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Erneuerbare-Wärme-Gesetz

Stellungnahme des Umweltministeriums zu den eingegangenen Kommentaren

Zwischen dem 30. Juli und dem 30. September 2014 konnte die Bevölkerung auf dem Beteiligungsportal Kommentare zur Neufassung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWärmeG) abgeben. Das Umweltministerium nimmt nun Stellung zu den eingegangenen Kommentaren.

Parallel zum formellen Anhörungsverfahren hatte die Öffentlichkeit im Zeitraum vom 30. Juli bis zum 30. September 2014 die Möglichkeit, den Entwurf für eine Novelle des EWärmeG im Beteiligungsportal der Landesregierung im Ganzen zu kommentieren und sich mit ihren Anregungen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Die Seite wurde in diesem Zeitraum insgesamt 3.300 Mal aufgerufen. Im Anhörungszeitraum sind 35 textliche Kommentare eingegangen, die insgesamt über 2500 Mal bewertet wurden (Unterstützung oder Ablehnung).

Die Resonanz kann angesichts der Komplexität der Materie, den überwiegend sehr technischen Vorschriften und der Notwendigkeit von Fachwissen als gut bezeichnet werden. Es wurden verschiedene Meinungen vorgetragen, wobei sich ein Teil der Kommentare weniger auf den konkreten Inhalt der geplanten Novelle bezieht, als auf allgemeine politische Äußerungen und die Frage, ob es grundsätzlich einer gesetzlichen Vorgabe bedarf, um die beschlossenen Klimaschutzziele zu erreichen.

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat alle Hinweise der Bürgerinnen und Bürger ausgewertet und konstruktive Anregungen bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs berücksichtigt. Darüber hinaus wurden einige unsachliche Kommentierungen - möglicherweise auf Missverständnissen beruhend - die für den Gesetzgebungsprozess nicht zielführend waren. Vorschläge, die bundesrechtliche Regelungen betreffen, wie die Umlagefähigkeit von Kosten auf Mieter, versicherungsrechtliche Bestimmungen oder Fragen der steuerlichen Absetzbarkeit, können aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz im Landesrecht keine Berücksichtigung finden.

Zu den eingegangenen Kommentaren zum Entwurf der Novelle des EWärmeG nimmt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in zusammengefasster Form wie folgt Stellung:

Vorwurf, Ergebnis der frühzeitigen Bürgerbeteiligung zu ignorieren

Ein Kommentar erwähnt, dass sich die Mehrheit derer, die sich im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung („Mitmachen“) geäußert haben, gegen die Erhöhung des Pflichtanteils auf 15 Prozent ausgesprochen hat und dieses Votum ignoriert worden sei.

Zur Weiterentwicklung des bestehenden Gesetzes wurden zunächst Eckpunkte in die öffentliche Diskussion eingebracht, unter anderem die Erhöhung des Pflichtanteils von 10 auf 15 Prozent. Die Einschätzung reichte dort von „zu wenig weitgehend“ über „richtig“/ „teilweise richtig“ bis zu „falsch“ (mehr als 50 Prozent). Unter Abwägung aller eingegangenen Argumente und angesichts der dringenden Notwendigkeit, dass der Wärmebereich einen größeren Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten muss, hält die Landesregierung an diesem Eckpunkt fest. Fortschritte beim Klimaschutz und bei der Versorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen, ist ein Grundanliegen grün-roter Landespolitik und so auch in der Koalitionsvereinbarung niedergelegt.

Zu ordnungsrechtlichen Vorgaben im Allgemeinen

Bei einem Großteil der Beiträge nahm die Diskussion zur Gesetzesnovelle im Allgemeinen, zur Landespolitik und zur persönlichen Einstellung gegenüber ordnungsrechtlichen Vorgaben breiten Raum ein. Dabei wurde die Bewertung der Novelle häufig mit Äußerungen zum bereits gültigen Gesetz vermischt. So wurde beispielsweise genereller Unmut über staatliche Vorgaben geäußert und sich für sinnvolle Einzellösungen und eigenverantwortliches Handeln der Eigentümer ausgesprochen. Gesetzliche Regelungen werden als Bevormundung aufgefasst, der Nutzen in Frage gestellt. Teilweise wurden die gesetzlichen Vorgaben als Zwang zu einer vollständigen Gebäudesanierung missverstanden.

