Hintergrund und Arbeitsauftrag
Hintergrund
Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid (NO2) und lungengängige Feinstäube PM10 (Teilchen mit weniger als 10 Mikrometer Durchmesser) haben ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die menschliche Gesundheit.
Stickstoffdioxid ist ein giftiges Reizgas, das schon in nicht wahrnehmbaren Konzentrationen die Gesundheit schädigen kann. Das Gas wird über die Lunge aufgenommen und führt zu vermehrten Erkrankungen der Atemwege des Herzens und des Kreislaufs. Feinstaub bezeichnet Teilchen, die aufgrund ihres kleinen Durchmessers in die Lungenbläschen eindringen können. Kanzerogener Dieselruß hat dabei als ein Bestandteil des Feinstaubs eine besondere Bedeutung.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber zum Schutz der menschlichen Gesundheit auch für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid und Feinstaub Immissionsgrenzwerte festgelegt. Bei einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte müssen die zuständigen Behörden einen Luftreinhalteplan aufstellen oder bestehende Luftreinhaltpläne fortschreiben (siehe hierzu auch 4. Fortschreibung Luftreinhalteplan Reutlingen).
Der Luftreinhalteplan für Reutlingen aus dem Jahr 2005 und die Fortschreibungen von 2007, 2012 und 2014 enthalten Maßnahmen, die die Luftqualität in Reutlingen verbessern. Obwohl bereits umgesetzte Maßnahmen die Situation verbessert haben bzw. noch weiter verbessern, können die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) für Stickstoffdioxid an verschiedenen Stellen in Reutlingen (u. a. straßennah im Bereich der Messstation in der Lederstraße) bislang nicht eingehalten werden. So überschritt die Stickstoffdioxid-Konzentration im Jahr 2015 an der Messstation in der Lederstraße mit 70 µg/m3 deutlich den Grenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m3. Weiter zeigen Berechnungen aus Fachgutachten, dass auch an weiteren verkehrlich hoch belasteten Straßenzügen auf der Gemarkung Reutlingen hohe Luftschadstoffbelastungen vorliegen.
Dagegen wurde die maximal zulässige Anzahl der Überschreitungstage (35 Tage) für den Tagesmittelgrenzwert (50 µg/m3) für Feinstaub (PM10) an der Messstation in der Lederstraße im Jahr 2015 mit 33 Überschreitungstagen zum zweiten Mal in Folge eingehalten.
Im städtischen Hintergrund, an der Messstation Pomologie, werden die Immissionsgrenzwerte seit dem Jahr 2003 eingehalten.
Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Tübingen.
Aufgrund der jahrelangen Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in Reutlingen, Tübingen, Ulm und jetzt auch Balingen ist der Regierungsbezirk Tübingen von dem EU-Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2015/2073) gegen Deutschland betroffen.
Außerdem wurde das Land Baden-Württemberg (vertreten durch das Regierungspräsidium Tübingen und beigeladen die Stadt Reutlingen) Ende des Jahres 2014 durch das Verwaltungsgericht Sigmaringen verurteilt, den Luftreinhalteplan für Reutlingen so fortzuschreiben, dass die darin enthaltenen Maßnahmen schnellst möglich dazu führen, die Immissionsgrenzwerte einzuhalten.
Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, das Regierungspräsidium Tübingen und die Stadt Reutlingen haben gemeinsam beschlossen, den Anforderungen im Urteil mit dem Projekt „Modellstadt Reutlingen“ zu begegnen.
Am 25.11.2015 stellt die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) beim Verwaltungsgericht Sigmaringen einen Antrag auf Androhung von Zwangsgeld zur Vollstreckung des Urteils vom 22.10.2014. Dieser Antrag wurde jedoch vom Verwaltungsgericht Sigmaringen am 24.11.2016 abgelehnt. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass den Verpflichtungen aus dem Urteil nicht nachgekommen wird.