1. Erhaltung vitaler, stabiler und anpassungsfähiger Wälder
Mit dem Maßnahmenpaket „klimagerechter Waldbau“ soll ein Wald entwickelt werden, der sich auf lange Sicht als klimarobust erweist. Zentrales Ziel ist dabei, dass die Wälder angesichts der standortsklimatischen Veränderungen die verschiedenen Waldfunktionen erfüllen können.
Entwicklung von Methoden zur Dynamisierung der Baumarteneignungsbeurteilung
Die bisherigen Standortkartierungen basieren auf Parametern zum Wasserhaushalt und der Nährstoff-Versorgung, die in der Vergangenheit festgestellt wurden. Der Klimawandel erfordert jedoch eine Neubewertung dieser Standortfaktoren, auch unter Berücksichtigung klimatischer Extremereignisse und Risiken. Deshalb müssen neue Methoden zur Dynamisierung von Zielgrößen der forstlichen Standortkartierung entwickelt werden. Auf Grundlage der im Gelände erfassten Standortmerkmale und regionalisierter Klimaparameter müssen der Wasserhaushalt, das Wachstumspotential, abiotische und biotische Risiken und weitere Standorteigenschaften in Modellen quantifiziert werden. Daraus lassen sich zukünftige Standorteigenschaften antizipieren und Empfehlungen zur Baumarten- und Herkunftswahl ableiten. Ergänzend zu berücksichtigen sind hier sowohl aussichtsreiche neue Baumarten-Kandidaten („assisted migration“) als auch seltene Baumarten. Diese Maßnahme ist die zentrale Grundlage für die waldbauliche Planung in der Zukunft und damit Voraussetzung für den Aufbau und die Sicherung vitaler, stabiler und anpassungsfähiger Waldbestände. Deshalb kommt ihr höchste Priorität zu.
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, MLR
Betroffene Akteure: ForstBW, LUBW, weitere Landesbehörden, Waldbesitzer (kommunal, privat)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Ein geeignetes Beratungskonzept soll dazu beitragen, dass die relevanten Akteure (kommunale und private Waldbesitzer, Forstbetriebsgemeinschaften etc.) die notwendigen Informationen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel erhalten. Zentrale Inhalte: Verbesserung der Anpassungskapazität, Resilienz und Risikoverteilung durch Verwendung standortgerechter Baumarten und durch Etablierung von Mischbeständen sowie geeigneter Verjüngung. Bei der Erarbeitung des Konzepts sollen Vertreter der zu beratenden Institutionen einbezogen werden. Aufgrund der zahlenmäßig kaum überschaubaren Besitzerzahl und der enormen Heterogenität erfolgt insbesondere im Kleinstprivatwald (unter 2 ha) die Einbeziehung durch intensive Verbandsbeteiligung (Forstkammer).
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, ForstBW, MLR, Forstkammer
Betroffene Akteure: Landesregierung, LUBW, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen), Forstkammer
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Monitoring-Systeme zur zeitnahen und raumbezogenen Erfassung von heimischen und gebietsfremden Schadorganismen sind zu optimieren. Sie stellen die Grundlage dar zur rechtzeitigen Einleitung von Gegenmaßnahmen inklusive Entwicklung von Frühwarnsystemen und sind wichtig für den Erhalt und die Verbesserung der Beratungs- und Dienstleistungstätigkeit.
