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Justiz

Gesetz zur Digitalisierung des Hinterlegungswesens

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung des Hinterlegungswesens, zur Anpassung des Landesrechts an das Gerichtsdolmetschergesetz und zur Änderung weiterer Vorschriften sollen die Grundlagen für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs im Hinterlegungswesen geschaffen werden. Zugleich wird die Möglichkeit eröffnet, die elektronische Akte in Hinterlegungssachen einzuführen.

Weiter soll das Landesrecht mit den neuen bundesrechtlichen Regelungen zur Beeidigung von Gerichtsdolmetschern in Einklang gebracht werden. Dazu werden die landesrechtlichen Regelungen für Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer neu strukturiert und es wird ein weitgehender Gleichlauf der Beeidigungsvoraussetzungen für alle Sprachmittler hergestellt.

Das Gesetz dient weiter der punktuellen Bereinigung und Anpassung verschiedener Landesgesetze im Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums an Rechtsänderungen im Bundesrecht. Hierzu gehören insbesondere das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882), das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834), das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) sowie das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften vom 7. Mai 2021 (BGBl. I S. 850). Im Landesjustizkostenrecht sollen zudem Regelungen aufgehoben werden, die nicht mehr sachgerecht erscheinen.

Konkret verfolgt der Gesetzentwurf insbesondere folgende wesentliche Ziele:

  • Es sollen die Grundlagen für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs im öffentlich-rechtlichen Hinterlegungswesen geschaffen werden, sodass künftig Anträge und Erklärungen elektronisch bei den amtsgerichtlichen Hinterlegungsstellen eingereicht werden dürfen. Um eine medienbruchfreie Weiterverarbeitung der elektronischen Eingänge zu gewährleisten, wird zugleich die Möglichkeit eröffnet, die bislang papierhaft geführten Hinterlegungsakten auf eine elektronische Aktenführung umzustellen (Artikel 1).
  • § 13a AGGVG ist infolge der neuen Regelung in § 757a ZPO durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften gegenstandslos geworden und daher aufzuheben (Artikel 2 Nummer 1).
  • Für die Beeidigung von Gebärdensprachdolmetschern und Urkundenübersetzern nach dem AGGVG sollen die Regelungen des am 1. Januar 2023 in Kraft tretenden Gerichtsdolmetschergesetzes des Bundes weitgehend entsprechend gelten. Auch Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer werden sich nach den neuen Vorgaben neu beeidigen lassen müssen, erhalten dafür aber länger Zeit. Die bisherige Zuständigkeit der Landgerichte soll einheitlich für alle Sprachmittler beibehalten werden. Zur Harmonisierung mit den bundesrechtlichen Vorschriften werden ein Bußgeldtatbestand für die unbefugte Bezeichnung als Gebärdensprachdolmetscher oder Urkundenübersetzer und ein maßvoll ausgestalteter Gebührentatbestand für die künftig erforderliche Verlängerung der Beeidigung neu eingeführt (Artikel 2 Nummer 2 bis 9, Artikel 4, Artikel 3 Nummer 4 h).
  • Im Landesjustizkostengesetz werden die Vorschrift zur Vergütung der Amtsgänge von Amtsboten der Gemeinde sowie der Gebührentatbestand für den Widerruf der Anerkennung von Gütestellen bei erklärtem Verzicht aufgehoben (Artikel 3 Nummer 3 und Nummer 4 j).
  • Durch Regelungen zu den Versorgungswerken der Rechtsanwälte und der Steuerberater sowie zum Notarversorgungswerk Baden-Württemberg werden die Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung für den Gläubiger im Vollstreckungsverfahren entsprechend der bundesgesetzlichen Vorgaben ausgestaltet und zugleich die Anforderungen an die Datenübermittlung der Versorgungswerke an öffentliche Stellen konkretisiert (Artikel 6 bis 8).
  • Der Richtervorbehalt in § 14 Absatz 1 Nummer 10 des Rechtspflegergesetzes (RPflG) ist durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts mit Wirkung zum 1. Januar 2023 aufgehoben worden. Damit entfällt der bisherige Richtervorbehalt für die § 14 Absatz 1 Nummer 10 RPflG in der bis zum 1. Januar 2023 geltenden Fassung entsprechenden Geschäfte nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 RPflG. Für diese ergibt sich die Zuständigkeit des Rechtspflegers künftig unmittelbar aus § 3 Nummer 2 Buchstabe c RPflG. Die bisherige landesrechtliche Aufhebung des entsprechenden Richtervorbehalts ist gegenstandslos und wird daher gestrichen (Artikel 9).
  • Die §§ 45 und 46 AGBGB und damit der sechste Abschnitt des BadenWürttembergischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch sind aufgrund der Änderungen durch das Gesetz zur Reform des Vormundschaftsund Betreuungsrechts aufzuheben (Artikel 12).
  • Ebenfalls anzupassen sind § 8 und § 14 des badischen Gesetzes, die geschlossenen Hofgüter betreffend. Nachdem künftig die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten unzulässig ist, sollen in § 8 künftig nur noch Geschäftsunfähige vom Anerbenrecht ausgenommen werden (Artikel 13).

