Bürgerbeteiligung

Zweites Bürgerforum Corona

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50 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus dem ganzen Land nehmen am Bürgerforum Corona teil

Das zweite Bürgerforum Corona hat die aktuelle Situation und mögliche Wege aus dem Lockdown debattiert. Staatsrätin Gisela Erler betonte bei der Videokonferenz die elementare Bedeutung eines intensiven Austauschs über die Folgen der Pandemie. Die Politik werde sehr genau zuhören.

Beim zweiten Bürgerforum Corona haben sich die zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger am Donnerstagnachmittag, 21. Januar 2021, insbesondere mit den Auswirkungen des aktuellen Lockdowns und der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Bedingungen die derzeitigen Maßnahmen wieder gelockert werden könnten. Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler betonte bei der Eröffnung der Videokonferenz, wie elementar wichtig ein intensiver Austausch über die Folgen der Pandemie sei: „Es ist spannend zu sehen, wie sich dieses Bürgerforum entwickelt und wie intensiv die Teilnehmenden sich mit den komplexen Sachverhalten auseinandersetzen“, so Staatsrätin Erler, unter deren Federführung das dialogische Beteiligungsverfahren entwickelt wurde.

Expertenvorträge als fachliche Grundlage für die Debatte

Um eine fachliche Grundlage für die Debatte und den Austausch in Kleingruppen zu schaffen, wurden Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen eingeladen, am Bürgerforum Corona teilzunehmen. Stefan Brockmann, Referatsleiter Gesundheitsschutz und Epidemiologie im Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, erläuterte die derzeitige Lage der Pandemie in Baden-Württemberg. Aktuell deute sich im ganzen Land ein leichter Abwärtstrend an, es gebe aber immer noch etliche kleinere und größere Ausbrüche. Am stärksten betroffen seien nach wie vor Pflegeheime, so der Epidemiologe. Seit Ende vergangenen Jahres sei eine deutliche Übersterblichkeit zu sehen, so Brockmann: „Wir haben seither leider etwa 20 Prozent mehr Todesfälle als im Vergleichszeitraum.“

Dass die Zahlen in Baden-Württemberg nicht noch viel höher liegen, führt Dr. Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen auf die zahlreichen Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen und konsequente Kontaktreduzierung zurück. „Hätten wir alles laufen lassen, würde die Sterblichkeit zehn Mal höher ausfallen“, so Dr. Priesemann in ihrem Vortrag. Die Forschungsgruppenleiterin und Expertin für Ausbreitungsmathematik hat verschiedene Rechenmodelle für die Bundesregierung aufgestellt, wie eine Ausbreitung kontrolliert werden kann. „Mit einem ganz harten Lockdown könnten wir die Zahlen innerhalb eines Monats auf ein Drittel reduzieren“, betonte sie. Bei niedrigen Fallzahlen lasse sich alles besser steuern und vieles könne wieder geöffnet werden, so Dr. Viola Priesemann.

Dr. Lisa Federle, Pandemiebeauftragte des Landkreises Tübingen, plädierte für eine umfassende Teststrategie, um die Zahlen weiter zu senken. Tübingen sei derzeit der einzige Landkreis, der mit einem Inzidenzwert von unter 50 nicht mehr als Risikogebiet geführt werde. Dies sei vor allem auch auf den konsequenten Einsatz von Schnelltests zurückzuführen, insbesondere im Umfeld von Pflegeheimen und bei älteren Menschen. Die Initiatorin der Tübinger Teststrategie forderte daher, diese Teststrategie auf das ganze Bundesgebiet auszuweiten. In Tübingen würden seit Ende November in Heimen und anderen Bereichen vier Mal in der Woche Menschen ohne Symptome getestet werden. „Dabei stoßen wir regelmäßig auf positive Fälle, die wir dann in Quarantäne schicken können“, so Dr. Lisa Federle.