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, MLR
Betroffene Akteure: Landesregierung, ForstBW, LUBW, Gesundheitsbehörden, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Als erste Teilmaßnahme wird die Vermeidung von Bodenverdichtung in der Bestandsfläche durch konsequente Konzentration der Befahrung durch Forstmaschinen auf Rückegassen und/oder Einsatz von alternativen Rückesystemen (Seilkran), sowie die Minimierung der Flächenbeanspruchung durch Einhaltung des Rückegassen-Regelabstands von 40m empfohlen (s. Feinerschließungsmerkblatt der FVA 2003). Voraussetzung für die Realisierung dieser Vermeidungsstrategie ist die aktive Erhaltung der technischen Befahrbarkeit der Rückegassen unter Berücksichtigung der Feuchte und Verdichtungsempfindlichkeit der Böden, beispielsweise durch Einsatz von Schonbändern, Kettenlaufwerken oder den vermehrten Einsatz von 8- und 6-Rad-Maschinen, da hierdurch die Fahrzeuggewichte auf größere Standflächen verteilt werden und Spurbildung auf den Rückegassen vermindert wird. Dieser Aspekt wird durch den klimawandelbedingten Temperaturanstieg im Winterhalbjahr und den dadurch verkürzten Zeiträumen mit gefrorenen Böden immer wichtiger. Durch strikte Vermeidung von Bodenverdichtungen in der Bestandsfläche bzw. aktive Regenerationsmaßnahmen zur Beseitigung bestehender Befahrungsschäden wird die natürliche Bodenfruchtbarkeit und vor allem die Durchwurzelbarkeit der Böden erhalten. Zur Unterstützung dieser Maßnahme sind öffentliche Förderprogramme in Erwägung zu ziehen.
Die zweite Teilmaßnahme ist die standortdifferenzierte Bodenschutzkalkung, durch die sich unnatürlich stark versauerte Flächen stabilisieren lassen. Dabei geht die stabilisierende Wirkung vorwiegend von der kalkungsbedingten Vergrößerung der Durchwurzelungstiefe aus und führt zu verringerter Anfälligkeit gegenüber Trockenheitsstress. Da die Kalkung auch die Feindurchwurzelung fördert, werden insbesondere die trockenheitsgefährdeten Baumarten stabilisiert. Bei nachgewiesenem anthropogenem Kaliummangel kann im Zusammenhang mit der Bodenschutzkalkung auch eine Kaliumbeigabe sinnvoll sein. Dieses Maßnahmenbündel ist besonders geeignet, die klimaschutzrelevante Kohlenstoffspeicherfunktion von Böden Wäldern dauerhaft zu erhalten und zu fördern. Sie sollte nicht auf sensitiven Naturschutzflächen durchgeführt werden.
Räumliche Schwerpunkte: Befahrungssensitive Böden, unnatürlich stark versauerte Flächen mit trockenheitsgefährdeten Waldbeständen.
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, ForstBW, MLR
Betroffene Akteure: Landesregierung, Naturschutzbehörden, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, mittel
2. Erhaltung einer wirtschaftlichen Holznutzung
Angesichts der Unsicherheiten bei der Prognose der Folgen von Klimaveränderungen auf die Holzwirtschaft, sollten die Forstbetriebe auf eine breite Risikostreuung ihres Produktionskapitals achten. Die Unternehmen der Forstwirtschaft sind bei den langen Produktionszeiträumen und der hohen Kapitalbindung in Waldbeständen gut beraten, sich unterschiedliche Handlungsoptionen offen zu halten.
Auf der Basis von klimasensitiv dynamisierten Modelle für Waldwachstum, Wasserhaushalt, Risiken und ökonomischer Zielgrößen sollte ein umfassendes System zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung (DSS Decision Support System) für Forstbetriebe entwickelt werden. Dabei sollte einerseits den naturalen Zieldimensionen wie Baumartenwahl und Aufbau klimagerechter Mischbestände (Resilienz) eine zentrale Rolle zukommen. Andererseits sind bei diesem Entscheidungsunterstützungssystem auch Komponenten der forstbetrieblichen Zieldimensionen zu berücksichtigen (ökonomische Ziele, Risikoaversion, Naturschutzziele im Zuge freiwilliger Selbstverpflichtung etc.).
