Lärm ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Straßen- und Schienenverkehr zählen zu den Hauptquellen des Lärms in Deutschland. Einer Erhebung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 zufolge fühlen sich in Deutschland 76 Prozent der Befragten in ihrem Wohnumfeld durch Straßenverkehr gestört oder belästigt. Beim Schienenverkehr sind es, obwohl es deutlich weniger Schienenwege als Straßen gibt, immerhin 34 Prozent.
Die Lärmaktionspläne der Städte und Gemeinden haben sich zu einer zentralen Säule beim Schutz vor Lärm entwickelt. Der Fokus dieser Lärmaktionspläne liegt auf den jeweiligen örtlichen Verhältnissen. Es sind ergänzend aber auch Maßnahmen und Rahmensetzungen auf Ebene des Landes erforderlich. In dem vorliegenden Lärmaktionsplan Baden-Württemberg 2024 werden die Maßnahmen, die vom Land bereits auf den Weg gebracht wurden, sowie die Anstrengungen des Landes für bessere Handlungsmöglichkeiten beim Schutz vor Verkehrslärm dargestellt.
Die Lärmaktionsplanung in Baden-Württemberg hat damit nun zwei Säulen: neben die Lärmaktionspläne der Städte und Gemeinden mit ihrem Fokus auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse tritt der landesweite Lärmaktionsplan Baden-Württemberg 2024.
Der Lärmaktionsplan Baden-Württemberg 2024 gilt landesweit und umfasst damit alle durch das Land kartierten Bereiche der aktuellen Umgebungslärmkartierung außerhalb der Ballungsräume. Damit wird auch die Lücke geschlossen, dass bisher nicht für alle von der Kartierung erfassten Bereiche an Straßen und Haupteisenbahn-strecken kommunale Lärmaktionspläne vorliegen. Da dies nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands der Fall war, hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Wird auch künftig nicht für alle kartierten Bereiche ein Lärmaktionsplan vorgelegt, drohen bei einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof hohe Strafzahlungen.
Mit dem landesweiten Lärmaktionsplan Baden-Württemberg 2024 ist eine flächendeckende Umsetzung der Europäischen Union (EU)-Umgebungslärmrichtlinie (PDF) in Baden-Württemberg gegeben. Zuständig für das Aufstellen eines landesweiten Lärmaktionsplans ist das Ministerium für Verkehr. Der landesweite Lärmaktionsplan Baden-Württemberg 2024 hat die Planung von Maßnahmen mit überörtlichem Charakter zum Gegenstand, die in einem kommunalen Lärmaktionsplan nicht geregelt werden könnten. Das bedeutet auch, dass der Lärmaktionsplan Baden-Württemberg nur Maßnahmen festlegt, für die die kommunalen Lärmaktionspläne keine Bindungswirkung gegenüber den Fachbehörden entfalten. So ist insbesondere die konkrete Festlegung von Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Gründen des Lärmschutzes nicht Gegenstand des Lärmaktionsplans des Landes. Dies ist weiterhin den Lärmaktionsplänen der Städte und Gemeinden vorbehalten. Ungeachtet dessen können die Verkehrsbehörden aufgrund ihrer Zuständigkeit für das Straßenverkehrsrecht auch unabhängig von Lärmaktionsplänen tätig werden.
Der vorliegende Lärmaktionsplan des Landes analysiert die Lärmsituation an Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken außerhalb der Ballungsräume in Baden-Württemberg auf Grundlage der Lärmkartierung 2022 und zeigt Maßnahmen auf, um die Lärmbetroffenheit in Baden-Württemberg weiter zu reduzieren.
Die Europäischen Union (EU)-Umgebungslärmrichtlinie (RL 2002/49/EG) wurde im sechsten Teil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in den Paragrafen 47a bis 47f sowie in der Verordnung über die Lärmkartierung (34. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) in nationales Recht umgesetzt.
Seit dem Jahr 2007 muss in einem 5-Jahres-Turnus eine Umgebungslärmkartierung durchgeführt werden. Hierbei müssen Lärmkarten für sämtliche Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen, in Ballungsräumen auch sonstigen lärmrelevanten Straßen, Schienen und Flughäfen sowie großen Industrie-anlagen, ausgearbeitet werden.
Hauptverkehrsstraßen sind Landes- und Bundesstraßen sowie Autobahnen ab drei Millionen Fahrzeugen pro Jahr (das entspricht etwa 8.200 Fahrzeugen pro Tag). Haupteisenbahnstrecken sind Schienenwege ab 30.000 Zügen pro Jahr. Als Großflughafen ist in Baden-Württemberg nur der Flughafen Stuttgart zu kartieren.
In Baden-Württemberg ist die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) für die Kartierung der Hauptverkehrsstraßen, der nicht-bundeseigenen Haupteisenbahnstrecken und des Großflughafens Stuttgart zuständig. Die Lärmkarten der Ballungsräume Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm werden von der jeweiligen Stadtverwaltung erarbeitet. Die Kartierung der Schienenwege des Bundes erfolgt durch das Eisenbahn-Bundesamt.
Auf Grundlage der Lärmkarten sind Lärmaktionspläne zu erstellen. Diese haben sowohl zum Ziel, die festgestellten Lärmprobleme zu reduzieren, als auch ruhige Gebiete vor einer Zunahme des Lärms zu schützen.