Kommentare : zum Gesetz zur Digitalisierung des Hinterlegungswesens

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2. Kommentar von :ohne Name 36944

Digitalisierung

Bei einer Digitalisierung nach Außen hin, muss auch immer die interne Seite mitbedacht und nach Möglichkeit digitalisiert werden. Dafür muss auch das landesinterne Anordnungswesen in seiner Organisation geprüft und ggf. neu organisiert werden.

Fraglich ist auch die Auswirkung von möglicher Umsatzsteuerpflicht auf bspw. Hinterlegungssachen. Das

Bei einer Digitalisierung nach Außen hin, muss auch immer die interne Seite mitbedacht und nach Möglichkeit digitalisiert werden. Dafür muss auch das landesinterne Anordnungswesen in seiner Organisation geprüft und ggf. neu organisiert werden.

Fraglich ist auch die Auswirkung von möglicher Umsatzsteuerpflicht auf bspw. Hinterlegungssachen. Das Land führt gleichzeitig zum Jahreswechsel ein neues Haushalts- und Kassensystem auf SAP Basis ein. Aus dem Gesetz ergeben sich sicherlich Auswirkungen darauf, insbesondere den Umgang mit dem allgemeinen Anordnungswesen und den notwendigen SAP Geschäftspartnern.

Kommentar vom Moderator

Antwort des Ministeriums der Justiz und für Migration

Das Zusammenwirken der im Land am Hinterlegungswesen beteiligten Behörden hat die Landesregierung im Blick und stimmt die Prozesse und deren Digitalisierungsmöglichkeiten auch innerhalb der Landesverwaltung ab.

1. Kommentar von :Katja

Das neue Gerichtsdolmetschergesetz

Mein Name ist Katja Mouletarova-Oujikanova. Ich bin allgemein beeidigt für die Sprache Bulgarisch sowohl als Dolmetscherin als auch als Übersetzerin. Ich übersetze und dolmetsche regelmäßig seit ca. 20 Jahren bei den Gerichten hauptsächlich in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, auch für Justizbehörden, Rechtsanwältinnen und