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, MLR, Universitäten
Betroffene Akteure: Landesregierung, ForstBW, LUBW
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Waldbauliche Maßnahmen zur Verringerung klimawandelbedingter Risiken
Aufgrund der allgemeinen Zunahme klimawandelbedingter Mortalitätsrisiken ist der Erhöhung der Stabilität und der Verbesserung der Resilienz baden-württembergischer Waldökosysteme mit waldbaulichen Methoden besonderes Augenmerk beizumessen. Dies beginnt bei der Baumartenwahl (Verknüpfung zu ID 1.1), in deren Zuge der Naturverjüngung Vorrang vor der Pflanzung eingeräumt werden sollte. Dieser Vorrang ist allerdings auf die Waldbestände begrenzt, in denen Samenbäume geeigneter Provenienz von Baumarten vorhanden sind, die auch unter Klimawandelaspekten als ausreichend risikoarm und standortsangepasst einzuschätzen sind. Verbissempfindliche Haupt- und Mischbaumarten sind hier durch geeignete Schutzmaßnahmen und angemessene Bejagung zu fördern. Im Zuge der Jungbestandspflege ist insbesondere auf die Erhaltung und Förderung der Baumartenmischung und –diversität zu achten. Insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels verfolgt die Jungbestandspflege die beiden Hauptziele Stabilisierung und Risikostreuung, die im Wesentlichen durch Mischwuchsregulierung zugunsten aktuell (noch) wuchsunterlegener, klimastabiler Baumarten erreicht werden.
Während der Durchforstungsphase sind die Einzelbaumstabilität (Resistenz) sowie strukturreiche Waldaufbauformen (Resilienz) zu fördern. Da die meisten der klimawandelbedingten Mortalitätsrisiken Altersrisiken sind, werden bei den besonders risikoprädisponierten Baumarten im Anschluss an die Durchforstungsphase besondere waldbauliche Präventionsmaßnahmen erforderlich. Besonders betroffen sind die dichtbenadelten Nadelbaumarten (Sturmrisiko), allen voran die Fichte (Sturm- und Borkenkäferrisiko). Dabei können Bewirtschaftungskonzepte mit moderat reduzierten Bestandeshöhen, Zieldurchmessern und Bestandsvorräten bereits maßgeblich zur Risikoreduktion gegenüber biotischen und abiotischen Risiken beitragen. Das raschere Ernten der klimalabilen Bäume und Waldbestände ermöglicht es den Bewirtschaftern darüber hinaus, die Baumartenzusammensetzung schneller in klimastabile Baumartenmischungen zu überführen (Waldumbau).
Zuständigkeit: ForstBW, Waldbesitzer (kommunal, privat)
Betroffene Akteure: Landesregierung, MLR, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Durch die Entwicklung effizienterer und innovativer Be- und Verarbeitungsmethoden ist die stoffliche Nutzung von Laubhölzern zu fördern. Es besteht hier erheblicher Bedarf an technologischer Innovation, um die Laubholzverwendung für Konstruktionszwecke zu erhöhen. Zur Verbesserung der Klimaschutzwirkung bei der Holznutzung ist das Verhältnis zwischen stofflicher und energetischer Nutzung erneut zu überprüfen und zu optimieren. Förderprogramme zur energetischen Holznutzung sind vor diesem Hintergrund zu revidieren, und es ist die Verbindung zur Bioökonomiestrategie des Bundes herzustellen.
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Universitäten und Hochschulen des Landes mit holztechnischer Ausrichtung, MLR, Finanz- und Wirtschaftsministerium
Betroffene Akteure: Landesregierung, ForstBW, Interessenverbände (Forst, Holzindustrie)
Zeithorizont/Dringlichkeit: mittelfristig, dringlich
3. Sicherung der Funktionen des Waldes als Lebensraum
In der Vergangenheit konnten sich Tier- und Pflanzenarten bei Klimaschwankungen durch Ausbreitung neue, geeignete Lebensräume erschließen. Die heutigen, vom Menschen geprägten Landschaftsstrukturen (Siedlungen, Zerschneidungen von Habitaten durch Verkehrswege etc.) und Nutzungsmuster sowie die hohe Geschwindigkeit der anthropogenen Klimaveränderungen erschweren dies. Funktionierende Biotopverbundsysteme verbessern die Zu- und Abwanderungsbewegungen zwischen Lebensräumen und sichern den genetischen Austausch zwischen Populationen. Zielführend ist es deshalb, vom Menschen verursachte, negative Einflussfaktoren auf Arten und Lebensräume zu reduzieren. Darüber hinaus können negative, klimatisch bedingte Auswirkungen auf Lebensräume durch Maßnahmen zur Verbesserung, Vergrößerung und Neuanlage von Habitaten kompensiert werden.