Bei allen Expertenvorträgen und Ausführungen hatten die Zufallsbürger Gelegenheit, über eine Chatfunktion vertiefende Fragen zu stellen oder die Beiträge zu kommentieren. Anschließend wurden in Kleingruppen verschiedene Fragestellungen rund um die Themenfelder Lockdown und Schnelltests diskutiert. Sozialminister Manne Lucha stellte sich ebenfalls den Fragen der Bürgerinnen und Bürger und betonte die Bedeutung der Kontaktbeschränkungen. Eine wichtige Erkenntnis sei, so Lucha, dass sich einige Menschen insbesondere im vergangenen Oktober nicht an die Beschränkungen gehalten hätten. „Das hat zu sehr hohen Infektionsraten geführt, die nicht mehr kontrollierbar waren.” Auch die Mobilität spiele eine wichtige Rolle. Im Frühjahr 2020 seien die Zahlen relativ schnell gesunken, da die Mobilität massiv eingeschränkt wurde, erklärte der Minister. Im Vergleich zum ersten Lockdown seien die Menschen in der gegenwärtigen zweiten Pandemiewelle allerdings rund 40 Prozent mobiler.

Politik wird sehr genau zuhören

Zum Abschluss dankte Staatsrätin Gisela Erler allen Teilnehmenden des Bürgerforums Corona für ihre Beiträge. Ziel sei es unter anderem, dass die Teilnehmenden auf Grundlage der fachlichen Informationen die Lage bewerten. So wie die Politik Wissenschaftler oder Verbände höre, seien auch die Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Gruppe, die man einbinden müsse. „Die Politik wird Ihnen sehr genau zuhören“, betonte Staatsrätin Gisela Erler.  
 
Bei der dritten Runde der Online-Beteiligung am 18. Februar 2021 wird sich das Bürgerforum mit dem Themenbereich „Impfung und Impfstrategie“ auseinandersetzen. Auch dazu werden wieder verschiedene Expertinnen und Experten eingeladen, die mit ihren Impulsvorträgen eine fachliche Grundlage schaffen.

Bürgerforum Corona

Für das Bürgerforum Corona sind insgesamt 50 Bürgerinnen und Bürger aus dem ganzen Land nach einem Zufallsverfahren ausgewählt worden. Gemeldet hatten sich wesentlich mehr Menschen. Inhaltliche Grundlage des Forums ist eine umfangreiche Themenlandkarte (PDF), die in einer Online-Beteiligung bewertet, bearbeitet und ergänzt wurde.

Für das Bürgerforum wurden über 2.000 Menschen zufällig ausgewählt und angeschrieben. 258 Menschen hatten sich daraufhin gemeldet und sich bereit erklärt, mitzuwirken. Aus diesen 258 Personen wurden 50 Personen ausgelost. Dabei wurden die Interessierten so eingeteilt, dass die Zusammensetzung des Bürgerforums am Ende die Bevölkerungsstruktur angemessen widergibt. So sind die Hälfte der Teilnehmenden Frauen. 22 Prozent haben einen Migrationshintergrund. 42 Prozent der Teilnehmenden haben Abitur, einen vergleichbaren Abschluss oder ein Studium. 58 Prozent haben einen Real-/Haupt- oder Volksschul-Abschluss. Die Altersverteilung entspricht ungefähr der Altersverteilung im Land. Die Teilnehmenden sind zwischen 17 und 81 Jahren alt.

Die Teilnehmenden kommen aus allen Regierungsbezirken und aus städtischen wie ländlichen Gebieten. Die Teilnehmenden kommen aus folgenden Gemeinden: Eberstadt (eine Person), Ehingen (Donau) (eine Person), Ellwangen (zwei Personen), Emmendingen (zwei Personen), Freiburg im Breisgau (drei Personen), Freudenstadt (drei Personen), Illerrieden (zwei Personen), Kaisersbach (eine Person), Karlsbad (vier Personen), Karlsruhe (eine Person), Kißlegg (fünf Personen), Mannheim (eine Person), Oberreichenbach (eine Person), Offenburg (eine Person), Plochingen (vier Personen), Ravensburg (eine Person), Rheinhausen (zwei Personen), Schopfheim (drei Personen), Stuttgart (drei Personen), Tiefenbronn (eine Person), Tübingen (eine Person), Waiblingen (sechs Personen), Weinheim (eine Person).

Beteiligungsportal: Bürgerforum Corona

Beteiligungsportal: Themenlandkarte zum Bürgerforum Corona (PDF)

Beteiligungsportal: Deutsch-Französischer Bürgerrat zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit

Erklärfilm: Wie funktioniert Bürgerbeteiligung mit Zufallsauswahl?