1. Sicherung von Flächen primär zur thermischen Entlastung
Diese Maßnahme kann einen Beitrag zur Minderung der Hitzebelastung in Siedlungen, zur Erhaltung regionaler Wasserressourcen (Wasserrückhalt in der Fläche, Grundwasserneubildung) und zur Minderung der Folgen von Hochwasser- und/oder Starkregenereignissen leisten (potenzielle Retentionsfläche). Weiterhin können durch Festlegung von Grünzügen, Grünzäsuren oder anderen Gebieten zum Freiraumschutz Erholungsmöglichkeiten für Bewohner hitzebelasteter Siedlungsgebiete geschaffen werden. Dazu ist bei der Festlegung von Regionalen Grünzügen, Grünzäsuren etc. insbesondere darauf zu achten, dass folgende Merkmale bzw. Funktionen gewährleistet sind:
- Um ihren Funktionen als Kaltluftentstehungsgebiete, Kaltluftabflussbahnen und Frischluftschneisen gerecht werden zu können, sollten Grünzüge und/oder Grünzäsuren etc. Verbindungen untereinander aufweisen (möglichst zerschneidungsfreies Freiraumverbundsystem).
- Zur thermischen Entlastung von Siedlungsgebieten sollten Grünzüge und Grünzäsuren gezielt dafür eingesetzt werden, Siedlungsgebiete in denjenigen Bereichen zu untergliedern bzw. weitere Besiedelungen durch entsprechende Festlegungen dort zu verhindern, wo eine besondere Hitzeexposition gegeben bzw. zukünftig zu erwarten ist.
- Es sollte darauf geachtet werden, zur Erholung geeignete Freiräume mit guter Erreichbarkeit bzw. in der Nähe von (hoch)verdichteten Siedlungsräumen zu sichern und/oder auszudehnen, um der städtischen Bevölkerung Naherholungsmöglichkeiten bei künftig zunehmender Hitze- und Ozonbelastung bieten zu können.
Zuständigkeit: Planungsebene Raumordnung, Träger der Regionalplanung; relevante Fachplaner (primär Landschaftsplanung, Forst, Landwirtschaft), zur Unterstützung der Regionalplanung stellt die Landesregierung klimatologische Grundlagendaten zur Verfügung (Zuständigkeit UM).
Betroffene Akteure: Kommunen, Fachplaner
Zeithorizont/Dringlichkeit: langfristig/räumlich differenziert
Erhalt und Schaffung eines Flächenverbunds zur thermischen Entlastung im Stadtraum
Herstellung/Sicherung möglichst zusammenhängender kleinräumlicher Verbundstrukturen von Grün- und Freiflächen bzw. sonstiger nicht überbauter Flächen im städtischen Kontext, die einen kühlenden Effekt für angrenzende Siedlungsstrukturen haben (z.B. mittels Darstellungen in Flächennutzungsplänen bzw. Festsetzungen von Grün- und Freiflächen in Bebauungsplänen).
Zuständigkeit: Planungsebene Bauleitplanung; Kommunen; relevante Fachplanung (primär Landschaftsplanung, Forst, Landwirtschaft)
Betroffene Akteure: Grundstücksbesitzer, Bauherren, Investoren
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig, hoch
2. Gewährleistung ausreichender Durchlüftung und Verringerung baulicher Dichte in Siedlungen / Minimierung der Inanspruchnahme von Flächen
Dichtekonzeption zur Sicherung der Durchlüftung und anderer stadtökologischer Qualitäten
In den für die Durchlüftung relevanten Bereichen der Städte sollten die baulichen Dichten auf Basis von integrierten Gesamtentwicklungskonzepten und darin enthaltenen kleinräumigen Dichtekonzeptionen gezielt gesteuert werden. Darunter sind häuserblockscharfe Empfehlungen zur anzustrebenden Dichte und die Festlegung stadtökologischer Mindeststandards zu verstehen, die bereits vor der konkreten Projektentwicklung und Bauleitplanung zu erstellen sind. Dichtekonzepte, die eine „Entdichtung“ erfordern, können mit Instrumenten des Stadtumbaus verknüpft werden (siehe auch Maßnahme „Durchführung von Stadtumbaumaßnahmen zur klimaangepassten Siedlungsentwicklung“).