Sicherung und Wiederherstellung von Wanderungsbewegungen und Arealverschiebungen durch Umsetzung und Weiterentwicklung des Generalwildwegeplans (GWP)
Bei der weiteren Umsetzung und Weiterentwicklung des Generalwildwegeplans sollen dynamische Aspekte im Hinblick auf klimawandelbedingte Veränderungen von Artenvorkommen und Lebensräumen stärker berücksichtigt sowie nachgeordnete Skalenebenen einbezogen werden. Dabei muss das großräumige Konzept des GWP in kleinräumigeren Biotopverbundkonzepten berücksichtigt und zunehmend flächenkonkret auch im Wald umgesetzt werden. Besonderer Fokus sollte dabei auf ökologisch wertgebende Waldflächen, Strukturen und Mangelhabitaten unter Berücksichtigung der Schutzgebietskulisse und der Lebensstätten (klima-)gefährdeter Tier- und Pflanzenarten im Wald und den Übergangsbereichen zum Offenland liegen. Grundlage dieser Konzeption ist die klimawandeldynamisierte Modellierung der Habitateignung und darauf aufbauend der Artenverbreitung derjenigen Arten mit besonderem Schutzstatus.
Räumliche Schwerpunkte: Räumliche Schwerpunkte ergeben sich aus der Raumkulisse des GWP, der ökologisch wertgebenden Waldflächen und Artvorkommen.
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Fachabteilungen der Regierungspräsidien, ForstBW, MLR
Betroffene Akteure: Landesregierung, ForstBW, FVA, LUBW, Landwirtschafts-, Naturschutz- und Wasserbehörden, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurzfristig, dringlich
Pflegemaßnahmen zur Stabilisierung besonders durch den Klimawandel bedrohter Lebensräume
Neben dem Unterstützen natürlicher Wanderungsbewegungen und Arealverschiebungen durch Biotopverbundkonzepte sollen spezifische Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen auch im Wald diejenigen Biozönosen schützen, die bereits jetzt in Baden-Württemberg am Rand ihrer natürlichen Verbreitung stehen und durch den Klimawandel besonders bedroht sind. Dies sind insbesondere Bereiche, für die im Land keine Ausweichlebensräume vorhanden sind. Ziel dieser Maßnahme ist die Optimierung der Baumartenzusammensetzung und Bestandsstruktur, um die bedrohten Lebensräume so lange wie möglich zu erhalten. Konkret kann dies u. a. durch die Förderung von an die zukünftigen Standortsbedingungen angepassten oder anpassungsfähigen Baumarten und Provenienzen und die Entnahme standortfremder Arten bei der Waldpflege erreicht werden. Zu berücksichtigen ist, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme bei Pflanzenarten und Vegetationstypen (z. B. submontane Abieteten oder planare Deschampsio-Fageten) deutlich geringer sind als die Möglichkeiten zur Sicherung bestimmter Tierarten, die im Zuge von Habitatanpassungsmaßnahmen leichter gefördert werden können. Die Identifizierung der konkreten Flächen sollte auf der Grundlage ökologischer Verbreitungsmodelle erfolgen. Massive Beeinträchtigungen durch Wegebau, Entwässerung oder Kalkung sollten vermieden werden. Räumliche Schwerpunkte sind die montanen und hochmontanen Lagen mit subboreal-reliktischem Charakter sowie feuchtigkeits- und nässegeprägte Standorte, insbesondere Moore, in Oberschwaben.
