarbeitete Themenlandkarte. Denn jetzt können die Bürgerinnen und Bürger online diesen zweiten Entwurf ergänzen. Erst danach liegt eine fertige Themenlandkarte vor.
In der Regel entscheidet das die Servicestelle oder ein Dienstleister. Sie orientieren sich dabei an öffentlich zugänglichen Informationen. Eine Verzerrung ist durchaus möglich. Abzuwägen ist zwischen einer arbeitsfähigen Gruppe und dem Ideal, jedweden Interessenten einzuladen. Wir entscheiden uns für eine arbeitsfähige Gruppe. Denn die Verzerrung ist nicht entscheidend. Es geht nur um einen Entwurf. Die Öffentlichkeit kann den Entwurf noch verändern.
Im Beteiligungsscoping geht es um zwei Fragen: Was sind die wichtigen Themen und wer sind die relevanten Akteure?
Eine Sammlung der Themen verdeutlicht grafisch, wie komplex das streitige Thema ist. Wichtig ist, dass sich alle Bedürfnisse in der Themensammlung wiederfinden. Es gibt keine Tabus, nur Bedürfnisse. Nur so können auch die heiklen, manchmal „unter den Teppich gekehrten“ Themen auf die Agenda kommen. Die grafische Darstellung zeigt, dass es kein „schwarz-weiß“ gibt. Es ist sozusagen ein Bild des Pluralismus. Es zeigt, dass die zuständigen Gremien viele Aspekte abwägen müssen. Eine Themenlandkarte kann auch Transparenz über vorhandenen oder fehlenden Einfluss oder Spielraum herstellen.
Manche Themen spielen eine große Rolle, können aber von den Akteuren nicht verändert werden. Zum Beispiel, da es sich um rechtliche oder sonstige Vergaben handelt, die nicht beeinflussbar sind. Auch solche Vorgaben gehören auf die Themenlandkarte. Die Sammlung der wichtigen Akteure hilft dem späteren Bürgerforum, Expertinnen und Experten oder Interessengruppen einzuladen und zu befragen. Ferner sensibilisiert das für betroffene Akteure, die auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen waren.
Die Breite der Themen unterscheidet die Dialogische Bürgerbeteiligung von der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist Teil eines förmlichen Verfahrens. Sie ist eine Art Anhörung. Relevant sind dort nur die Themen, die nach den Rechtsgrundlagen abzuprüfen sind. Oft sind dann alle Vor-Entscheidungen längst gefallen. Die Dialogische Bürgerbeteiligung bildet dagegen das ganze Streit-Panorama ab. Und das zu einem frühen Zeitpunkt. Oft zeigt sich dabei, dass Argumente vorgeschoben wurden, weil der wahre Kern des Streits nicht liegt.
Das Beteiligungsscpoing ist der Beginn der ersten Phase. Ein Entwurf der Themenlandkarte wird erstellt. Diese wird veröffentlicht und kann von jedermann ergänzt werden. So entsteht die „Tagesordnung“.
In der zweiten Phase diskutieren zufällig ausgesuchte Teilnehmende über die relevanten Themen. Das nennen wir „Bürgerforum“. Die Teilnehmenden hören Unabhängige, aber auch Interessenvertreter jeder Richtung. Sie können selbst Einfluss darauf nehmen, wen sie noch ergänzend anhören wollen. Am Ende geben die sogenannten Zufallsbürger ein Votum zu den relevanten Themen ab.
Es gibt zwei Ziele. In der ersten Phase geht es um das Gehörtwerden. Es ist wichtig, dass die relevanten Themen überhaupt auf die Agenda kommen. Eine konkrete Fallfrage wäre sinnlos. Denn hier käme sofort die Kritik, dies oder jenes Thema werde damit ausgeklammert.
In der zweiten Phase geht es um ein Meinungsbild der Zufallsbürger. Die Themenlandkarte ist die Tagesordnung, die Agenda, das Gerüst dieser Beratungen. Wichtig: Bei der Dialogischen Bürgerbeteiligung bleibt es bei der Entscheidung durch die gewählten Repräsentanten. Aber: Die Voten der Zufallsbürger helfen bei deren Abwägung. Denn es gibt in der öffentlichen Debatte viele laute Stimmen. Lokale Interessengruppen, Verbände oder Soziale Medien prägen sie. Die Dialogische Bürgerbeteiligung ist das Instrument, um auch den Bürgerinnen und Bürgern eine kraftvolle Stimme zu geben. Nur so kann die stille Mehrheit eine Rolle spielen.
Die Zufallsbürger sollen und können keine fachlichen Lösungen erarbeiten. Wenn sie das tun, ist es schön. Aber das ist nicht der Anspruch an sie. Vielmehr nehmen sie sich stellvertretend für andere Bürgerinnen und Bürger viel Zeit, in die Tiefe zu gehen. Das macht ihre Einschätzungen so wertvoll.