Zuständigkeit: Kommunen, insbesondere Stadtentwicklungsplanung, Grünordung
Betroffene Akteure: Grundstücksbesitzer, Bauherren, Investoren etc.
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig/hoch
Bauliche Hindernisse in Kaltluftleitbahnen sind zu vermeiden. Dafür können bauleitplanerische Vorgaben zur Höhe, Stellung und/oder strömungsgünstigen Ausgestaltung baulicher Anlagen (je nach lokalen Bedingungen) gemacht werden, um eine klimaangepasste Bebauung zu gewährleisten.
Zuständigkeit: Bauleitplanung, Kommunen
Betroffene Akteure: Grundstücksbesitzer, Bauherren, Investoren
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig/räumlich differenziert
3. Begrünung bzw. Entsiegelung von Flächen oder baulichen Anlagen / Siedlungsgrün
Begrünung von Flächen sowie Dächern und Fassaden baulicher Anlagen
Die Verdunstung von Pflanzen trägt zur Abkühlung bei, begrünte Flächen dienen der Versickerung von Niederschlag. Der Entsiegelung und Begrünung von Flächen wie Parkplätzen, Innenhöfen etc. kommt daher maßgebliche Bedeutung zu. Zudem sollten Dächer und Fassaden baulicher Anlagen verstärkt bepflanzt und begrünt werden. Dies kann durch entsprechende Festsetzungen in neu aufzustellenden Bebauungsplänen geregelt werden. Darüber hinaus sollten Bepflanzungen und Begrünungen auch im Bestand hergestellt werden (ggf. auch durch Rückbau- und Entsiegelungsgebot). Es sollten Pflanzen mit einem möglichst hohen Blattflächenindex und Transpirationsrate ausgewählt werden.
Zuständigkeit: Bauleitplanung, Kommunen; Bauherren, Gebäudeeigentümer, Investoren, Bauwirtschaft
Betroffene Akteure: Gebäudeeigentümer, Bauherren, Investoren
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig/räumlich differenziert
4. Klimaangepasste Gestaltung, Ausstattung und Beschaffenheit baulicher Anlagen / Infrastruktur
Soziodemografische und klimatische Kartierung zur Erfassung von Risikogebieten für gesundheitliche Hitzebelastung
Um Risikogebiete für gesundheitliche Hitzebelastungen zu erfassen, sind soziodemografische und klimatische Kartierungen von Gebieten mit einer hohen Zahl an Betroffenen vorzunehmen. Diese können sich aus folgenden Schritten zusammensetzen:
- Erfassung der Überwärmungsgebiete (Erstellung von Klimakarten)
- Kartierung der Bausubstanz unter dem Aspekt der Dichte der Bebauung, Baujahr, Dämmung, Beschattung etc.
- Ermittlung der Verteilung von Risikogruppen (z.B. über 75-Jährige)
- Überlagerung der Informationen und Erstellung einer Risikokarte. Rückkopplung mit einem integrierten Gesamtentwicklungskonzept.
Auf dieser Basis ist die Umsetzung punktgenauer Anpassungsmaßnahmen oder strategischer Umbaumaßnahmen möglich.
Zuständigkeit: Kommunen, Stadtentwicklungsplanung
Betroffene Akteure: Bürgerinnen und Bürger, Kommunen
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig/räumlich differenziert
5. Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum
Der öffentliche Raum kann häufig durch einfache Verschattungsmaßnahmen abgekühlt werden. Besonders an Orten, die von großen Teilen der Bevölkerung im Alltag genutzt werden, sind Verschattungselemente von großer Bedeutung (zum Beispiel durch Bäume oder Überdachungen von Haltestellen des ÖPNV, Plätzen, Straßen etc.). Siehe auch Maßnahme „Begrünung von Flächen sowie Dächern und Fassaden baulicher Anlagen“ zur Entsiegelung von Flächen sowie Tourismus, Maßnahme „Aufenthaltsqualität sichern und optimieren“.
Zuständigkeit: Kommunen, Planungsträger, Verkehrsunternehmer etc.