Räumliche Schwerpunkte: Montane und hochmontane Lagen der Mittelgebirge, Oberschwaben
Zuständigkeit: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Fachabteilungen der Regierungspräsidien, ForstBW, MLR
Betroffene Akteure: Landesregierung, ForstBW, LUBW, Landwirtschafts-, Naturschutz- und Wasserbehörden, Interessenverbände (Forst, Naturschutz, Holzindustrie), Waldbesitzer (kommunal, privat), forstliche Vereinigungen (Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen)
Zeithorizont/Dringlichkeit: kurz- bis mittelfristig, dringlich
Kommentare : Wald und Forstwirtschaft
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Grundsätzliches zur Frage des Klimwandels
Beteiligung zur Anpassungsstrategie Baden-Württembergs an den Klimawandel Steven Michelbach, Bad Mergentheim, 10.06.2015 -----Original-Nachricht----- Betreff: Beteiligung Anpassungsstrategie Klimwandel Datum: Thu, 11 Jun 2015 20:05:57 +0200 An: "poststelle@um.bwl.de" , Zitat aus der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in
Beteiligung zur Anpassungsstrategie Baden-Württembergs an den Klimawandel
Steven Michelbach, Bad Mergentheim, 10.06.2015
-----Original-Nachricht-----
Betreff: Beteiligung Anpassungsstrategie Klimwandel
Datum: Thu, 11 Jun 2015 20:05:57 +0200
An: "poststelle@um.bwl.de" ,
Zitat aus der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg:
Entscheidend für die Zukunft ist: Wie entwickelt sich der Klimawandel weiter? Welche Folgen können sich aus der Entwicklung für Baden-Württemberg ergeben? Erst auf der Basis detaillierter und möglichst regionaler Informationen zur Entwicklung und zu den Auswirkungen lässt sich eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel mit geeigneten Maßnahmen entwickeln.
Dies ist absolut richtig. Allerdings muss man, bevor weitreichende Schlüsse für die Zukunft gezogen werden, die Vergangenheit sehr genau anschauen. Vor allem muss derjenige, der einen Datensatz interpretiert, sich sehr gewissenhaft des wissenschaftlichen Grundsatzes bewusst sein, dass seine Analyse absolut ergebnisoffen also neutral stattzufinden hat. Darüber hinaus muss er sich sicher sein, dass seine Daten absolut korrekt sind und jedweder Kritik standhalten. Dazu ein Blick auf die Graphik der Temperaturentwicklung in Baden-Württemberg auf Seite 7 des Strategiepapieres.
Zur Datengenauigkeit
Jeder Wetterbeobachter, jeder Meteorologe weiß, dass sehr viele Wetterstationen dem sogenannten „Wärmeinseleffekt“ unterliegen. Eine städtische Region ist durchaus mehr als 1 Grad Celsius wärmer als ihr Umland. Das Wachstum der Städte in Verbindung mit einer Austrocknung des Umfeldes durch Ableitung des Oberflächenwassers in Gräben, des Sickerwassers durch Dränagen und generell durch die Ausdehnung von Ackerflächen auf Kosten von Wiesen, hat insgesamt zu einer künstlichen Erwärmung Baden-Württembergs geführt. Wer selbst Wetterstationen betrieben hat, weiß, dass die Umstellung von der früheren Bimetallmessung auf elektronische Verfahren etwas höhere Durchschnittstemperaturen liefert. Im vergangenen Jahr 2014 wurden an vielen Stationen Rekorde gemessen. Bezeichnenderweise waren darunter sehr viele Stationen an Flughäfen. Diese haben einen hohen Anteil an Verkehrsflächen und Gebäuden welche ein wärmeres Mikroklima verursachen. Der Bericht enthält keine Aussage, wie diese künstlichen Erwärmungseffekte in dem Datensatz kompensiert wurden. Diese Problematik betrifft Stationen in Baden-Württemberg, in Deutschland und weltweit!