Mein Name ist Katja Mouletarova-Oujikanova. Ich bin allgemein beeidigt für die Sprache Bulgarisch sowohl als Dolmetscherin als auch als Übersetzerin. Ich übersetze und dolmetsche regelmäßig seit ca. 20 Jahren bei den Gerichten hauptsächlich in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, auch für Justizbehörden, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Sachverständige, die Polizei und für andere Institutionen. Ich habe einen Hochschulabschluss an der Technischen Universität Dresden absolviert, allerdings in einer anderen Fachrichtung, d.h. ich kann kein Dolmetscher- bzw. Übersetzerstudium vorweisen. Nichtsdestotrotz habe ich mein ganzes Leben dem Dolmetschen und Übersetzen gewidmet, weil mir die Arbeit Spaß macht, sie füllt mich aus. Ich arbeite schon seit Jahrzehnten erfolgreich als Gerichtsdolmetscherin zur vollen Zufriedenheit der Gerichte aufgrund meiner Berufserfahrung und der sicheren Kenntnisse der deutschen Rechtssprache. An dieser Stelle möchte ich noch hinzufügen, dass man für diesen Dolmetscherberuf nicht nur ein abgeschlossenes Studium, sondern auch ein bisschen Begabung erforderlich ist. Das Wissen und die Sprachkenntnisse sind natürlich wichtig, aber viel wichtiger ist die Fähigkeit, mit den Menschen richtig umgehen zu können, um die Situation zu beherrschen.
Ich und viele Kolleginnen und Kollegen sowie viele etablierten Dolmetscherverbände haben sich bereits an die Mitglieder des Rechtsausschusses im Bundestag gewandt und die Problematik des neuen Gerichtsdolmetschergesetzes - der fehlende Bestandsschutz dargelegt. Viele Politiker haben das Problem auch erkannt und darauf reagiert, letztens hat am 17. Mi 2022 Frau Eva Kühne-Hörmann (damals noch Hessische Ministerin für Justiz) dem Bundesminister für Justiz Dr. Marco Buschmann ein Schreiben übersandt, in welchem sie klar und deutlich darlegt, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen ein Bestandschutz erforderlich ist. Sie befürwortet auch, das Problem des Bestandsschutzes und Vertrauensschutzes durch einfache Verlängerung der Beeidigung zu lösen. Das würde die Justiz ab 2023 entlasten und den bereits vereidigten Dolmetscherinnen und Dolmetschern die Möglichkeit geben, sich weiter auf ihre Beeidigung zu berufen, ohne die Zeit in den nächsten zwei Jahren darin zu investieren, sich auf die aufwendigen Prüfungen (schriftliche Prüfung, Landeskundeprüfung usw.) vorzubereiten. Einen Bestandsschutz sieht jedoch das neue Gerichtsdolmetschergesetz bislang nicht vor. Die Antwortschreiben verschiedener Politiker, die sich für den Bestandsschutz ausgesprochen haben, wurden nicht berücksichtigt und nun werden noch die Länder gezwungen, entgegen ihrer eigenen Überzeugung, ihre Gesetze an dieses Gesetz anzugleichen und auch auf die Übersetzerinnen und Übersetzer, Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher anzuwenden.
Ich bin von dem fehlenden Bestandschutz besonders betroffen, weil ich jetzt 62 Jahre alt bin und die staatliche Prüfung für eine neue Beeidigung in diesem Alter wahrscheinlich nicht machen werde (für mich eine Zumutung, nach so vielen Jahren Berufserfahrung als Gerichtsdolmetscherin!). Das bedeutet aber, dass ich meine Beeidigung verlieren werde und in meinem Beruf nicht mehr arbeiten kann. Es gibt bestimmt viele Kolleginnen und Kollegen im Alter von 50 bis 65 Jahre, die sich in der ähnlichen Situation befinden. Die Justiz wird in den nächsten Jahren dadurch auf viele erfahrenen und routinierten Dolmetscherinnen und Dolmetscher verzichten müssen, ich weiß nicht, ob das den zuständigen Behörden überhaupt bewusst ist. Ich erlebe das jeden Tag und muss Ihnen sagen, dass bereits jetzt schwierig ist, gut ausgebildete und erfahrene Dolmetscher zu finden. Ich habe mich in meinem Beruf als Gerichtsdolmetscherin bewährt und würde gerne weiterarbeiten, ich möchte nicht gezwungen werden, meinen Beruf aufzugeben.
Ich bitte Sie, dem Problem mit dem Bestandsschutz nochmals auf den Grund zu gehen, die erforderlichen Änderungen vorzunehmen und eine Lösung zu finden, damit die vielen betroffenen Dolmetscherinnen und Dolmetscher ihre Beeidigung nicht verlieren.
In meiner Erläuterung habe ich versucht, die richtigen Worte zu finden, um unsere große Sorge in diesem Moment ausdrücken zu können. Ich hoffe, dass Sie uns in unserem Anliegen unterstützen werden und Dolmetscherinnen und Dolmetschern wie ich die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wann wir nach vielen Jahren voller Hingabe an den Beruf, in den Ruhestand gehen wollen. Das heißt für mich gelebte Demokratie in Deutschland.
Katja Mouletarova-Oujikanova
Öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Dolmetscherin und Urkundenübersetzerin für die bulgarische Sprache
Mannheim, 04.07.2022

