Im Rahmen der Bürgerbeteiligung zum Klima-Maßnahmen-Register wurden zum Sektor Energiewirtschaft insgesamt 14 Kommentare abgeben. Das Umweltministerium bedankt sich für die Beteiligung und das Interesse an den Klimaschutzmaßnahmen des Landes. Der inhaltliche Fokus der Kommentare lag erneut auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Daneben wurden Vorschläge in den Bereichen Wasserstoffwirtschaft, Speicherkonzepte sowie dem Weiterbetrieb beziehungsweise Neubau von Atomkraftwerken gemacht.
Bezüglich des Ausbau der erneuerbaren Energien werden zwei konkrete Ausbaugebiete für Windkraft beziehungsweise Photovoltaik(PV)-Anlagen benannt. Dieses Interesse und die Unterstützung konkreter Projekte ist sehr zu begrüßen. Das Land Baden-Württemberg errichtet selber keine Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Die Projektierung, Errichtung und den Betrieb solcher Anlagen nehmen gewerbliche Vorhabenträger vor. Die Entscheidung, ob und auf welchen Flächen Windenergie- oder Photovoltaikanlagen errichtet werden sollen, obliegt mit Blick auf die kommunale Planungshoheit der zuständigen Kommune vor Ort beziehungsweise dem sonstigen Träger der Bauleitplanung. Die Landesregierung hat aber in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf den Weg gebracht, insbesondere zur Erleichterung von Genehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Flächenverfügbarkeit.
Zum Thema PV-Ausbau wird zudem die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Beratung, die nicht nur technische Aspekte, sondern auch steuer-, verbraucher-, bau-, versicherungs-, energierechtliche und wirtschaftliche Aspekte umfasst. Um Bauverantwortliche bei der Umsetzung der Photovoltaik-Pflicht zu unterstützen, hat das Umweltministerium (UM) einen praxisnahen Leitfaden (PDF) veröffentlicht. Bei denoch ungeklärten Fragen zur PV-Pflicht stehen die Stabstellen Energiewende, Windenergie und Klimaschutz an den Regierungspräsidien sowie die vom Umweltministerium geförderten regionalen PV-Netzwerke für eine unabhängige und kostenfreie Beratung zur Verfügung.
Auch die Bedeutung der Tiefengeothermie für die Energiewende wird in den Kommentaren zu Recht hervorgehoben – konkret die Berücksichtigung der Tiefengeothermie in der Regionalplanung. Die Tiefengeothermie wird verstärkt von den Regionalverbänden in den Blick genommen und gegebenfalls in der Fortschreibung der Regionalpläne berücksichtigt. Die Durchführung von Projekten der Tiefengeothermie ist aber auch ohne diese Berücksichtigung möglich, da es sich oberirdisch nur um kleine Anlagen handelt. Die Unterstützung in der Anbahnung von Tiefengeothermieprojekten ist erklärtes Ziel der Landesregierung. In diesem Handlungsfeld werden daher weitere Maßnahmen geprüft. Beispielsweise wird aktuell eine Maßnahme ins Klima-Maßnahmen-Register eingeführt, mit der die aus Sicht von Gebäudeeigentümern nicht zufriedenstellend geregelte Haftpflichtabdeckung von möglichen Schäden bei Erkundungsmaßnahmen, bei Bohrungen oder beim Betrieb von Geothermieanlagen überprüft werden soll.
Im Themenbereich erneuerbare Energien wird darüber hinaus vorgeschlagen, keine Holzheizungen, insbesondere in öffentlichen Gebäuden, zuzulassen. Das Potenzial an nachhaltig energetisch nutzbarem Holz ist tatsächlich begrenzt und im Wesentlichen bereits ausgeschöpft. Außerdem ist Holz vorrangig stofflich zu nutzen und fällt dann gegebenenfalls erst nach mehrmaliger stofflicher Nutzung zur energetischen Nutzung an. Energiepolitisches Ziel ist, die energetische Holznutzung von Einzelfeuerungsanlagen weg und hin zu zentralen Feuerungen zu orientieren. Den Rahmen hierzu setzt der Bund vorwiegend durch die Immissionsschutz-Gesetzgebung und die Anforderung von Nachhaltigkeitsnachweisen bei größeren Anlagen. Eine Vorbildfunktion bei öffentlichen Gebäuden wäre in der Tat hilfreich. Allerdings ist nur eine Minderheit öffentlicher Gebäude in Landesbesitz. Wenn es sich wiederum um größere Liegenschaften handelt, liegt die oben genannte Charakteristik zentraler Heizungssysteme vor, in denen Holz gegebenenfalls nur zur Spitzenlastabdeckung dient. Insofern bietet sich hier keine naheliegende Maßnahme der Landesverwaltung an.
Auch bezüglich der vorgeschlagenen Erweiterung der Potentialanalyse zu PV-Anlagen an Tunnelanlagen um Multi-Mikro-Windräder zur Nutzung des Tunnelwinds ist derzeit keine Landesmaßnahme möglich, da sich derartige Windräder, im Gegensatz zu PV-Anlagen, noch in einem früheren Entwicklungsstadium mit einzelnen Pilotprojekten befinden.
Darüber hinaus wird in zwei Kommentaren die verstärkte Nutzung von PV-Anlagen, Wärmepumpen sowie von Speichern in landeseigenen Gebäuden angesprochen. Hierzu nimmt das Finanzministerium folgendermaßen Stellung: Mit der Umsetzung des im Jahr 2023 beschlossenen Energie- und Klimaschutzkonzepts für Landesliegenschaften 2030 wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um das im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW) verankerte Klimaschutzziel für die Landesverwaltung zu erreichen. Der deutlich verstärkte Ausbau von Photovoltaik auf den geeigneten Landesliegenschaften und die Umstellung auf eine weitgehend klimaneutrale eigene Wärmeversorgung sind zentrale Maßnahmen. Der Einsatz der Wärmepumpentechnologie in Verbindung mit der Nutzung von Umweltenergie und eigenerzeugtem Photovoltaikstrom beziehungsweise Ökostrom ist derzeit die Schlüsseltechnologie.