Zusammenfassend „fränkisch“ beurteilt: Wenn man gute Äpfel mit halbfauligen und ganz faulen mischt, dann erhält man noch lange keinen leckeren Apfelsaft! Und übertragen: Ein Datensatz, der Stationen mit Wärmeinseleffekten beinhaltet (halbfaulige und faulige Äpfel), lässt fachlich korrekt keine Aussage über die Ursachen irgendeines Klimawandels zu.
Zum Punkt ergebnisoffene Analyse
Betrachtet man die Temperaturentwicklung neutral, ohne eine vom IPCC der Fachwelt vorgegaukelte Erwärmung vor Augen zu haben, dann sieht man im Datensatz von Baden-Württemberg, wie in so vielen anderen Datensätzen, dass es zwischen 1900 und 1987 über 87 Jahre überhaupt keine Erwärmung gegeben hat. Um 1990 kam es dann zu einem sprunghaften Anstieg der Temperatur. Ohne Computeranalyse ist mit bloßem Auge zu erkennen, dass seit Anfang der 90er Jahre die Durchschnittstemperatur stagniert. Die Wintertemperatur für Baden-Württemberg ist sogar rückläufig, was in dem Strategiepapier wohl nicht angeschaut wurde! So verzeichnet die Wetterstation des Feldbergs seit 1990 einen Rückgang der Wintertemperaturen um 3 Grad Celsius, von durchschnittlich -1 Grad auf durchschnittlich -4 Grad Celsius für die Monate Januar bis März. Die Freizeitregion Wintersport Feldberg verzeichnet seit 20 Jahren also immer kältere Winter! Das ist gemessen! Das Strategiepapier berichtet dagegen, sich auf Berechnungen eines Klimamodells stützend, von einer Erwärmung!?
Die Frage nach der Ursache eines Klimawandels lässt sich somit nur über die Erkenntnis beantworten: “Was geschah um 1990?“ War es die Umstellung der Nordatlantischen Oszillation NAO aufgrund einer starken Sonnenaktivität, die etwa ab 1980 einsetzte und eine Umstellung der Luftdruckgebiete über dem Nordatlantik zur Folge hatte. Die Umstellung zwischen Azorenhoch und Islandtief führte in den 90er Jahren zu häufigeren Westwetterlagen, die Baden-Württemberg und ganz Mitteleuropa mildere Winter brachten. Oder war es die Umstellung auf die elektronische Wetterdatenmessung oder beides? Seit Anfang 2000 ist die Sonnenaktivität stark eingebrochen und die Winter werden wieder kälter, siehe Beispiel Feldberg in der Graphik stellvertretend für die Wintertemperaturen Deutschlands. Die sehr kurzfristige Reaktion der Temperatur um 1990 auf den stetigen CO2-Anstieg seit 1850 zurückzuführen ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Klimageschichte
Die „Klimageschichte Mitteleuropas“, 1200 Jahre Wetter und Katastrophen, erfährt man aus dem Klimarückblick von Professor Glaser der Universität Freiburg. Dieser berichtet auf S. 74, dass z.B. zwischen 1173 und 1178 die Winter durchschnittlich waren. 1179 wurde der Winter besonders streng. Danach nahmen die milden Winter zu. Diese Phase dauerte zwei Jahrzehnte. Zwischen 1181 und 1190 war die wärmste Winterdekade überhaupt. Februar 1182 trugen die Bäume bereits Früchte. 1187 herrschten im Januar und Februar sommerliche Verhältnisse. Danach folgte bis 1230 wieder eine Phase mit überwiegend kalten Wintern. Ein Jahrhundertwinter war 1210 mit strenger Kälte über zwei Monate, wobei ein großer Teil der Winterfrüchte und Reben erfror. Wechsel von kalten und wärmeren Phasen hat Mitteleuropa seit Jahrtausenden erlebt. Jeder, der sich diese Witterungsphase vor 800 Jahren vor Augen führt, kann beurteilen: “Früchte auf den Bäumen im Februar und erfrorene Reben im Winter gab es die vergangenen 25 Jahre nicht!“ Die Phase nach 1990, die als so besorgniserregend dargestellt wird, ist in der Klimageschichte Mitteleuropas der Normalfall!