Zur Diskussion gestellt wurde die Novellierung des bestehenden Gesetzes. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz hat der Landtag bereits 2007 mit parteiübergreifender Zustimmung verabschiedet. Es sieht für Bestandsgebäude seit 2010 beim Austausch des Heizkessels eine Nutzungspflicht für erneuerbare Energien vor. Für die bundesrechtliche Regelung (EEWärmeG) war das baden-württembergische Gesetz Vorbild im Hinblick auf eine Nutzungspflicht im Neubaubereich. Es besteht Einigkeit, dass zur Erreichung der auf EU-, auf Bundes-  und Landesebene beschlossenen Klimaschutzziele mehr unternommen werden muss, auch im Wärmebereich. Rund ein Viertel der  Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg ist auf die Heizung und die Warmwasserbereitung in Gebäuden zurückzuführen. Die sukzessive Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien sowie die Verminderung des Wärmeenergiebedarfs sind dafür unverzichtbar. Das EWärmeG leistet dazu einen Beitrag. Allein auf Freiwilligkeit, auf die Bereitstellung von Fördermitteln und auf verstärkte Beratung zu setzen, reicht nach Überzeugung der Landesregierung weiterhin nicht aus, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Auch angesichts endlicher fossiler Ressourcen und dem weltweit kontinuierlich steigenden Energiebedarf ist der Fokus verstärkt auf Alternativen zu den fossilen Energieträgern, die Schonung vorhandener Ressourcen sowie auf eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz zu legen.

Die langfristige Kosten- und Versorgungssicherheit im Wärmebereich ist ein weiteres grundlegendes Ziel der Landesregierung. Je weiter die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt wird, desto weniger anfällig ist sie gegen Kostensprünge und Lieferbeschränkungen beim Import fossiler Energieträger.
Darüber hinaus generieren der lokale Ausbau der Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien ein hohes Maß an Wertschöpfung auf regionaler und kommunaler Ebene sowie in der Privatwirtschaft. Er schafft neue und sichert vorhandene Arbeitsplätze im Handwerk sowie in der Agrar-, Forst- und Bauwirtschaft.

Das Landesgesetz (EWärmeG) bewegt sich in dem gesetzgeberischen Rahmen, den das Bundesrecht den Ländern ausdrücklich eingeräumt hat.

Durch die im Vergleich mit dem bestehenden Gesetz deutlich größeren Wahl- und Kombinationsmöglichkeiten steht dem Eigentümer eine breite Palette an Erfüllungsoptionen zur Verfügung. Es wird – wie bisher auch- keine konkrete Maßnahme vorgegeben. Es besteht keine Pflicht, eine bestimmte Technologie einzusetzen.

Zum Vorwurf des Sanierungsstaus bei der Heizungssanierung

Es wird teilweise befürchtet, dass die Novelle den Heizungsabsatzmarkt behindern werde, da einige Eigentümer ihre Heizung deswegen nicht erneuern würden. Es wird beispielsweise vorgetragen, dass die Heizungssanierung überall „boome“, nur in Baden-Württemberg nicht.

Es gibt keine vollständig aussagekräftigen Zahlen über die erfolgten Heizkesselaustausche in Baden-Württemberg, da diese auch von Herstellerverbänden nur geschätzt und hochgerechnet werden können. Eine einheitliche, allumfassende Heizkesselstatistik gibt es weder in Baden-Württemberg noch bundesweit. Eine Zurückhaltung beim Austausch alter Heizanlagen ist in der Tendenz allerdings bundesweit zu beobachten. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die Förderstatistik nach dem Marktanreizprogramm des Bundes (MAP) der letzten Jahre zeigt, dass der Zubau von Anlagen mit erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg insgesamt auf hohem Niveau erfolgt und pro einer Millionen Einwohner in der Regel deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die aktuelle MAP-Statistik 2014 weist bundesweit einen momentanen Rückgang an Investitionen in Biomasseheizungen und Solarthermieanlagen von rund 30 Prozent aus. Es ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine Kesselerneuerung schon aus technischen Gründen nicht über Gebühr hinausgezögert werden kann, entsprechend begrenzend ist generell der mögliche Zeitraum für eine Zurückhaltung.

Zum Vorwurf zu hoher zusätzlicher Kosten

In einem Teil der Kommentare wird die Befürchtung geäußert, dass die gesetzlich geforderten Maßnahmen insbesondere für ältere oder sozial schwächere Menschen nicht finanzierbar seien oder sich nicht in angemessener Zeit amortisierten.  

Gebäudeeigentümern entstehen durch die Nutzungspflicht Kosten, sofern sie nicht bereits auf vorhandene, anrechenbare Anlagen oder Maßnahmen zurückgreifen können. Abhängig von der erneuerbaren Energieform und -nutzung sowie der Möglichkeit zur Kombination können dazu Investitionskosten, Kosten für die Unterhaltung und Wartung der Heizungsanlage sowie gegebenenfalls Mehrkosten für den Energieträger zählen. Diesen Kosten stehen auf der anderen Seite Einsparungen bei den Ausgaben für fossile Energieträger gegenüber. In Abzug zu bringen sind zudem Kosten, die ohnehin angefallen wären (zum Beispiel fällige Instandhaltung, Einbau einer herkömmlichen Heizungsanlage).