Kommentar vom Moderator

Antwort des Ministeriums der Justiz und für Migration

Für Änderungen des Gerichtsdolmetschergesetzes fehlt dem Land die Gesetzgebungskompetenz.

Um dem Problem des Bestandsschutzes auf Landesebene zu begegnen, sieht der Gesetzentwurf für Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer eine deutlich längere Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2027 vor. Bis zu diesem Stichtag müssen aber auch

Für Änderungen des Gerichtsdolmetschergesetzes fehlt dem Land die Gesetzgebungskompetenz.

Um dem Problem des Bestandsschutzes auf Landesebene zu begegnen, sieht der Gesetzentwurf für Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer eine deutlich längere Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2027 vor. Bis zu diesem Stichtag müssen aber auch Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer sich nach den neuen Vorgaben neu beeidigen lassen, da anderenfalls die Beeidigung erlischt.

Diese landesrechtlich vorgesehene Erlöschensregelung stellt einen Gleichlauf mit den bundesrechtlichen Vorgaben für Gerichtsdolmetscher her und dient der Sicherung der Qualität im Dolmetscher- und Übersetzerwesen. Die Berufswahl selbst ist durch diese Vorgabe nicht berührt, da Gerichte nicht gehindert sind, nicht allgemein beeidigte Dolmetscher oder nicht öffentlich bestellte Urkundenübersetzer heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Januar 2007 – 6 C 15/06 –, Rn. 30, 32, juris). Die Erlöschensregelung hält den verfassungsrechtlichen Vorgaben stand. § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 GDolmG setzt die Dolmetscher- oder (i.V.m. § 15 Absatz 2 Satz 1 AGGVG-E) Übersetzerprüfung eines staatlichen oder staatlich anerkannten Prüfungsamtes oder eine andere staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung für den Dolmetscher- beziehungsweise Übersetzerberuf voraus. Sprachmittler, die bereits eine solche den Vorgaben des § 3 Absatz 2 GDolmG entsprechende Prüfung absolviert haben, können sich mit diesem Prüfungsnachweis erneut beeidigen lassen. Wiederholt werden muss nicht die Prüfung, sondern die der Beeidigung immanente Feststellung, dass die persönlichen und fachlichen Anforderungen in der zu beeidigenden Person erfüllt sind. Der für eine erneute Beeidigung entstehende Aufwand ist moderat, die dafür vorgesehene Gebühr maßvoll. Aber auch das Erfordernis einer staatlichen Prüfung für die Sprachmittler, die bisher ohne eine staatliche Prüfung beeidigt waren, stellt nach Auffassung der Landesregierung kein unüberwindbares Hindernis dar. Ein vollständiger Bestandsschutz würde vielmehr einerseits Gebärdensprachdolmetscher und Urkundenübersetzer gegenüber Gerichtsdolmetschern besserstellen und andererseits auch diejenigen Sprachmittler begünstigen, welche die fachlichen Anforderungen nicht nachweisen können, weil sie in der Vergangenheit ohne entsprechende fachliche Nachweise beeidigt worden waren. Die Übergangsfrist von fünf Jahren ist auch unter Vertrauensschutzaspekten nicht zu kurz bemessen, weil in dieser Zeit eine etwa erforderliche Prüfung abgelegt werden kann.

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