1. Angebotserweiterung und Produktentwicklung
Die meisten Anpassungsmaßnahmen zielen darauf, das Angebot zu erweitern oder bestehende Tourismusprodukte weiterzuentwickeln.
In allen Tourismusbereichen sollten nachhaltige Angebote zum naturnahen, regionalen Tourismus gestärkt und geschaffen werden. Diese klimafreundliche Tourismusform kann sich langfristig gegenüber den Fernreisen mit hohem CO2-Fußabdruck profilieren. Für den Gast sollten sich daraus im Marketing aufgegriffene, erlebbare qualitative Angebotsverbesserungen ergeben. Der Nachhaltigkeitscheck Baden-Württemberg soll touristische Destinationen dafür sensibilisieren. In einem weiteren Schritt muss die Philosophie von den Destinationen auf die Akteure und von dort weiter zum Gast übertragen werden.
Zuständigkeit: Land, Landkreise, Tourismusorganisationen, Kommunen
Betroffene Akteure: Leitbetriebe, touristische Leistungsanbieter
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig / mittel
Eine bereits erfolgte Radkonferenz von MVI, MLR und Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg soll zu einer Vernetzung und Weiterentwicklung der Infrastruktur und touristischen Produkte im Radtourismus beitragen. Ziel ist es, das „Radland Baden-Württemberg“ als Ganzjahres-Destination auszubauen (längere Saison, weniger Risiko). Es soll erstmalig die Kopplung aller Segmente (inklusive Unterkünfte), Regionen und Jahreszeiten stattfinden für: Tourenrad, Mountainbike, Rennrad, Elektrofahrrad, jeweils in Verbindung mit ÖPNV, Deutscher Bahn und Busgesellschaften. Regionale Radtourismusexperten könnten das Konzept voranbringen. Touristisch genutzte Wege und Alltagswege sind zusammenzudenken. Da Radwege nicht an der Ortsgrenze aufhören, müssen die zuständigen Akteure die Radwegenetze im regionalen Zusammenhang vermarkten. Für im Zuge des Klimawandels z.B. an Flussradwegen auftretende Risikofaktoren wäre eine Risiko-Analyse hilfreich.
Zuständigkeit: Land, Landkreise, Unternehmen
Betroffene Akteure: Unternehmen, Gäste
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig / mittel
Nach Angaben der DEHOGA verfügt aktuell nur ein kleiner Teil der Stadthotels über eine Klimatisierung. Die Aufenthaltsqualität in Beherbergungsbetrieben und Gebäuden mit Indoor-Angeboten (insbesondere in Städten) sollte in den Sommermonaten durch Klimatisierungs- und Dämmmaßnahmen im ganzen Gebäudebereich verbessert werden. Dabei ist auf eine klimaschonende Klimatisierung zu achten, zum Beispiel mithilfe von erneuerbaren Energien oder Blockheizkraftwerken. Auf Terrassen, Innenhöfen etc. sollte ausreichend Sonnenschutz vorhanden sein.
Zuständigkeit: Land, Tourismusorganisationen, Kommunen, Dienstleister
Betroffene Akteure: Leitbetriebe, touristische Akteure
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig / mittel
Angesichts der zu erwartenden Zunahme von Tropentagen und Starkregen gilt es, die Aufenthaltsbereiche von Touristen im Hinblick auf Witterungsschutz zu adaptieren. Die Touristen sollten an relevanten Aufenthaltsbereichen wie öffentlichen Plätzen, Wartebereichen in Erlebnisparks aber auch auf Rad- und Wanderwegen, Stränden, Spielplätzen usw. Schutz vor starker Sonneneinstrahlung und starkem Regen finden. Diese Bereiche sollten gezielt mit schattenspendenden Elementen wie beispielsweise Bäumen und/oder technischen Strukturen wie Zeltdächern möbliert werden. Auch Sitzmöglichkeiten für ältere Gäste wären sinnvoll. Über die Verbesserung der Aufenthaltsqualität sollten die Gäste informiert werden.
(siehe auch Stadt- und Raumplanung, Maßnahme „Verschattung und Kühlung im öffentlichen Raum“)
Zuständigkeit: Kommunen, Betreiber von Freizeiteinrichtungen
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter
Zeithorizont/Dringlichkeit: langfristig / gering
Die allgemeine Erwärmung wird dazu führen, dass die outdoorbezogenen Tourismusformen zukünftig im Frühjahr früher beginnen können und im Herbst attraktiver werden. Die längere Saison muss nicht nur beworben werden, sondern die Anbieter müssen sich mit ihren Fahrplänen, Öffnungszeiten, ihrer Personalplanung etc. darauf einstellen. Gerade die bislang in einigen Tourismusregionen schwach nachgefragten Oster- und die Herbstferien werden davon profitieren und bieten das Potenzial einer zusätzlichen Saisonspitze.