Betroffene Akteure: Kommunen, Planer
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig/räumlich differenziert
6. Einsatz multifunktioneller Instrumente / Weiterentwicklung des raumplanerischen Instrumentariums im Kontext Klimaanpassung
Stärkere Berücksichtigung des Klimawandels bei Raumordnungsverfahren
Bei Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sollte der Klimawandel und seine Folgen verstärkt zur Begründung von Aussagen zur Raumverträglichkeit von Vorhaben herangezogen werden, beispielsweise über die raumordnerische Umweltverträglichkeitsprüfung. Dies gilt insbesondere bei raumbedeutsamen Planungen mit überörtlicher Bedeutung und umfasst Vorhaben in den Bereichen Siedlungswesen (z.B. Freizeitanlagen), gewerbliche Wirtschaft (z.B. Einzelhandelsgroßprojekte), Verkehr (z.B. Bundesfernstraßen), Energieversorgung (z.B. Kraftwerke) und Entsorgung (z.B. Abfallbeseitigungsanlagen).
Raumbezogene Einzelvorhaben sollten (stärker als bislang) anhand der Anforderungen an eine Klimaanpassung bewertet werden. Im Ergebnis könnten Vorhaben etwa negativ beurteilt werden, wenn sich durch eine Realisierung die Vulnerabilität eines Raums bzw. der darin lokalisierten Schutzgüter voraussichtlich maßgeblich erhöhen würde.
Zuständigkeit: Höhere Raumordnungsbehörde (Regierungspräsidium)
Betroffene Akteure: Vorhabenträger
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig / Aussage nicht möglich, weil multifunktionelles Instrument
Durchführung von Stadtumbaumaßnahmen zur klimaangepassten Siedlungsentwicklung
Stadtumbaumaßnahmen können die Siedlungsstruktur den Klimafolgen anpassen und einen Beitrag zur Vorsorge bzw. Abwehr oder Minderung von Klimafolgeschäden leisten. Stadtumbaumaßnahmen können prinzipiell für unterschiedliche konkrete Anpassungsmaßnahmen eingesetzt werden, etwa im Zusammenhang mit Rückbaumaßnahmen (siehe auch Maßnahme „Dichtekonzeption zur Sicherung der Durchlüftung und anderer stadtökologischer Qualitäten“) oder der Anpassung der Siedlungsentwässerung (siehe auch Wasserhaushalt, Maßnahme „Kommunales Risikomanagement „Überflutungsschutz“ umsetzen und integrierte Planungsprozesse für eine wassersensitive Stadtentwicklung etablieren“).
Zuständigkeit: Kommunen, Stadtentwicklungsplanung, ggf. (private) Immobilienbesitzer etc.
Betroffene Akteure: ggf. (private) Immobilienbesitzer, Mieter etc.
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig / Aussage nicht möglich, weil multifunktionelles Instrument
7. Informationsbereitstellung und Verbesserung der Wissensgrundlagen im Kontext Klimaanpassung
Erhöhung der Anpassungsbereitschaft der an der Planung beteiligten Akteure
Die Bereitschaft aller an der Planung beteiligten Akteure (Planer, Politik, Öffentlichkeit) zur Mitwirkung bei der Klimaanpassung sollte durch Informationsveranstaltungen, Workshops oder Publikationen/Handlungsleitfäden gefördert werden.
Zuständigkeit: Landesregierung, alle Planungsebenen
Betroffene Akteure: alle, die mit der Thematik Klimaanpassung befasst sind, bzw. Einfluss auf diese haben, Bürgerschaft
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurz bist mittelfristig / Aussage nicht möglich weil multifunktionelles Instrument
Kommentare : Stadt- und Raumplanung
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Lenkung der Bodennutzung auf weniger leistungsfähige Böden
Vor dem Hintergrund des Erhalts der Böden mit besonders hoher Leistungsfähgikeit insbesonderer hinsichtlich der Wasserhaushaltsfunktion und der Bodenfruchtbarkeit, ist als konkrete Maßnahme zur Anpassung die Lenkung der Bodennutzung auf weniger leistungsfähige Böden mit aufzunehmen. Kommentar - J. Schneider, stellv. Vorsitzender Bundesverband
Vor dem Hintergrund des Erhalts der Böden mit besonders hoher Leistungsfähgikeit insbesonderer hinsichtlich der Wasserhaushaltsfunktion und der Bodenfruchtbarkeit, ist als konkrete Maßnahme zur Anpassung die Lenkung der Bodennutzung auf weniger leistungsfähige Böden mit aufzunehmen.
