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Luftreinhaltung in Reutlingen

Fachgutachten

Das Fachgutachten ist die Grundlage für die 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans. Die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Online-Kommentierung fließen in das Gutachten mit ein. Ziel des Fachgutachtens ist, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten. Dieses wird drei Maßnahmenkombinationen enthalten, die flächendeckend zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte in Reutlingen führen sollen.

Der Zeitpunkt der Grenzwerteinhaltung wird für jede Maßnahmenkombination ermittelt. Bereits im Rahmen der Luftreinhalteplanung Reutlingen getroffene Maßnahmen werden berücksichtigt. Die Maßnahmen müssen ebenfalls auf den Zeitpunkt nach Inbetriebnahme des Scheibengipfeltunnels ausgerichtet sein.

Um den Anforderungen des Gerichtsurteils (s. Hintergrund / Arbeitsauftrag) gerecht zu werden, wurde ein systematischer und umfassender Ansatz für das Fachgutachten gewählt.

Das Fachgutachtens wird in fünf Arbeitsphasen bearbeitet: 

  • Analysephase 1: In der ersten Phase werden die Handlungsfelder (oder „Einflüsse“) identifiziert, die Auswirkungen auf die Luftqualität in Reutlingen besitzen und die diese verbessern können. Mithilfe der Modellierung von Emissionen- und Immissionen der Einflüsse wird ermittelt, welche maximalen theoretischen Potenziale zur Reduktion der Luftbelastung die Einflüsse haben. Es wird für alle relevanten Einflüsse untersucht, wie stark sich die Immissionen von Stickstoffdioxid und Feinstaub (PM10) theoretisch maximal reduzieren lassen. Dazu werden für alle Einflüsse theoretische Annahmen getroffen. Zum Beispiel wird angenommen, dass sich die Flotte an Fahrzeugen schnell verbessert. Daraus lässt sich eine theoretische maximale Wirkung auf die Luftqualität ableiten. 
  • Analysephase 2: Jedem Einfluss können unterschiedliche Maßnahmen zugeordnet werden, die von den Fachgutachtern vollständig herausgearbeitet werden. Dadurch entsteht eine umfangreiche Maßnahmenliste mit allen erdenklichen Maßnahmen. Diese können dabei auf allen politischen Ebenen (auf kommunaler Ebene, auf landes-, bundes- oder EU-Ebene) angesiedelt sein und auch aus dem bisherigen Luftreinhalteplan stammen. In einem ersten Schritt werden die Maßnahmen qualitativ in Bezug auf ihre Wirkungspotenziale, ihre Machbarkeit und ihre Zukunftsfähigkeit eingeschätzt. Dadurch werden aus dem umfangreichen Katalog circa 40 Maßnahmen ausgewählt. Im Austausch mit den Projektbeteiligten und der Arbeitsgruppe (Spurgruppe) werden aus diesen 40 Maßnahmen wiederum circa 20 ausgewählt, um diese im nachfolgenden Arbeitsschritt zu untersuchen.
  • Bewertungsphase: Die 20 ausgewählten Maßnahmen werden detailliert bewertet. Neben der emissions- und immissionsseitigen Wirkung einer Maßnahme, spielt ihre verkehrliche, technische und rechtliche Umsetzbarkeit, die für die Umsetzung erforderlichen Ressourcen und ihre Auswirkungen auf andere Bereiche eine Rolle.
  • Synthesephase: In der 4. Arbeitsphase des Fachgutachtens werden geeignete Maßnahmen zu drei Maßnahmenkombinationen (drei Szenarien) gebündelt, die zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte führen. Bei der Auswahl der Maßnahmen werden Bewertungskriterien gewichtet. In dieser Arbeitsphase wird untersucht, wie sich Maßnahmen gemeinsam auswirken und ob sie sich innerhalb eines Szenarios gegenseitig beeinflussen.
  • Implementierungsphase: Für die Umsetzung der Szenarien werden die verantwortlichen Entscheidungsträger, Realisierungszeiträume und die notwendigen Ressourcen benannt. Hinweise und Vorschläge zur Vorgehensweise und zur zeitlichen Abfolge werden erarbeitet. 