Zuständigkeit: Kommunen, Betreiber von Freizeiteinrichtungen
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter
Zeithorizont/Dringlichkeit: langfristig / gering
Die prognostizierte Zunahme an Sommer- und Tropentagen verbessert die Bedingungen für den Strand- und Badetourismus: Zum einen für den kurzfristig an der aktuellen Wetterlage ausgerichteten Tagestourismus. Zum anderen für den länger verweilenden Strandurlauber, der Buchungssicherheit im Hinblick auf verlässlich sommerliches Wetter sucht. Eine Umlenkung von Reiseströmen aus dem Mittelmeergebiet könnte für das Land völlig neue Zielgruppen eröffnen. Dafür müssten entsprechenden Infrastrukturen wie Beherbergung und Badeparks - unter Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes - bereitgestellt werden. Die zunehmende Infrastruktur sollte frühzeitig geplant und gesteuert werden. Das Badeangebot könnte auch mit anderen Aktivitäten, wie Wandern und Radfahren kombiniert werden.
Zuständigkeit: Tourismusorganisationen, Kommunen, Dienstleister
Betroffene Akteure: Kommunen, private Leistungsanbieter, Investoren
Zeithorizont/Dringlichkeit: langfristig / gering
Die technologischen Fortschritte bei der Beschneiung sollten konsequent genutzt werden. Ein deutlich reduzierter Energiebedarf macht die Beschneiung umweltfreundlicher, wirtschaftlicher und ermöglicht den Start bei höheren Temperaturen. Gleichzeitig sollten CO2-neutrale Skigebiete und Kleinliftanlagen entwickelt werden. Langfristig sollten weniger schneeabhängige Angebotsalternativen mitgedacht werden.
Zuständigkeit: Tourismusorganisationen, Kommunen, Unternehmen
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter, Leitbetriebe, Gäste
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig / hoch
Entwicklung eines sportlichen Angebots, das weniger vom Wetter und von der Schneedecke abhängt. Dabei gehören Aktivitäten im Schnee nicht mehr zum Standardprogramm, sondern bieten eine außergewöhnliche Gelegenheit. Wichtig ist es, Ganzjahresaktivitäten inklusive Infrastrukturen zu schaffen sowie nordische Bewegungsformen und Lebensstile (Friluftsliv, Entschleunigung) zu ermöglichen. Auch eine Koppelung einer ausgeprägten Gesundheitsorientierung an regionale Produkte und den Klimaschutz erscheint dabei möglich.
Zuständigkeit: Tourismusorganisationen, Kommunen, Leistungsanbieter
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter, Leitbetriebe, Hotellerie und sonstige Beherbergungsbetriebe
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig / hoch
2. Kommunikation
Ein ortsbezogenes Informationssystem mit verschiedenen Belastungsindikationen, aktuellen Klimadaten und Belastungsfaktoren wie Ozon und Pollenflug gibt Empfehlungen für gesundheitsgerechte Aufenthalte, Bewegung und Training. Rad- und Wanderwege könnten entsprechend klassifiziert und in einem Portal mit exakter Ortsangabe visualisiert werden. Solche Informationen ermöglichen Gästen und Tourismusexperten, optimal zu planen bzw. passende Angebote zu nutzen. Wo Destinationen über Produkte oder Attraktionen einen Bezug zum Thema Klimawandel aufweisen, könnten die Gäste hierüber informiert werden (z.B. Sturmwaldweg "Lotharpfad", Erneuerbare Energien etc.). Um die Entscheidungskompetenz und Eigenverantwortung der Bürger/innen zu stärken, sollte das Land Baden-Württemberg mehr Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit zum aktuellen Stand des Klimawandels, zu den möglichen Klimafolgen und zu den sich daraus ergebenden Handlungserfordernissen und Handlungsoptionen machen. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz informiert mit einem Handlungsleitfaden zum Klimawandel die Tourismuswirtschaft des Landes.
Zuständigkeit: Landkreise, Tourismusorganisationen, Unternehmen
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter, Leitbetriebe
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig / mittel
3. Verminderung von Klimabelastungen
Erfolgreicher Klima- und Umweltschutz im Tourismus gelingt nur mit einem nachhaltigen Verkehrssystem, das umweltfreundliche Verkehrsmittel multimodal verknüpft und attraktiver als die Nutzung von Pkw und Flugzeug macht. Bausteine dafür sind ein moderner öffentlicher Verkehr, Car-Sharing, Mietwagen, Bike-Sharing, Mitfahrdienste inklusive Mobilitätsgarantien, Lieferdienste und Taxi. Dafür müssen die Voraussetzungen von der Bereitstellung von attraktiven Fußwegen über Sharing-Elektrofahrrädern bis zu kundenfreundlichen Bezahlsystemen geschaffen werden. Intelligente, intermodale Routenplaner in den Smartphones der neuesten Generation ermitteln sekundenschnell die schnellsten, kostengünstigsten und umweltschonendsten Alternativen und lotsen den Gast zu den verschiedenen Verkehrsmitteln und bieten Buchungs- und Bezahlfunktionen. In einem Pilotprojekt entwerfen und testen MLR und MVI bereits gemeinsam ein Beratungsangebot für Tourismusdestinationen, mit dem nachhaltige Mobilitätskonzepte, die den Gästebedürfnissen entsprechen, entwickelt werden.
Zuständigkeit: Land, Tourismusorganisationen, Kommunen, Landkreise
Betroffene Akteure: Touristische Leistungsanbieter, Leitbetriebe
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig
Die Kommentierungsphase ist beendet. Vielen Dank für Ihre Kommentare!