Kommentar - J. Schneider, stellv. Vorsitzender Bundesverband Boden, Regionalgruppe Süd
Thermische Entlastung im Stadtraum
Bei der Bebauung von Freiflächen schreibt das Naturschutzgesetz Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe vor. Zur Verhinderung von weiterem 'Flächenfraß' gilt 'Innenentwicklung vor Außenentwicklung'. Bei der Innenentwicklung meist mit Nachverdichtung gehen wichtige Funktionen der Freiflächen in der Stadt verloren. (Biodiversität, Frischluft, Erholung)
Bei der Bebauung von Freiflächen schreibt das Naturschutzgesetz Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe vor. Zur Verhinderung von weiterem 'Flächenfraß' gilt 'Innenentwicklung vor Außenentwicklung'. Bei der Innenentwicklung meist mit Nachverdichtung gehen wichtige Funktionen der Freiflächen in der Stadt verloren. (Biodiversität, Frischluft, Erholung) Diese Funktionen sollten quantifiziert und ortsnah ausgeglichen werden. Ggf. muss das Ökokonto auf den Innenbereich ausgedehnt werden.
Unnötiger Aufwand
Auf durchschnittlich 9 Grad über Null steigt die Temperatur und gibt Anlass für ein bürokratisches Megaprojekt. Ich kann nur jedem Verantwortlichen empfehlen: Fangen Sie mit all Ihren Sinnen im nächsten Urlaub die äußeren Bedingungen derart lebensfeindlicher Umstände ein: In Südtirol (ca. 12 Grad) oder gar in Mailand oder Rom oder Palermo. Auch
Auf durchschnittlich 9 Grad über Null steigt die Temperatur und gibt Anlass für ein bürokratisches Megaprojekt. Ich kann nur jedem Verantwortlichen empfehlen: Fangen Sie mit all Ihren Sinnen im nächsten Urlaub die äußeren Bedingungen derart lebensfeindlicher Umstände ein: In Südtirol (ca. 12 Grad) oder gar in Mailand oder Rom oder Palermo. Auch dort leben und arbeiten Menschen (mit teilweise höherer Lebenserwartung, z. B. Südfrankreich); sie machen einfach eine Sommerpause oder eine Siesta. Ganz ohne Hitzeberater, Klimastrategen und Projekte. Und wenn sich alle Strategen, Planer, Projekteure etc. in Ministerien, Verwaltung und Wirtschaft an der realen, notwendigen Arbeit beteiligen würden, könnten alle Arbeitnehmer bei Hitze etwas kürzer treten.
Regenwassermanagement, Hagel- und Sturmereignisse
Das Thema Regenwassermanagement findet unter den bisherigen Punkten bisher noch keinen Platz. Gerade in der Stadt- und Raumplanung sollte aber auf die zunehmenden Starkregenereignisse Bezug genommen werden und entsprechenede Maßnahmen angeregt werden. Es gibt z.B. das Prinzip der adiabaten Abluftkühlung, bei der die Verdunstung von Regenwasser, das
Das Thema Regenwassermanagement findet unter den bisherigen Punkten bisher noch keinen Platz. Gerade in der Stadt- und Raumplanung sollte aber auf die zunehmenden Starkregenereignisse Bezug genommen werden und entsprechenede Maßnahmen angeregt werden. Es gibt z.B. das Prinzip der adiabaten Abluftkühlung, bei der die Verdunstung von Regenwasser, das gesammelt wurde, zur Wärmereduzierung innerhalb eines Gebäudes genutzt wird. Dies kombiniert sogar Regenwassermanagement mit Hitzereduzierung.
Ebenso erforderlich sind Maßnahmen zum Umgang mit Regenmengen im öffentlichen Raum. Es muss für eine schnelle Versickerung des Wassers gesorgt werden (z.B. durch ein bestimmtes Substratgemisch bei Stadtbäumen) und für einen gezielten Abfluss, sodass keine Überschwemmungsflächen entstehen.
Zudem fehlen Anpassungsmaßnahmen für Sturm- und Hagelereignisse, auch hier ist ja mit einer Zunahme im Zuge des Klimawandels zu rechnen. EIne hagelsichere Aufsparrendämmung und Aluminiumjalousien zum Fensterschutz sind hier hilfreiche Maßnahmen.