Prof. Artur Wagner, Institut für kosmische Physik Innsbruck, hat schon 1940 den Klimawandel untersucht. Bei ihm ging es um eine markante Erwärmung seit 1870. Der Meteorologe Dr. Hans v. Rudloff studierte 1965 erneut den Klimawandel. Bei ihm ging es aber um eine Klimaabkühlung ab ca. 1940! Diese führte in den 70er Jahren zu der Diskussion, ob man die arktischen Eisflächen mit Kohlestaub besprühen sollte, um eine mögliche Eiszeit zu verhindern (Calder, 1977). Erst der neuerliche Temperaturanstieg führte zu der Diskussion, dass das CO2 ursächlich für einen Klimawandel sei. Der CO2-Anstieg ist also maximal 2 Jahrzehnte parallel mit der Temperaturentwicklung verlaufen. 30 Jahre zuvor und heute wieder ist der Zusammenhang konträr.
Schlussfolgerung für das Strategiepapier
Da die wesentlichen Punkte „Datengenauigkeit“ und „ergebnisoffene Analyse“ in der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg wissenschaftlichen Grundsätzen nicht genügen, sind alle Aussagen zur Klimazukunft Baden-Württembergs ab Seite 7 hinfällig. Um in der „fränkischen“ Bildersprache zu bleiben:
Die Argumentationskette der Anpassungsstrategie steht damit auf ebenso tönernen und brüchigen Fundamenten wie die meisten Gebäude in Kathmandu kurz vor dem verheerenden Erdbeben 2015!
Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und Förderung der Durchwurzelung - Zulässige Fahrspurtiefe in Feinerschließungsrichtlinie
Vor dem Hintergrund des Erhalts der Bodenfruchtbarkeit und Förderung der Durchwurzelung von Waldböden und im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an die Wasserhaushaltsfunktion der Böden im Bezug auf die Klimaszenarien, ist die bislang formulierte zulässige Fahrspurtiefe von 40 cm in Rückegassen nach der Feinerschließungsrichtlinie ins
Vor dem Hintergrund des Erhalts der Bodenfruchtbarkeit und Förderung der Durchwurzelung von Waldböden und im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an die Wasserhaushaltsfunktion der Böden im Bezug auf die Klimaszenarien, ist die bislang formulierte zulässige Fahrspurtiefe von 40 cm in Rückegassen nach der Feinerschließungsrichtlinie ins keinster Weise nachhaltig und bodenschutzfachlich vertretbar. Auch wenn mit der Feinerschließungsrichtlinie die Verkehre auf nur noch 10 - 15 % des Waldbodens abgewickelt werden, wird durch das 40 cm-Kriterium für einen erheblichen Teil der Landesfläche (3 - 4%) zumindest theoretisch ein erhebliche Bodenschädigung in Kauf genommen. Hier ist unbedingt nachzusteuern, dahingehend, dass solche Bodenschäden weitgehend vermieden werden.
Kommentar - J. Schneider, stellv. Vorsitzender Bundesverband Boden, Regionalgruppe Süd
Stellungnahme - Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e.V. (BWGV)
Die globale Herausforderung des Klimawandels betrifft auch die Genossenschaften in Baden-Württemberg unmittelbar. Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen, sind tragfähige Lösungen erforderlich, die im Dialog mit allen beteiligten Akteuren erarbeitet werden müssen. Der BWGV begrüßt daher die Möglichkeit, zum Entwurf der „Strategie zur
Die globale Herausforderung des Klimawandels betrifft auch die Genossenschaften in Baden-Württemberg unmittelbar. Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen, sind tragfähige Lösungen erforderlich, die im Dialog mit allen beteiligten Akteuren erarbeitet werden müssen. Der BWGV begrüßt daher die Möglichkeit, zum Entwurf der „Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg“ Stellung zu nehmen.