Die Lärmaktionsplanung in Baden-Württemberg besteht aus zwei Säulen: Das Verkehrsministerium erstellt einen landesweiten Lärmaktionsplan und die Städte und Gemeinden erstellen Lärmaktionspläne mit dem Fokus auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse.
Außerdem erstellt das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) einen Lärmaktionsplan für Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit Maßnahmen in Bundeshoheit und das Regierungspräsidium Stuttgart für den Großflughafen Stuttgart. Die Ballungsraumstädte Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm erarbeiten Lärmaktionspläne für ihr jeweiliges Stadtgebiet.
Sind Menschen dauerhaft erhöhten Lärmbelastungen ausgesetzt, kann dies negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Zu den möglichen gesundheitlichen Folgen erhöhter Lärmbelastung zählen eine ganze Reihe physischer und psychischer Probleme, angefangen mit Belästigung durch Lärm als Stressfaktor, über Schlafstörungen und Depression bis hin zu ischämischen Herz-Krankheiten, Herz-Kreislaufproblemen und Herzinfarkt. Bei Kindern kann Verkehrslärm dazu führen, dass kognitive Entwicklungsprozesse verzögert ablaufen, was sich beispielsweise am Lesealter der Kinder im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern ohne Lärmbelastung zeigt.
Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit
- Schlafstörungen
- Belästigung
- Tinnitus
- Depression
- Kognitive Entwicklungsstörungen bei Kindern
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Aus der Noise and Risk of Myocardial Infarction (NaRoMi)-Studie (PDF) im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) geht hervor, dass Männer, die jahrelang an lauten Straßen mit Mittelungspegeln über 65 Dezibel(A) am Tag leben, ein um 20 bis 30 Prozent höheres Herzinfarkt-Risiko haben, als Männer, die in ruhigeren Wohngegenden mit Pegeln bis maximal 60 Dezibel(A) tags leben.
Um die Gesundheit zu schützen, sollen Lärmbelastungen über 65 Dezibel(A) tags und 55 Dezibel(A) nachts nach einhelliger Auffassung der Lärmwirkungsforschung vermieden werden. Entsprechende Empfehlungen haben das Umweltbundesamt und der Sachverständigenrat für Umweltfragen wiederholt ausgesprochen. Auch die sogenannte „MarweinRunde“ mit Lärmwirkungsexpertinnen und -experten aus dem deutschsprachigen Raum (PDF) kam 2019 zu dem Ergebnis, dass die heute geltenden Eingriffsschwellen beim Straßenverkehrslärm dem Gesundheitsrisiko Verkehrslärm nicht gerecht werden und zumindest auf die Werte von 65 Dezibel(A) am Tag und 55 Dezibel(A) in der Nacht abgesenkt werden sollten.
Das Verkehrsministerium hat sich zum Ziel gesetzt, dass künftig niemand mehr gesundheitskritischen Lärmbelastungen über 65 Dezibel(A) am Tag und 55 Dezibel(A) in der Nacht durch den Lärm von Straßen und Schienenwegen ausgesetzt ist und setzt sich dafür ein, dass die bestehenden Handlungsmöglichkeiten im Sinne der Lärmbetroffenen ausgeschöpft werden.
Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung vom 8. Februar 2023, Kapitel 2.5.1 (PDF)
Die Europäische Union (EU)-Umgebungslärmrichtlinie schreibt keine Lärmgrenzwerte fest. In Deutschland gelten für Straßen und Schienenwege je nach Kontext verschiedene Grenz- und Auslösewerte zur Beurteilung der Lärmsituation
Immissionsgrenzwerte der Lärmvorsorge bei Neubau und wesentlicher Änderung von Straßen und Schienenwegen (Quelle: Verkehrslärmschutzverordnung – 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes):
Gebietskategorie | Tag (6 bis 22 Uhr) | Nacht (22 bis 6 Uhr) |
---|---|---|
an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen | 57 | 47 |
in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten | 59 | 49 |
in Kern-, Dorf- und Mischgebieten | 64 | 54 |
in Gewerbegebieten | 67 | 59 |
Auslösewerte der Lärmsanierung an bestehenden Bundesfern- und Landesstraßen sowie Schienenwegen des Bundes (Quelle: Verkehrsministerium Baden-Württemberg, Regelungen zum Verkehrslärmschutz an Straßen vom 25. August 2020 (PDF), Förderrichtlinie Lärmsanierung Schiene):
Gebietskategorie | Tag (6 bis 22 Uhr) | Nacht (22 bis 6 Uhr) |
---|---|---|
an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen, in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten | 64 | 54 |
in Kern-, Dorf- und Mischgebieten | 66 | 56 |
in Gewerbegebieten | 72 | 62 |
Der vorliegende Lärmaktionsplan gilt für das gesamte Land Baden-Württemberg. Er deckt die Lärmquellen Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken (bundeseigen sowie nicht-bundeseigen) außerhalb der Ballungsräume ab.
Zuständige Behörde für die Erstellung dieses landesweiten Lärmaktionsplans ist das
Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg
Dorotheenstraße 8
70173 Stuttgart
Tel.: 0711/89686-0
Fax: 0711/89686-902
E-Mail: Poststelle@vm.bwl.de