Darstellung der bisherigen Zwischenergebnisse

Analysephase 1
Zunächst wurde ausgehend vom Ist-Zustand 2015 die Trendprognose bis zum Jahr 2025 erstellt. Die Trendprognose berücksichtigt absehbare Entwicklungen, wie den Scheibengipfeltunnels, die Kfz-Flottenentwicklung oder die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen. Sie umfasst aber keine zusätzlichen Maßnahmen. Die Trendprognose ergab, dass die Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid im gesamten Stadtgebiet Reutlingen ohne zusätzliche Maßnahmen frühestens ab dem Jahr 2025 eingehalten werden können.

Auf Basis der Quellengruppen in der Verursacheranalyse der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) und nach umfassender Analyse der vorliegenden Daten aus der Stadt- und Landesverwaltung wurden insgesamt zehn Einflüsse auf die Luftqualität in Reutlingen identifiziert und quantifiziert. Beispielsweise lassen sich zur Quellengruppe „Straßenverkehr“ die Einflüsse „Flottenverbesserung, Fahrzeugtechnik (unterteilt in Personen- und Güterverkehr, ÖPNV), „Verkehrsverlagerung, Verkehrsvermeidung“ (unterteilt in Personen- und Güterverkehr) und „Verbesserung Verkehrsablauf“ zuordnen.

In der Modellierung der Emissionen und Immission zeigte sich, dass „Flottenverbesserung, Fahrzeugtechnik“ und „Verkehrsverlagerung, Verkehrsvermeidung“ die höchsten theoretischen Potenziale haben, die Luftbelastung in Reutlingen zu mindern. Würden beispielsweise alle Fahrzeuge des Personenverkehrs die neuesten Abgasnormen (Euro 6) erfüllen, würden bis zum Jahr 2020 die Stickstoffoxid-Emissionen im Stadtgebiet Reutlingen um 42 Prozent verringert, im Bereich der Lederstraße um 34%. Damit konnte die Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte frühestens ab 2020 prognostiziert werden.

Analysephase 2
Für die ausführliche Maßnahmensammlung nutzten die Fachgutachter verschiedene Datenquellen, wie etwa das vom Land Baden-Württemberg mit Unterstützung der Stadtverwaltung Reutlingen erarbeitete Konzept zur Luftreinhaltung für Reutlingen, die Vorschläge der projektbegleitenden Spurgruppe, die BASt-Datenbank MARLIS (Maßnahmen zur Luftreinhaltung) und gute Beispiele aus anderen Städten. Die Maßnahmen wurden pro Einfluss in einer Excel-Tabelle zusammengeführt. Dadurch entstand ein umfangreicher Maßnahmenkatalog mit 152 Maßnahmen.

Alle Maßnahmen wurden einer ersten qualitativen Einschätzung unterzogen. Es wurde abgeschätzt, wie stark eine Maßnahme die Luftbelastung mindern kann, ob sie machbar und zukunftsfähig ist und welche Synergieeffekte auftreten. Auch der Zeithorizont für die Umsetzbarkeit und Wirksamkeit jeder Maßnahme wurde berücksichtigt. Anhand dieser Kriterien wurde eine Vorauswahl von 40 Maßnahmen aus dem Katalog getroffen. Von dieser Auswahl wurden wiederum 26 Maßnahmen in Abstimmung mit den Projektbeteiligten und mit der Spurgruppe für eine detaillierte Bewertung ausgewählt.

Bewertungsphase
In der Bewertungsphase werden die 26 Maßnahmen hinsichtlich ihrer Minderungswirkung auf die Luftbelastung und ihrer verkehrlichen, technischen und rechtlichen Umsetzbarkeit analysiert. Die Ermittlung der emissions -, immissionsseitigen und verkehrlichen Wirkungen erfolgt mithilfe aufwendiger Modellrechnungen. Zusätzlich werden die Auswirkungen auf andere Bereiche, wie z.B. Gesundheit, Umwelt, Verkehrssicherheit, Wohnqualität und Wirtschaft geprüft und ermittelt, welche Ressourcen (Personal-, Sach-, Investitions- und Betriebskosten) erforderlich sind, eine Maßnahme umzusetzen. Auch die Akzeptanz der Maßnahmen wird untersucht. 

Die Expertise der Fachgutachter fließt in eine umfassende Machbarkeitsanalyse der Maßnahmen ein.Detailinformationen, die speziell für Reutlingen gelten, werden bei der Bewertung der Maßnahmen mit eingearbeitet und berücksichtigt.

Die Ergebnisse der Bewertungsphasen finden Sie unter Online-Kommentierung.