Der Wald hat in Baden-Württemberg eine hohe Bedeutung als Natur-, Lebens- und
Wirtschaftsraum. Dabei gilt es, ökologische, soziale und ökonomische Ziele zu berücksichtigen
und in Einklang zu bringen. Absolut betrachtet besitzt Baden-Württemberg mit einem Waldanteil
von 38,4 Prozent nach Bayern die zweitgrößte Waldfläche im Bundesvergleich. Hierbei gilt es zu
berücksichtigen, dass die Waldbesitzerstruktur und die Zusammensetzung des Waldes in Baden-Württemberg teilweise sehr heterogen sind: auf den Körperschaftswald entfällt ein Anteil von 40% der Waldfläche, auf den Staatswald im Landeseigentum entfallen 23,6%, auf den
Bundeswald 0,5% und auf den Privatwald 35,9%. Kleinprivatwaldbesitz bis 200 Hektar nimmt
dabei 69 % der Privatwaldfläche ein. Der Gesamtwald in Baden-Württemberg besteht zu 58%
aus Nadelbäumen und zu 42% aus Laubbäumen*. Vor diesem Hintergrund hat sich die
Einheitsverwaltung mit einer umfassenden Zuständigkeit für hoheitliche Dienstleistungsaufgaben
für alle Waldbesitzarten und der Bewirtschaftung des Staatswaldes bewährt.
Der vom Bundeskartellamt im Dezember 2013 übermittelte Beschlussentwurf zur
waldbesitzartenübergreifenden Holzvermarktung durch das Land Baden-Württemberg würde
weitreichende Folgen für die Holzvermarktung, die derzeit bestehende Forstorganisation und die
Waldbesitzer mit sich bringen. Mögliche Auswirkungen könnten u.a. Angebotsverknappung, ein
Qualitätsverlust im ökologischen Waldbau und die Gefahr sinkender Naturschutzstandards
darstellen. Bei einer möglichen Umstrukturierung der Waldbewirtschaftung sollte die Aufrechterhaltung der Holzmobilisierung in allen Waldbesitzarten fokussiert werden. Darüber hinaus ist an der Effizienz der Marktstrukturen festzuhalten. Eine Angebotsverknappung würde eine unnötige Beeinträchtigung der regionalen Wirtschaft bedeuten. Entsprechend den gesamtgesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen an eine moderne Waldwirtschaft muss eine mögliche neue forstwirtschaftliche Marktstruktur gleichzeitig geeignete Bedingungen für soziale und ökologische Ziele bieten und diesen wachsenden Erfordernissen gerecht werden.
Die bereits bestehenden genossenschaftlichen Unternehmen der Forstwirtschaft konnten die
verschiedenen Zielsetzungen durch ihre kooperative Struktur gut vereinen und gleichzeitig eine
wirtschaftlich stabile Grundlage mit stabilen Preisen sicherstellen. 11 forstwirtschaftliche
Genossenschaften sind im Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband vertreten und
vereinen dabei sowohl Besitzer von Kommunal- als auch Privatwald. Die Holzvermarktung
beläuft sich hierbei gegenwärtig auf ungefähr 1 Million Festmeter im Jahr. Der Umsatz beträgt
ungefähr 31 Millionen Euro, wobei die einzelnen Genossenschaften in ihrer Größe und Struktur
stark variieren.
Die Wirtschafts- und Rechtsform der Genossenschaft hat sich bei Gemeinschaftsgütern im
Allgemeinen sowie bei der Bewirtschaftung von Wäldern im Besonderen bewährt. Entsprechend
können Genossenschaften bei einer möglichen Umstrukturierung der Forstwirtschaft in Baden-
Württemberg sowie insbesondere im Hinblick auf die Anpassung an den Klimaschutz eine tragende Rolle spielen.
* Bundeswaldinventur 2014: Der Wald in Baden-Württemberg und Analyse und Weiterentwicklung regionalausgerichteter Strukturen der Kooperation, Beratung und Betreuung im Kleinprivatwald von Baden-Württemberg als Voraussetzung zur Verbesserung der Marktleistung 2011