Zum Kommentar, bei der Installation von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden auch immer einen Stromspeicher mit einzubauen, nimmt das Finanzministerium folgendermaßen Stellung: Bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Landesliegenschaften wird zumeist eine Eigenverbrauchsquote von 80 Prozent oder höher erreicht. Zusätzliche Batteriespeicher sind daher im Regelfall bei landeseigenen Photovoltaikanlagen zur weiteren Erhöhung des Eigenverbrauchs nicht erforderlich und derzeit noch nicht wirtschaftlich. Vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen der Speichersysteme wird in Landesgebäuden in einzelnen Pilotprojekten die Kombination von Photovoltaikanlagen mit adäquat dimensionierten Batteriespeichern erprobt.
Auch zum Themenbereich Speichertechnologien wurden mehrere Kommentare abgegeben. Hier wird jedoch deutlich, dass die Vorschläge teilweise in unterschiedliche Richtungen gehen. So werden einerseits Regeln zur vereinfachten Nutzung von Heimspeichern, andererseits eine verstärkte Ausrichtung auf zentrale Speicher gefordert. Auch eine stärkere Nutzung von Quartiersspeichern wird angesprochen. Grundsätzlich sieht das Umweltministerium Speichertechnologien als einen wichtigen Baustein der Energiewende, insbesondere zur verstärkten Bereitstellung von Flexibilität in einem vorrangig auf erneuerbare Energien ausgerichteten Stromsystem. Dazu setzt sich das Umweltministerium insbesondere auf Bundesebene für geeignete Rahmenbedingungen für eine verstärkte Ausnutzung der Flexibilitätspotentiale von Speichertechnologien ein.
Im Themenbereich Wasserstoff wird insbesondere die Bereitstellung zusätzlicher Industrieflächen für die dezentrale Wasserstofferzeugung angesprochen. Baden-Württemberg verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2035 keine neuen Flächen in Anspruch nehmen zu wollen („Netto-Null-Flächenneuinanspruchnahme“). An diesem Ziel hält die Landesregierung unverändert fest. Auf der anderen Seite ist die Ausweitung der Erzeugung von Wasserstoff und seine zunehmende Verwendung als vielseitiger chemischer Rohstoff und Energieträger ein zentraler Baustein für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft sowie zur Gestaltung der Energie- und Wärmewende. Für die dezentrale Wasserstofferzeugung müssen Elektrolyseure errichtet werden, die nach der gegenwärtigen Rechtslage grundsätzlich ausschließlich in Industriegebieten beziehungsweise entsprechenden Sondergebieten zugelassen werden können, sofern im konkreten Einzelfall keine Zulassung in Gewerbegebieten möglich ist. Die Zulassung in Gewerbegebieten stellt eine Ausnahme dar. Auf europäischer und nationaler Ebene sind rechtliche Bestrebungen im Gange, Elektrolyseure bis zu einer Nennleistung von fünf Megawatt elektrischer Leistung von einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auszunehmen. Damit müssten solche Elektrolyseure nicht mehr zwangsläufig auf Industrie- oder Gewerbegebietsflächen errichtet werden. Für große Elektrolyseure werden aber weiter Industrieflächen benötigt werden, die in Flächenkonkurrenz zu Industrie-Anlagen stehen können. Über den jeweiligen Vorrang entscheiden letztendlich die Akteure und Marktteilnehmer vor Ort.
Die Kommentare zum Weiterbetrieb beziehungsweise Neubau von Atomkraftwerken müssen aus Sicht des Umweltministeriums abgelehnt werden. Der Atomausstieg wurde 2011 in einem breiten gesellschaftlichen Konsens beschlossen. Betrachtet man die Entwicklung der Stromerzeugung in Deutschland seit 2015, wird deutlich, dass trotz Atomausstieg, die Erzeugung aus Kohle von rund 215 Terrawattstunden im Jahr 2015 auf einen Tiefststand von knapp 118 Terrawattstunden in 2023 gesunken ist (mit einer gegenläufigen Entwicklung bei erneuerbaren Energien). Auch kam es bei Vollendung des Atomausstiegs im April 2023 nicht zu einem Anstieg der Emissionen in der Stromerzeugung oder zu einem Anstieg der Strompreise. Eine Wiederinbetriebnahme der bestehenden Atomkraftwerke in Deutschland wäre mit einem enormen Zeit- und Kostenaufwand verbunden, so dass auch bei den Betreibern kein wirtschaftliches Interesse an einer Rückkehr zur Kernkraft besteht. Aktuell gibt es einige Staaten, in denen die Errichtung neuer Kernkraftwerke, das heißt Kernreaktoren der aktuellen Generation, geplant wird. Bereits in Bau befindliche Kraftwerke fallen häufig durch deutliche Überschreitung der Zeit- und Kostenpläne auf, beispielsweise das Bauvorhaben Hinkley Point C im Vereinigten Königreich. Die Entwicklung von neuen Reaktortypen, also solche der vierten Generation und sogenannte Small Modular Reactors (SMR), befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Daher ist nicht davon auszugehen, dass diese neuen Reaktortypen für die nun anstehende Transformation des Stromsystems zur Klimaneutralität einen signifikanten Beitrag leisten können.