Mit der Ausgestaltung der Pflichten und den zahlreichen Erfüllungsoptionen einschließlich der Ersatzmaßnahmen wurde ein ausgewogenes System geschaffen, das den Grundsatz der wirtschaftlichen Vertretbarkeit wahrt.

Die Erhöhung des Pflichtanteils von 10 auf 15 Prozent bei Wohngebäuden wirkt sich in erster Linie bei der Solarthermie aus. Es entstehen bei einer größeren Anlage höhere Kosten, da in der Regel eine Heizungsunterstützung hinzukommen muss. Da aber Kombinationen (z.B. eine kleinere solarthermische Anlage zuzüglich eines Sanierungsfahrplans) möglich sind, sind die zusätzlichen Kosten im Vergleich zur bisherigen Regelung vertretbar. Es sind zudem Erfüllungsoptionen vorgesehen, die keine erheblichen Investitionen erfordern (z.B. Bioöl/ Biogas und Sanierungsfahrplan), bei denen Amortisationsberechnungen ohnehin fehlgingen.  

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Befreiung zu stellen, wenn die Nutzungspflicht im Einzelfall wegen besonderer Umstände zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Insoweit können persönliche finanzielle Besonderheiten berücksichtigt und eine wirtschaftliche Überforderung vermieden werden.

Ergänzend stehen im Rahmen des Marktanreizprogramms attraktive Förderungen für moderne, zukunftsträchtige Heizanlagen zur Verfügung, die in der Vergangenheit nicht immer erschöpfend abgerufen wurden.

Zu einzelnen inhaltlichen Vorgaben der Regelung

a) Es wird beklagt, dass die Regelung zu komplex und für den Eigentümer zu wenig verständlich ausgestaltet sei.

Auf der einen Seite werden eine möglichst hohe Einzelfallgerechtigkeit, die Berücksichtigung vieler verschiedener Konstellationen und die Möglichkeit für eine auf ein Gebäude „maßgeschneiderte“ Lösung gefordert. Demgegenüber steht der Wunsch nach Vereinfachung. Der Gesetzentwurf beinhaltet einen Mittelweg, der zum einen Pauschalierungen und damit Vereinfachungen vorsieht, zum anderen aber auch Kombinationen und Einzelfallberechnungen zulässt. Die Grundstruktur des aktuellen Gesetzes soll beibehalten werden. Auf Elemente des bestehenden Gesetzes, die sich bewährt haben, wird insoweit aufgebaut.

b) Es wird kritisiert, dass die pauschalierten Kollektorflächen bei der Solarthermie zu groß seien.

Die Pauschalvorgaben, die sich aus der Berechnung für ein durchschnittliches Wohngebäude ergeben, dienen der Erleichterung, da die Kollektorfläche anhand der Wohnfläche leicht zu bestimmen ist. Es ist aber in jedem Fall weiterhin möglich, den Nachweis zu führen, dass auch eine kleinere Kollektorfläche ausreicht, um 15 Prozent (oder bei anteiliger Erfüllung auch kleinere Anteile) des Wärmeenergiebedarfs zu decken.

c) Es wird gefordert, die Optionen „Bioöl“ und „Biogas“ aus ökologischen Gründen als Erfüllungsoption zu streichen.

Der Nutzen im Hinblick auf die CO2-Einsparung ist bei diesen beiden Optionen geringer als bei den sonstigen vorgesehenen Erfüllungsmöglichkeiten. Sie werden daher nur mit Beschränkungen anerkannt, so z.B. durch die 50 kW-Grenze und die Möglichkeit, die gesetzliche Pflicht lediglich zu zwei Dritteln anzuerkennen. Gegen eine vollständige Herausnahme spricht, dass auch kostengünstige Erfüllungsoptionen erhalten bleiben sollen und in Kombination z.B. mit einem Sanierungsfahrplan längerfristig weitergehende Maßnahmen ergriffen werden.

d) Es wird Unverständnis darüber geäußert, weshalb im Bereich der Nichtwohngebäude ein Sanierungsfahrplan als vollständige Erfüllungsmöglichkeit anerkannt wird.

Für die unterschiedliche Anerkennung gibt es sachliche Gründe. Zum einen ist ein Sanierungsfahrplan im Nichtwohngebäude deutlich (kosten-) aufwändiger als beim Wohngebäude. Zum anderen werden die Nichtwohngebäude erstmals in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen. Wichtig dabei ist, einen Impuls zu setzen, der für den Gebäudeeigentümer deutlich macht, welche CO2-Minderungspotenziale möglich sind. Auch Nichtwohngebäude, die rund 35 Prozent der wärmebezogenen Energie verbrauchen, müssen ihren Beitrag zur Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz leisten.

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